Pendergast 02 - Attic - Gefahr aus der Tiefe
enthalten. Wenn nun ein Mensch von der Pflanze ißt, wird diese fremde DNS in seine Zellen eingebaut, wo sie eine physische Veränderung auslöst. Auf irgendeine Weise – ich weiß noch nicht genau, wie – muß Whittlesey bei seiner Expedition diese Pflanze zu sich genommen und danach eine starke morphologische Veränderung durchgemacht haben. Er verwandelte sich in Mbwun und war fortan süchtig nach der Pflanze. Als dann ihr natürliches Verbreitungsgebiet zerstört wurde, fielen Whittlesey die Fasern ein, die er selbst in die Kisten gepackt und hierher ans Museum geschickt hatte. Also machte er sich auf den Weg nach New York und schlich sich in den Keller des Museums, wo er ein paar jahre lang lebte, ohne großes Aufsehen zu erwecken. Erst als man die Kisten zur Vorbereitung der Aberglauben-Ausstellung an einen sicheren Ort brachte und Whittlesey alias Mbwun nicht mehr an seine Fasern kam, fing er an, wahllos Menschen zu töten, damit er an deren Hypothalamus kam. Diese Drüse im menschlichen Gehirn produziert nämlich ein Hormon, das der Droge in der Pflanze ähnelt, und ...«
»Moment mal«, unterbrach D'Agosta. »Wollen Sie damit etwa behaupten, daß man sich in eine Art Monster verwandelt, wenn man diese Pflanze ißt?«
Margo nickte. »Und ich weiß jetzt auch, was Greg Kawakita in seinem Labor gemacht hat. Er muß irgendwann zu denselben Schlüssen gekommen sein wie ich und daraufhin versucht haben, die Pflanze zu züchten, um daraus Rauschgift herzustellen.« Sie breitete ein großes Diagramm auf dem Konferenztisch aus. »Hier ist eine Karte seines Labors, soweit ich es rekonstruieren konnte. An den Rand habe ich eine Aufstellung der Apparate geschrieben, die er sich dafür angeschafft hat. Selbst mit Großhandelsrabatt müssen sie mehr als achthunderttausend Dollar gekostet haben.«
»Drogengeld«, sagte D'Agosta und pfiff durch die Zähne.
»Ganz genau, Lieutenant. In diesem Labor wurde gentechnische Produktion auf hohem Niveau betrieben.
Und zwar mit der Betonung auf Produktion.«
»Seit Ende letzten Jahres gab es immer wieder Gerüchte von einer neuen Droge namens Glaze«, bemerkte D'Agosta. »Sie soll sehr selten, sehr teuer und sehr wirkungsvoll sein.«
Eine Weile sagte keiner der beiden etwas. D'Agosta wischte sich den Schweiß von der Stirn und tastete seine Brusttasche nach der vertrauten Form einer Zigarre ab. Margos Theorie kam ihm immer wahrscheinlicher vor.
»Wenn ich mir alles richtig zusammengereimt habe, dann hat Kawakita seine Apparate dazu benutzt, aus der DNS des Virus Gene zu entfernen«, erklärte Margo schließlich und legte ein paar weitere Fotos auf den Tisch.
»Das hier sind Aufnahmen von einem Rasterelektronenmikroskop, die eindeutig beweisen, daß er die Reptiliengene herausgeschnitten hat. Ich kann mir das nur so erklären, daß er auf diese Weise die Nebenwirkungen der Droge eliminieren wollte, die Whittlesey in Mbwun verwandelt haben.«
»Was hält eigentlich Frock von Ihren Theorien?«
Margo wurde rot. »Ich habe noch keine Gelegenheit gehabt, mit ihm darüber zu reden«, antwortete sie betreten. »Aber ich weiß auch so, daß er nicht viel davon halten wird. Dazu ist er viel zu sehr seiner Theorie von der Fraktalen Evolution verhaftet. Vermutlich wird Ihnen das alles ziemlich verrückt vorkommen, Lieutenant, aber es ist eine Tatsache, daß es in der Natur eine ganze Reihe von Substanzen gibt, die enorme Veränderungen der äußeren Erscheinung bewirken können. Denken Sie bloß an die Hormone: Es gibt zum Beispiel ein Hormon, das als BSTH bezeichnet wird und eine Raupe dazu bringt, sich zu verpuppen und zum Schmetterling zu werden. Ein anderes heißt Resotropin-X. Wenn eine Kaulquappe eine bestimmte Menge davon abkriegt, verwandelt sie sich innerhalb weniger Tage in einen Frosch. Warum soll es also nicht auch Stoffe geben, die körperliche Veränderungen beim Menschen auslösen?«
Margo hielt einen Augenblick inne. »Und dann ist da noch etwas.«
»Ist das denn nicht schon genug?«
Margo griff in ihre Umhängetasche und holte mehrere Blätter angebrannten Papiers in durchsichtigen Plastikhüllen heraus.
»Ich habe in der Ruine ein verkohltes Schreibheft gefunden, das vermutlich Kawakitas Labortagebuch war«, sagte sie und reichte D'Agosta drei weitere Fotografien. »Ich habe die wenigen Fragmente, die man noch lesen konnte, fotografieren und vergrößern lassen. Das erste davon stammt etwa aus der Mitte des Hefts und stellt wohl so eine Art Liste
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