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Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens

Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens

Titel: Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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hat Ihr Vater das Geschäft übernommen?«
    Der Ladenbesitzer überlegte einen Augenblick. »Das muss irgendwann während des Krieges gewesen sein, ’41 oder ’42.« Ja, das Datum stimmte. O’Shaugnessy legte die Hauptbücher weg und überflog die alten Zeitungen. Nichts, nur die Staubwolke, die dabei aufwirbelte. Er schob den Kerzenhalter tiefer in den Safe und nahm sich die gebündelten Papiere vor. Lauter Rechnungen von Großhändlern, wiederum für die Zeit von 1925 bis 1942, sozusagen der Gegenbeleg für die Eintragungen in den Hauptbüchern.
    Gut, dann blieben nur noch die Schuhkartons, O’Shaugnessy wollte keine Chance ungenutzt lassen. Er hob einen Deckel nach dem anderen hoch, aber zu seiner Enttäuschung lagen in den Kartons nur alte Steuerbescheide. Verdammt! Kein Wunder, dass der Antiquitätenhändler mit leeren Händen gegangen war.
    Er starrte etwas ratlos in den Safe, in dem nur noch die beiden kleinen Plastikordner lagen. Irgendwie machte das keinenSinn. Der Ladenbesitzer behauptete, sein Vater habe den Safe nur zur Aufbewahrung der Papiere des Großvaters genutzt. Aber 1942 hatte es doch noch keine Plastiküberzüge gegeben, oder?
    Na gut, einen Versuch war’s allemal wert. Er nahm den ersten Ordner aus dem Safe, schlug ihn auf und starrte verblüfft auf die vergilbten, an den Rändern stellenweise versengten hand-schriftlichen Eintragungen. Der Ladenbesitzer war anscheinend in den Verkaufsraum gegangen, O’Shaugnessy hörte ihn dort hantieren. Er klemmte sich die beiden Plastikordner unter den Arm, blies die Kerze aus, stand auf und ging nach vorn.
    »Tja«, sagte er in gelangweiltem Ton, »da war leider nichts Interessantes dabei. Aus rein formalen Gründen würde ich gern die beiden Ordner in unser Büro mitnehmen, nur für ein, zwei Tage. Mit Ihrem Einverständnis, versteht sich. Das würde uns eine Menge Schreibkram ersparen – gerichtliche Anordnungen und dergleichen.«
    Der Drogist sah ihn erschrocken an. »Gerichtliche Anordnungen? Ach wo, Sie können die Ordner ruhig mitnehmen und behalten, solange Sie sie brauchen.«
    Draußen auf der Straße wischte sich O’Shaugnessy erst mal den Staub von den Schultern, dann blickte er zum Himmel, der sich bedrohlich verdüstert hatte. In einigen Häusern und Geschäften ringsum brannte schon Licht, in der Ferne grollte leiser Donner. Er schlug den Kragen seiner Jacke hoch und eilte in Richtung Third Avenue.
    Von der anderen Straßenseite aus, ins Halbdunkel eines Hauseingangs geduckt, beobachtete ein Mann in einem langen schwarzen Mantel, mit einem Bowler auf dem Kopf und einem Gehstock in der Hand, O’Shaugnessys Aufbruch. Als die Luft rein war, verließ er sein Versteck, überquerte, leicht auf den Stock gestützt, die Straße und steuerte die
New Amsterdam Drogerie
an.

3
    Das Pressearchiv der
New York Times
übte auf William Smithback eine nahezu magische Anziehungskraft aus: ein hoher, kühler Raum, die Regale mit ledergebundenen Folianten voll gepackt. Außerdem war es dort meistens leer – so auch heute. Smithbacks Kollegen blätterten alte Zeitungsseiten lieber in digitalisierter Form auf ihrem Computer durch oder sahen sie sich am Mikrofichegerät an, was etwas umständlicher, aber kein großer Zeitverlust war. Smithback dagegen fand nichts spannender, als in einem Band mit alten Zeitungsausgaben zu blättern; da konnte er seiner Neugier freien Lauf lassen, und mitunter stieß er zufällig und völlig unerwartet auf irgendeiner Seite auf höchst interessante Informationen.
    Auf Smithbacks Vorschlag, der Lebensgeschichte des Dr. Enoch Leng nachzuspüren, reagierte sein Chefredakteur lediglich mit einem vieldeutigen Brummeln – ein sicheres Zeichen, dass ihm die Idee gefiel. Seine eindringliche Ermahnung, dass diesmal mehr herauskommen müsse als bei dem Fairhaveninterview, ließ Smithback kalt.
    Natürlich kam diesmal mehr heraus. Es musste einfach mehr herauskommen.
    Und so saß er nun – es war inzwischen kurz nach Mittag – im Archiv vor dem Band aus dem Jahr 1881, den der Archivar gerade angeschleppt hatte. Smithback schlug ihn auf und sog andächtig den Geruch von verrottendem gemahlenem Holz, alter Druckerschwärze und Staub in sich auf. Er musste nicht lange blättern, um zu finden, was er suchte: den Artikel über den Brand in Shottums Kuriositätenkabinett, auf der Titelseite, direkt unter dem Mittelknick, mit einem hübsch gemachten Blickfang in Form einer Vignette, auf der lodernde Flammen dargestellt waren. In dem

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