Pendelverkehr: Ein Eifel-Krimi (German Edition)
ich mich doch herzlich.«
»Aber keine Angst, die Telefone werden nicht abgehört; sonst wüssten
wir ja, wer Herrn Eichhorn aus dem Hotel Balter und
aus deinem Restaurant angerufen hat.«
Ich verkneife mir die Bemerkung, die Überwachung durch den
belgischen Staat dürfe sich wohl kaum auf zwei in Nordrhein-Westfalen stehende
Gebäude erstrecken, und sage: »Wahrscheinlich war es in beiden Fällen Cora.«
»Wie hast du sie eigentlich kennengelernt? War das wirklich ganz
zufällig?«
»Ja. Hat sie doch erzählt. Sie goss die Blumen vor dem schrecklichen
Tor, und da fragte ich sie auf meinem Spaziergang, ob sie deine frühere Kneipe
kennen würde.«
»Du und spazieren gehen«, sagt Marcel nachdenklich. »Das ist schon
ein sehr seltsamer Zufall, aber egal, ich glaube, dass Frau von
Krump-Kellenhusen vom Hotel Balter aus sogar
höchstpersönlich angerufen haben könnte. Eine Frau, auf die ihre Beschreibung
passt, soll sich um die Zeit für ein paar Stunden dort ein Zimmer geholt
haben.«
»Seit wann ist das ehrenwerte Hotel Balter ein Stundenhotel?«
Marcel lacht. »Lass das bloß nicht den Hermann-Jupp Balter hören!
Die Frau hat für eine Übernachtung bezahlt, aber das Hotel offenbar schon am
Nachmittag wieder verlassen.«
»In Deutschland muss man im Hotel einen Personalausweis vorlegen.«
»Das wollte sie am Abend tun, da war sie aber schon weg.«
»Passt. Vielleicht hat sie sich mit Cora im Hotel getroffen und ihr
dort Anweisungen gegeben. Wieso hat man dir als belgischem Polizeibeamten bei
Balter überhaupt Auskunft gegeben?«
»Weil man mich dort kennt. Das Haus steht ja fast auf belgischem
Boden, die Grenze macht nur einen Schlenker haarscharf um das Gebäude herum.«
»Nur um das Hotel?«, frage ich ungläubig.
Marcel nickt.
»Wie kann das denn sein?«
»Ganz einfach, als die Bewohner von Losheim vor genau fünfzig Jahren
gefragt wurden, ob sie Belgier oder Deutsche sein wollten, hat sich Balters
Mutter für Deutschland entschieden, und daraufhin hat man die Grenze eben
hinter ihrem Haus gezogen.«
»Und die Nachbarn?«
»Gab es damals ebenso wenig wie heute. Der Supermarkt und die
Krippana sind erst später gebaut worden; die gehören zu Belgien.«
»Wünschen Sie ein Dessert?«, fragt die Kellnerin und räumt unsere
leer gegessenen Teller ab.
»Nein danke«, antwortet Marcel.
»Ja, gern«, sage ich. Gaby von Krump-Kellenhusen wird mit ihren
geschundenen Füßen ja nicht ewig durch die kalte Eifeler Oktobernacht stromern.
Je länger wir im Burghaus bleiben, desto größer ist die Chance, ihr doch noch
zu begegnen. Was ich unbedingt will.
»Könnten Sie mir das Mandelkrokantröllchen mit Quark-Limonen-Mousse
im Kaminzimmer servieren?«, frage ich bittend. Strategisch platziert, können
wir dort bei offener Tür jeden observieren, der ins Hotel kommt.
»Das wird nicht klappen«, sagt Marcel, der meine Absicht natürlich
durchschaut hat.
»Doch, doch, das klappt schon«, entgegnet die Kellnerin beflissen.
Es klappt nicht. Wahrscheinlich kennt die Dame meinen
alten Wagen, auch wenn der jetzt ein belgisches Kennzeichen trägt. Offenbar
weiß sie ja alles von mir. Irgendwann gebe ich zu Marcels Erleichterung auf.
Weil ich ihm das Rechthaben nicht gönne, bleibe ich den ersten Teil der
Rückfahrt über stumm. Er versucht gar nicht erst, Konversation zu machen, und
hängt seinen eigenen belgischen Gedanken nach. Ich mache erst den Mund wieder
auf, als wir am Schild, das gegenüber dem Hotel Balter den Grenzübertritt angibt, in Belgien einfahren:
»Wann rechnest du eigentlich mit Hans-Peters Obduktionsergebnis?«
»Morgen«, erwidert er. »Wie auch mit dem von Holger Eichhorn.«
»Das hättest du wahrscheinlich viel schneller, wenn du nicht nur
Polizeiinspektor wärst«, sage ich bissig.
»Glaube ich nicht«, erwidert er mit seiner üblichen unerträglichen
Gelassenheit. »Außerdem möchte ich gar nicht befördert werden.«
»Hah! Saure Trauben!«
»Keinesfalls. Mir gefallen der blaue Streifen und die beiden Sterne;
als Hauptinspektor hätte ich einen orangefarbenen Streifen und zwei Kronen und
wäre bei der föderalen Polizei.«
»Doch auch hübsch.«
»Wenn du meinst. Ich habe jedenfalls keine Lust, meine Beförderung
zu beantragen.«
»Beantragen?«
Marcel stößt einen tiefen Seufzer aus, als ich gemütlich durch
Manderfeld zuckele.
»Mir tun die deutschen Kollegen leid«, sagt er, »da hackt eine Krähe
der anderen die Augen aus, für nach oben zu kommen. Keiner vertraut
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