Pendelverkehr: Ein Eifel-Krimi (German Edition)
taillierten
hellbraunen Mantel abhebt.
Ich vergesse meine Wut.
»Das ist doch …«
»Genau«, sagt Marcel vergnügt.
»Wollen wir sie nicht aufhalten? Mit ihr reden?«
»Nicht mehr nötig«, sagt der belgische Polizeiinspektor in Zivil. Er
nimmt meinen Arm. »Ich habe jetzt alles, was ich von ihr brauche. Entschuldige
bitte, dass ich dich warten lassen musste!«
Siebtes Gericht
Überraschungsomelette
gefüllt mit schwarzen asiatischen Pilzen, umhüllt von
Mandelkrokantmantel an Ahorn-Limonen-Konfitüre mit einem Hauch von Zitronengras
Aufgeregt zupfe ich Marcel am eleganten Ärmel.
»Aber ich möchte unbedingt mit ihr sprechen!«, entgegne ich und
weigere mich, zu meinem Süppchen ins Hotel zurückzukehren.
»Bitte sehr«, sagt der Polizeiinspektor. Im schwachen Schein der
Hofbeleuchtung glaube ich, ein süffisantes Lächeln auf seinem Gesicht zu
erkennen. »Aber da wirst du sehr, sehr lange warten können.«
»Woher willst du das wissen?«
»Das verraten mir die neuen Erkenntnisse«, erwidert er. »Ach, Katja,
ich habe dir noch viele interessante Dinge zu erzählen. Aber nicht hier draußen
in der Kälte. Außerdem sehe ich, wie sehr dir die Füße in diesen mörderischen
Schuhen jetzt schon wehtun.«
Was bleibt mir anderes übrig? Ich will endlich wissen, was mir
Marcel so alles vorenthält. Aber auf das, was er mir dann erzählt, bin ich
nicht im Geringsten vorbereitet.
»Sie will unbedingt eine Begegnung mit uns vermeiden«, beginnt er.
»Warum?«
»Erstens, weil ihr Herr Peters bestimmt gesagt hat, dass ich
Polizist bin, und zweitens …«
»In Belgien!«, werfe ich ein.
»Herr Peters ist auch Belgier«, sagt Marcel.
»Und zweitens?«
»Weil sie dich kennt. Und sie betrachtet dich ganz bestimmt nicht
als die alte Freundin, für die du dich Herrn Peters gegenüber ausgegeben hast.
Sie weiß alles von dir, Katja, sogar mehr als ich.«
Das muss ich erst mal verdauen.
»Unmöglich«, sage ich.
»Wir haben den Computer und die schriftlichen Unterlagen von Herrn
Eichhorn inzwischen ausgewertet; dankenswerterweise hat uns zudem die Berliner
Polizei sehr zügig Amtshilfe gewährt.«
Marcel legt eine Pause ein, als die freundliche Kellnerin ihm den
Hirsch und mir den Seeteufel serviert.
»Guten Appetit«, wünscht sie uns und will uns die jeweilige
Weinbegleitung nachschenken.
»Ich muss noch fahren«, lehne ich ab.
»Und zwar noch ziemlich weit«, sagt Marcel vergnügt. »Da wartet dann
im Kühlschrank eine feine Flasche französischen Weißweins auf dich. Du magst
doch Chablis?«
Wieso nimmt er mit so großer Selbstverständlichkeit an, dass ich
nachher noch einmal mit ihm ins belgische Doppelbett springen möchte? Wo er
mich heute Morgen wieder mal wie eine Verbrecherin behandelt hat? Ich soll Herrn Eichhorn angerufen haben? Warum ist Marcel
eigentlich nicht mehr auf diese perfide Unterstellung zurückgekommen? Wohl,
weil er inzwischen neue Erkenntnisse hat, die mich entlasten, gebe ich mir
selbst die Antwort.
»Vielen Dank für die Einladung«, sage ich mit aller Ironie, deren
ich fähig bin, »die ich leider ablehnen muss, weil ich danach noch einmal eine
ordentliche Strecke fahren werde. Sprich weiter!«, bedränge ich ihn, als die
Kellnerin außer Hörweite ist.
Inzwischen hat sich der kleine Gastraum gefüllt. Marcel beugt sich
auf seinem schmiedeeisernen Stuhl vor und sagt leise: »Frau von
Krump-Kellenhusen hat Herrn Eichhorn vor sieben Jahren beauftragt, ihren Mann
zu beschatten.«
»Vor sieben Jahren?«, frage ich entsetzt.
»Aber da war ich doch noch mit …«
»Kannst du dich noch erinnern, wie sich dein Hans-Peter damals
verhalten hat? Ob er sich vielleicht kurzzeitig von dir getrennt hat?«,
unterbricht er mich.
Ich schüttele den Kopf. »Er hat sich nur einmal getrennt, damals,
kurz bevor ich in die Eifel kam. Da wollte er seiner Frau alles beichten und
zum anständigen Familienvater mutieren, hah!«
Marcel sagt nichts, sondern widmet sich ausgiebig seinem Essen.
Sorgfältig schneidet er ein Stück Birne mit Holunderbeerengelee ab, spießt es
zusammen mit einem Bissen des Hirschs auf eine Gabel und balanciert es zum
Mund.
»Mmmh«, brummt er. »Schmeckt richtig köstlich. Die Belgier können
kochen, habe ich dir doch gesagt.«
»Der Koch ist ein Schwabe«, gebe ich automatisch zurück, aber mit
meinen Gedanken bin ich ganz woanders. Bei Gaby von Krump-Kellenhusen, die
sieben Jahre lang von meiner Existenz gewusst, dies aber ihrem Mann offensichtlich
vorenthalten
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