Pendergast 01 - Relic - Museum der Angst
Besucher erwartungsvoll an. Der Mann griff in die Hosentasche und zog ein Bündel abgegriffener Geldscheine hervor, die Kawakita rasch zählte. Es waren fünf Zwanziger. Er nickte und gab dem Mann das Plastiksäckchen. Kaum hatte dieser es in seinen Händen, wollte er es gierig aufreißen.
»Nicht hier!« sagte Kawakita scharf.
»Tut mir leid«, entschuldigte sich der Mann und ging, so rasch er es in dem halbdunklen Raum konnte, zur Eingangstür.
»Versuchen Sie es doch einmal mit einer etwas höheren Dosis«, schlug Kawakita vor. »Und tauchen Sie die Fasern vorher in kochendes Wasser, das erhöht die Konzentration. Ich könnte mir vorstellen, daß Sie die Ergebnisse recht zufriedenstellend finden werden.«
Der Mann nickte. »Zufriedenstellend«, wiederholte er, als wolle er sich das Wort langsam auf der Zunge zergehen lassen.
»Am Dienstag habe ich dann wieder was für Sie«, sagte Kawakita.
»Danke«, flüsterte der Mann und ging.
Kawakita schloß die Tür und schob den Riegel vor. Er hatte einen langen Tag hinter sich und fühlte sich hundemüde, aber dennoch versetzte ihn der Anbruch der Nacht in eine Art freudige Erregung. In letzter Zeit hatte Kawakita die Stunden, in denen die Geräusche der Stadt nachließen und die Dunkelheit so vieles verbarg, richtiggehend lieben gelernt.
Nachdem er all das nachvollzogen hatte, was Margo und Frock mit Hilfe seines Programms herausgefunden hatten, war es ihm auf einmal wie Schuppen von den Augen gefallen. Er hatte dann nur noch eine der Fasern finden müssen, was sich allerdings als eine ziemlich schwierige Aufgabe herausgestellt hatte. Die Sicherheitszone war bis auf den letzten Quadratzentimeter penibel saubergemacht worden, und die Kisten waren, nachdem alle in ihnen verpackten Gegenstände herausgenommen worden waren, zusammen mit dem gesamten Verpackungsmaterial und Whittleseys Pflanzenpresse verbrannt worden. Auch das Labor, in dem Margo früher gearbeitet hatte, hatte man gründlichst gereinigt. Aber niemand hatte daran gedacht, Margos Umhängetasche zu säubern, die in der gesamten anthropologischen Abteilung für ihre geradezu legendäre Unordnung berühmt war. Erst Margo selbst hatte sie einige Tage nach der Katastrophe als eine Art Vorsichtsmaßnahme in den Verbrennungsofen des Museums geworfen, aber da hatte sich Kawakita die Faser schon längst herausgeholt gehabt.
Danach allerdings hatten Kawakitas Mühen erst so richtig begonnen. Eine seiner Hauptschwierigkeiten war gewesen, aus einer einzigen Faser eine neue Pflanze entstehen zu lassen. Es hatte all seines Wissens in Botanik und Genetik und seiner gesamten Energie bedurft, so daß Kawakita unbezahlten Urlaub auf unbestimmte Zeit hatte nehmen müssen, um sich voll und ganz auf diese Aufgabe konzentrieren zu können. Seine Hoffnungen auf eine reguläre Kuratorenstelle am Museum hatte er damit begraben müssen, aber das war ihm gleichgültig. Und dann, vor knappen fünf Wochen, war ihm der große Durchbruch gelungen. Er erinnerte sich noch genau an das Triumphgefühl, das in ihm hochgestiegen war, als er das erste grüne Knötchen auf dem Nährboden in der kleinen Glasschale entdeckt hatte. Und jetzt wuchs in seinen Tanks bereits eine reiche Ernte von Pflanzen heran, die alle mit dem seltsamen, fünfundsechzig Millionen Jahre alten Reovirus infiziert waren.
Die Pflanze hatte sich perverserweise als eine sehr attraktive Art von Seerose herausgestellt, die fast ständig üppige Blüten mit großen, roten, von vielen kleinen Äderchen durchzogenen Blütenblättern und hellgelben Staubgefäßen trug. Das Virus aber kam am konzentriertesten in den faserigen Stengeln vor. Momentan erntete Kawakita zwei Pfund Fasern pro Woche und hoffte, seine Produktion rasch um ein Vielfaches steigern zu können.
Die Kothoga müssen alles über diese Pflanze gewußt haben
, dachte Kawakita. Was ihnen ursprünglich wie ein Segen vorgekommen war, hatte sich schließlich als ein Fluch für sie herausgestellt. Sie hatten versucht, die Macht der Pflanze in den Griff zu bekommen und waren dabei kläglich gescheitert. In den alten Legenden wurde das sehr gut beschrieben: Der Teufel hatte seinen Teil des Handels nicht eingehalten, und Mbwun, das Kind des Teufels, war Amok gelaufen und hatte sich gegen seine Herren gewandt. Und nichts hatte ihn wieder unter Kontrolle bringen können.
Kawakita aber würde das nicht passieren. Die Tests mit dem Kaninchenserum waren der Beweis dafür, daß er den richtigen Weg zum Erfolg
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