Pendergast 01 - Relic - Museum der Angst
die Gerüchte, die im Museum herumschwirren«, sagte er und trank noch mal, diesmal herzhafter. »Mir wäre es vermutlich auch nicht anders gegangen.«
Margo, die jetzt wieder ruhiger war, begann zögernd zu sprechen. »George, diese Kothoga-Figur in der Ausstellung –« »Mbwun? Was ist damit?«
»Sie hat drei Krallen an den Vorderbeinen.«
Moriarty ließ sich sein Guinness schmecken. »Ich weiß. Es ist eine wunderbare Skulptur, ein echtes Highlight der Ausstellung. Ich sollte es ja eigentlich nicht zugeben, aber noch viel faszinierender als die Figur selbst ist der Fluch, der angeblich auf ihr lastet.«
Margo nahm einen Schluck von ihrem Bier. »Bitte erzählen Sie mir alles über diesen Fluch des Mbwun, George.«
Plötzlich hörte Margo, wie jemand über das allgemeine Gemurmel hinweg nach ihr rief. Als sie sich umsah, bemerkte sie, daß Smithback durch die rauchgeschwängerte Luft auf sie zusteuerte. Er hatte seine Notizbücher unter dem Arm, und sein von hinten beleuchtetes Haar stand zerzaust in alle Himmelsrichtungen vom Kopf ab. Die Frau, mit der er vorhin an der Bar gesprochen hatte, war nicht mehr zu sehen.
»Diese Kneipe wird ja langsam zum Treffpunkt der Ausgeschlossenen«, sagte er. »Diese Sperrstunde nervt tierisch. Es gibt nichts Schlimmeres als Polizisten und Museumsdirektoren, finden Sie nicht?« Ohne aufgefordert worden zu sein, legte er seine Notizbücher auf den Tisch und glitt neben Margo auf die Bank.
»Ich habe gehört, daß die Polizei damit anfängt, die Leute zu befragen, die ihre Büros in der Nähe der beiden Tatorte haben«, sagte er. »Da sind Sie ja wohl auch dabei, Margo.«
»Mein Verhör ist für nächste Woche angesetzt«, entgegnete Margo.
»Davon haben Sie mir ja noch gar nichts gesagt«, sagte Moriarty, der über Smithbacks Anwesenheit nicht gerade glücklich zu sein schien.
»Nun, Sie in Ihrer schnuckeligen Dachstube da oben brauchen sich in dieser Hinsicht wohl keine allzugroßen Sorgen machen«, sagte Smithback zu Moriarty. »Das Museumsmonster scheint kein begeisterter Treppensteiger zu sein.«
»Sie sind aber gar nicht gut drauf«, sagte Margo. »Hat Rickman eine weitere Amputation an Ihrem Manuskript vorgenommen?«
Smithback sprach immer noch mit Moriarty. »Übrigens habe ich Sie gesucht. Ich würde Ihnen nämlich gerne eine Frage stellen.« Die Kellnerin ging gerade vorbei, und Smithback winkte sie an den Tisch. »Einen Macallan, bitte, ohne Eis.«
»Okay«, fuhr er dann, wieder an Moriarty gewandt, fort. »Was ich wissen will, ist folgendes: Was für eine Geschichte steckt hinter dieser Mbwun-Figur?«
Einen Moment lang herrschte verblüffte Stille am Tisch.
Smithback blickte von Moriarty zu Margo. »Habe ich was Schlimmes gesagt?«
»Wir haben eben über Mbwun gesprochen«, antwortete Margo unsicher.
»Ach ja«, sagte Smithback. »Da können Sie mal sehen, wie klein die Welt ist. Nun, mir hat Osterbaan, der alte Holländer in der Knochenküche, erzählt, daß Rickman einen Riesenzirkus gemacht hat, als diese Mbwun-Figur in die Ausstellung gebracht wurde. Er sagte, das sei ein heikles Thema. Also habe ich ein paar Nachforschungen angestellt.«
Die Kellnerin brachte Smithbacks Scotch. Er hob das Glas, prostete den beiden stumm zu und trank es mit einem Zug aus.
»Was ich herausgefunden habe, ist folgendes«, fuhr er fort. »Es gab da mal am Oberlauf des Xingú-Flusses im Amazonasbecken den Indianerstamm der Kothoga. Das müssen ziemlich finstere Burschen gewesen sein, die mit allen möglichen übernatürlichen Dingen herumpfuschten, mit Menschenopfern und ähnlichem Zeug. Und weil die guten Kothoga dabei nicht allzu viele Spuren hinterließen, nahmen die Anthropologen an, sie wären seit Jahrhunderten ausgestorben. Alles, was von ihnen übrigblieb, waren ein paar Mythen, die sich die Stämme in der Umgebung erzählten.«
»Das ist mir bekannt«, mischte Moriarty sich ein. »Margo und ich haben eben darüber gesprochen. Außerdem glaubten nicht alle Leute, daß –«
»Ich weiß, ich weiß. Gedulden Sie sich noch ein wenig.«
Sichtlich verärgert lehnte Moriarty sich zurück. Er war daran gewöhnt, Vorträge zu halten, nicht sich welche anzuhören.
»Nun, vor etlichen Jahren gab es hier am Museum einen Burschen namens Whittlesey, der eine Expedition an den Oberlauf des Xingú auf die Beine stellte. Diese hatte die Aufgabe, nach Spuren der Kothoga zu suchen – nach Kultgegenständen, alten Behausungen, was auch immer.« Smithback beugte sich mit
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