Pendelverkehr: Ein Eifel-Krimi (German Edition)
Sessel.
»Dann geh ich da mal nachschauen«, sagt sie, während sie sich das
Gummi aus dem langen Blondschopf zieht und sich mit den Fingern durch die Haare
fährt.
Mich lässt sie mit dem Sperrmüll vor der Tür allein.
Vor dem Kaffeetrinken steht das Aufräumen, sage ich zu
Jupp und Hein, die wenig später in die Einkehr kommen. Jupp bitte ich, seinen Kleinlaster zu holen, sein Kamionette, würde Marcel wohl sagen, das ganze Zeug aufzuladen und vernünftig zu entsorgen.
Nachdenklich betrachtet er die ausgestellten Überbleibsel der Familie Mertes.
»Den Nierentisch können wir noch auf dem Flohmarkt verkaufen«, meint
der Mann, der einen Fernkurs in Innenarchitektur belegt hat,
»Fünfzigerjahremöbel sind wieder im Trend. Das Waffeleisen können wir da auch
anbieten. Und Vater Alfs alten Sessel werde ich wieder aufarbeiten. Die Regale
sollten wir zurück in den Keller stellen, Katja, für Vorräte und so.«
Er beginnt, den Krempel zu sortieren. Hein ist vollauf mit dem
räudigen Teddy beschäftigt.
»Mein Schnurzi!«, kräht er und drückt das Stofftier an sich. »Du
hast mir so gefehlt! Wo hast du nur all die Jahre gesteckt?«
»Eingekerkert im Kellerverlies«, gebe ich zurück. »Zu Recht, so wie
der aussieht. Den willst du doch nicht etwa behalten?«
»Früher konnte ich ohne den gar nicht einschlafen«, gibt er zurück.
»Er wird gesäubert, repariert und in Ehren gehalten. Ich hole ihn mit zu uns
nach Losheim.«
»Dahin kannst du auch noch etwas anderes mitholen «,
gebe ich scharf zurück. Während Jupp die Regale in den Keller wuchtet, fordere
ich Hein auf, mit mir über die Straße zu gehen.
Die Tür des Schuppens ist nur angelehnt.
»Da hast du dein Gift«, sage ich erleichtert und werfe Hein den
blauen Müllsack vor die Füße. »Hat mir schon genug Ärger eingebracht. Schaff
mir dieses Elend bloß weg!«
Mit dem Teddy unter dem Arm beugt sich Hein herunter und sieht in
den Sack hinein.
»Da fehlt aber eine ganze Menge«, sagt er vorwurfsvoll.
»Schön, willst du mich verklagen? Wozu brauchst du das Zeug überhaupt?«
»Für einzuschlafen«, erwidert er. »Das bringt mich runter, wenn ich
im Stress bin.«
»Dafür hast du jetzt doch deinen Schnurzi«, gebe ich zurück. »Oder
nimm eine Pille wie andere Menschen auch.«
»Ich werde mich doch nicht von der Pharmaindustrie abhängig
machen!«, ruft er empört, während er in dem Sack herumwühlt. »Außerdem hilft
das gegen mein Asthma. Man sollte Cannabis legalisieren, ist viel harmloser als
der Whisky, den du so gern schluckst, und außerdem hilft es gegen eine Menge
von Krankheiten.«
Auf diese Diskussion lasse ich mich gar nicht erst ein.
Stunden später
Marcels Anblick hat mir schon öfter die Sprache verschlagen.
Aus verschiedenen Gründen. Als elegante Erscheinung aber hat er mich bisher
noch nie erschüttert. Fassungslos blicke ich auf den Mann vor der Tür der Einkehr. Im schmal geschnittenen dunkelgrauen Blazer und
einer etwas helleren Gabardinehose mit scharfer Bügelfalte könnte er glatt als
Model durchgehen. Sogar der Schnurrbart sieht fast ordentlich gestutzt aus.
Gut, bei genauerer Betrachtung dürfte der Krawattenknoten über dem hellgrauen
Hemd etwas weniger schief sitzen.
Er folgt meinem Blick und fasst sich an die schmale rote Krawatte.
»Unmodern?«, fragt er unsicher. »Sollte die vielleicht breiter
sein?«
Ich schüttele den Kopf und richte den Krawattenknoten.
»Du siehst toll aus«, sage ich ehrlich, »und schmale Krawatten sind
immer schöner. Ich kann diese breiten bunten Lätzchen nicht leiden, die sich
manche Männer um den Hals hängen. Warum so schick?«
»Weil wir essen gehen werden«, sagt er beziehungsreich.
Ich verstehe sofort. In unserem Umfeld gibt es nicht viele
Restaurants, für die man sich in Schale wirft. Eigentlich nur eines.
»Kronenburg«, sage ich nickend. »Natürlich ermitteln wir nicht.«
»Wo denkst du hin!«, erwidert er lachend. »Würde ich mich in
Deutschland doch nie trauen!«
»So siehst du aus. Wir werden uns also ganz privat umsehen und der
Dame kondolieren. Ganz inoffiziell mitfühlende Fragen stellen, sehr gut. Bleib
bitte hier, Marcel, und tröste Gudrun. Nachdem sie auch noch den armen Linus in
den Wasserbottich gestellt und abgebürstet hat, gehen ihr die Ideen zum Putzen
aus. Ich laufe mal schnell nach Belgien und mache mich auch schön. Aber das
wird bestimmt ein bisschen dauern.«
Klar, wenn ich Gaby von Krump-Kellenhusen gegenübertrete, möchte ich
das
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