Pendergast 01 - Relic - Museum der Angst
bauen.«
D’Agosta antwortete nicht.
»Mir reicht’s jetzt langsam«, sagte eine Stimme von hinten.
»Los, steig mir jemand auf die Schultern. Wir klettern einer nach dem anderen hinauf.«
»Aufhören!« fauchte D’Agosta. »Dazu ist die Leiter zu hoch oben.«
Smithback hustete und räusperte sich. »Ich habe eine Idee«, sagte er.
Alle waren still.
»Diese Stahlleiter kommt mir ziemlich stabil vor«, sagte er eindringlich. »Wenn wir alle unsere Gürtel zusammenknoten und dann über die unterste Sprosse werfen, können wir uns an ihnen festhalten, bis das Wasser so hoch gestiegen ist, daß wir die Leiter zu fassen kriegen.«
»So lange kann ich nicht mehr warten«, rief jemand.
D’Agosta machte ein böses Gesicht. »Smithback, das ist die schlechteste Idee, die ich in meinem ganzen Leben gehört habe«, knurrte er. »Außerdem trägt die Hälfte der Männer zum Smoking keinen Gürtel, sondern einen Kummerbund.«
»Aber
Sie
haben einen Gürtel an, das habe ich gesehen«, gab Smithback zurück.
»Habe ich auch«, antwortete D’Agosta. »Aber wieso nehmen Sie an, daß das Wasser so hoch steigen wird, daß wir die unterste Sprosse erreichen können?«
»Schauen Sie mal da hinauf«, sagte Smithback und leuchtete an die Wand nahe der untersten Leitersprosse. »Sehen Sie die Verfärbung an den Steinen? Für meine Begriffe dürfte das so eine Art Hochwassermarke sein. Mindestens einmal muß das Wasser in letzter Zeit so hoch hinaufgereicht haben. Wenn der Sturm nur halb so schlimm ist, wie Sie annehmen, dann könnte es heute wieder so weit steigen.«
D’Agosta schüttelte den Kopf. »Nun, ich halte es zwar für ziemlich verrückt, aber vermutlich ist es immer noch besser, als hier darauf zu warten, daß wir alle ertrinken. Hey, ihr Männer da hinten!« rief er. »Ich brauche Ihre Gürtel. Reichen Sie alle Ihre Gürtel vor zu mir!«
Als D’Agosta die Gürtel hatte, schnallte und knotete er sie alle aneinander. Dann gab er sie Smithback, der sie sich über die Schultern legte. Der Journalist stemmte sich gegen die Strömung, beugte sich zurück und warf das schwerere Ende – an das D’Agosta den Gürtel mit der dicksten Schnalle geknotet hatte, hinauf in Richtung der untersten Stufe der Leiter. Der erste Versuch ging daneben, und das gut vier Meter lange Lederband fiel klatschend ins Wasser. Smithback versuchte es noch einmal und warf wieder daneben.
»Na los, geben Sie schon her«, sagte D’Agosta. »So was ist Männerarbeit.«
»Ach was«, sagte Smithback, beugte sich gefährlich weit nach hinten und warf noch einmal. Diesmal mußte er sich ducken, denn die Gürtel fielen über die Sprosse, und die schwere Schnalle schwang wieder zurück in seine Richtung. Er schob das andere Ende des improvisierten Seiles durch die Schnalle und zog es an der Leiter fest.
»Okay«, sagte D’Agosta. »Das wär’s dann. Sie müssen sich jetzt alle an den Armen unterhaken und dürfen nicht loslassen. Wenn das Wasser weiter steigt, trägt es uns nach oben zu der Leiter. Wenn wir mit dem Wassertreten anfangen müssen, geben wir das Seil nach hinten zu Ihnen durch. Ich hoffe bloß, daß das Ding nicht reißt«, murmelte er und warf einen kritischen Blick auf die aneinandergeknoteten Gürtel.
»Und ich hoffe, daß das Wasser hoch genug steigt«, ergänzte Smithback.
»Wenn es das nicht tun sollte, bekommen Sie es mit mir zu tun, Mister.«
Smithback drehte sich um und wollte etwas darauf erwidern, ließ es dann aber doch bleiben. Das Wasser stieg an seiner Brust langsam immer höher. Nun stand es ihm schon an den Achseln, und er spürte, wie ein langsamer, aber unerbittlicher Sog ihm von unten immer mehr die Füße von dem glatten Steinfußboden des Tunnels löste.
59
G arcia schaute zu, wie der Strahl von Allens Taschenlampe langsam über die toten Kontrollpulte schweifte. Nesbitt, der eigentlich Dienst an den Monitoren hatte, hing am mit Kaffeeflecken übersäten »Panikpult« in der Mitte des Raumes herum. Neben ihm saßen Waters und ein dürrer, unsympathisch aussehender Programmierer aus dem Computerraum. Sie hatten vor zehn Minuten an der Tür der Sicherheitszentrale geklopft und die drei Männer drinnen fast zu Tode erschreckt. Jetzt saß der Programmierer still in der Dunkelheit, knabberte an den Fingernägeln herum und schniefte ab und zu. Waters hatte seinen Dienstrevolver auf den Tisch gelegt und ließ ihn nervös herumwirbeln.
»Was war das?« fragte Waters plötzlich und hielt den Revolver mitten in
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