Pendergast 01 - Relic - Museum der Angst
Mbwun-Rätsel war das beste Beispiel dafür. Er, Kawakita, war der einzige, der die richtige Lösung dafür gefunden hatte, und er würde es auch sein, der diese Lösung schließlich beweisen würde.
Das Heulen der Zentrifuge bekam einen etwas tieferen Ton, und bald begann eine rote Lampe langsam zu blinken, die verkündete, daß die Maschine ihre Arbeit getan hatte. Kawakita stand auf, öffnete den Deckel und holte die Röhrchen heraus. Das Kaninchenblut hatte sich in seine drei Komponenten aufgeteilt: oben schwamm das durchsichtige Serum, in der Mitte war eine dünne Schicht weißer Blutkörperchen zu sehen, und ganz unten in dem Röhrchen befanden sich die roten Blutkörperchen. Kawakita nahm mit einer Pipette sorgfältig das Serum auf und plazierte einzelne Tropfen davon in Testschälchen, in die er noch diverse Reagenzflüssigkeiten und Enzyme gab.
Die Flüssigkeit in einem der Testschälchen nahm eine violette Farbe an.
Kawakita lächelte. So einfach war das.
Alles hatte damit begonnen, daß Frock und Margo auf der Eröffnungsparty der Ausstellung wirres Zeug von einem Wesen geredet hatten. Erst im nachhinein, als er vom Strom der anderen hysterischen Gäste hinaus auf den Riverside Drive gespült worden war, hatte Kawakita begriffen, was sie damit gemeint haben könnten, und seine anfängliche Skepsis hatte sich rasch in echte Faszination verwandelt. Dann, nachdem sich alles ein wenig beruhigt hatte, hatte er begonnen, über die Kreatur und alles, was mit ihr zusammenhing, ernsthaft nachzudenken. Als Frock dann später verkündet hatte, das Rätsel sei gelöst, hatte das Kawakitas Neugier erst so richtig geweckt. Vielleicht, das mußte er der Fairneß halber zugeben, hatte er auch ein wenig mehr Abstand zu der Sache als die Leute, die in jener grauenvollen Nacht zusammen mit der Kreatur im stockfinsteren Museum eingeschlossen gewesen waren. Aus welchem Grund auch immer, Frocks Erklärungen hatten jedenfalls etliche Unstimmigkeiten beinhaltet, die seltsamerweise niemandem aufgefallen waren.
Niemandem, außer Kawakita.
Er war schon immer ein sehr gewissenhafter Forscher gewesen, der bei seiner Arbeit zwar vorsichtig, aber doch getrieben von unersättlicher Neugier vorgegangen war. Diese Kombination war ihm bereits in Oxford und in seiner Anfangszeit am Museum sehr zugute gekommen, und jetzt profitierte er abermals davon. Seine Vorsicht hatte ihn ins Extrapolatorprogramm einen Routineschritt einbauen lassen, der sämtliche über die Tastatur getätigten Eingaben in einem Protokoll festhielt. Einerseits hatte er das zur Datensicherung bei den in der Anfangsphase recht häufigen Abstürzen des Programms getan, andererseits hatte es ihn aber auch interessiert, was andere mit seinem Programm so alles anstellten.
So war es nur natürlich, daß er sich angesehen hatte, was Frock und Margo vom Extrapolator hatten wissen wollen.
Kawakita hatte dazu lediglich die richtigen Tasten drücken müssen, und schon hatte das Programm ihm jede Frage, die Frock und Margo damals eingetippt hatten, ebenso auf den Schirm gezaubert wie die Ergebnisse, die ihnen der Extrapolator dazu geliefert hatte.
Und diese Daten waren es dann auch gewesen, die ihn auf den Weg zur
wirklichen
Lösung des Mbwun-Rätsels gebracht hatten. Auch Frock und Margo war diese Lösung zum Greifen nahe gewesen, sie hätten dem Programm bloß die richtigen Fragen stellen müssen. Da sie das nicht getan hatten, war ihnen eine geradezu umwerfende Entdeckung entgangen.
Es klopfte leise an der Tür zum Lagerhaus. Kawakita stand auf und ging, ohne einen Augenblick zu zögern, mit fast lautlosen Schritten die Treppe hinunter zum Eingang der dämmrigen Halle.
»Wer ist da?« flüsterte er mit heiserer Stimme.
»Ich bin’s, Tony«, sagte die Stimme.
Kawakita schob den schweren Riegel zur Seite, öffnete die Tür und ließ eine Gestalt eintreten.
»Dunkel hier drin«, sagte der Mann. Er war klein und drahtig und rollte beim Gehen mit den Schultern. Nervös blickte er sich in dem Raum um.
»Lassen Sie das Licht aus und folgen Sie mir!« sagte Kawakita scharf.
Sie gingen ans andere Ende der Lagerhalle. Dort stand ein langer Tisch, über dem ein paar Infrarotstrahler von der Decke hingen. Auf der Tischplatte waren Pflanzenfasern zum Trocknen ausgebreitet. Kawakita nahm ein wenig davon und wog sie auf einer Präzisionswaage, die ebenfalls auf dem Tisch stand, genauestens ab.
Dann steckte er die Fasern in ein kleines Plastiksäckchen und blickte seinen
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