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Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens

Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens

Titel: Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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typischer Handschrift 1935 begangen wurde, lag also auf der Hand: Leng hatte das Zeitliche gesegnet. Zugegeben, Smithback war beim Blättern weder auf eine Todesanzeige noch einen Nachruf gestoßen, aber auch dafür gab es einfache Erklärungen: Leng war während seiner letzten Lebensjahre untergetaucht, wer hätte ihn also betrauern sollen? Und zu einem Nachruf bestand kein Anlass, er gehörte nicht zu den stadtbekannten Honoratioren. So viel zu Pendergasts aberwitziger Theorie, dachte Smithback. Und je mehr er über sie nachdachte, desto mehr neigte er zu der Vermutung, dass Pendergast selber nicht an sie glaubte. Nein, einem Mann wie Pendergast war durchaus zuzutrauen, dass er, aus welchen Gründen auch immer, seine engsten Mitarbeiter absichtlich auf eine falsche Fährte lockte. Das wäre geradezu typisch für ihn gewesen: Ein pseudologisches Gewebe zu spinnen und die anderen mit falschen Informationen zu füttern. Bei dem Agent wusste man nie, was er wirklich dachte und worauf er insgeheim hinauswollte. Smithback nahm sich vor, es O’Shaugnessy genauso zu erklären, wenn er sich das nächste Mal mit ihm traf. Der Ire war bestimmt froh zu hören, dass sein neuer Arbeitgeber keineswegs so verrückt war, wie seine Theorie sich anhörte. Smithback blätterte noch einen Jahresband durch, aber er stieß auf nichts, was sich mit Enoch Leng in Verbindung bringen ließ. Es war irgendwie gespenstisch, der Mann schien auf einmal wie vom Erdboden verschluckt zu sein.
    Smithback rekelte sich, lockerte die verspannten Rückenmuskelnund warf einen Blick auf die Uhr. Mein Gott, er saß seit sage und schreibe zehn Stunden im Archiv! Höchste Zeit, Schluss zu machen.
    Nun, fürs Erste war er recht erfolgreich gewesen. Er hatte ein halbes Dutzend ungelöster Mordfälle ausgegraben, die er mit Fug und Recht mit Leng in Verbindung bringen konnte. Wie er seinen Chefredakteur kannte, blieben ihm mindestens zwei weitere Tage, bis der notorische Drängler ungeduldig wurde und Ergebnisse sehen wollte. Sollte er ruhig ungeduldig werden, Smithback konnte bereits jetzt mit einigen ansehnlichen Goldkörnern aufwarten. Was ihm noch fehlte, waren persönliche Daten über Leng. Aber er wusste schon, wo er die herbekam.
    Leng hatte eng mit dem Museum zusammengearbeitet und sich wiederholt als wissenschaftlicher Berater zur Verfügung gestellt. Und Smithback war bekannt, dass das New York Museum niemanden als freien Mitarbeiter akzeptierte, ohne eine akribisch recherchierte Akte anzulegen, die alle relevanten Daten über den wissenschaftlichen Werdegang des Betreffenden enthielt. Auf diese Weise wollte man die Spreu vom Weizen trennen, bevor ein Berater Zugang zu Interna des Museums erhielt. Und in der Akte, die in solchen Fällen angelegt wurde, spiegelte sich nicht nur die wissenschaftliche Befähigung, sondern auch das Privatleben des Mitarbeiters lückenlos wider, von der Schulzeit, über deren Abschluss, Ehrungen und Auszeichnungen, spezielle Wissensgebiete und Publikationen bis zum Familienstand und der Postanschrift. Leng mochte sich noch so sehr bemüht haben, ein Geheimnis aus seiner Herkunft und seinem Leben zu machen, dem Museum war nichts verborgen geblieben.
    Smithback rieb sich zufrieden die Hände. Er war sicher, am Ende so viel über Leng zu wissen, als wäre der Mann sein leiblicher Bruder gewesen. Und so verließ er – müde, aber beflügelt von dieser Zuversicht – das
Times
-Archiv.

4
    O’Shaugnessy stand unschlüssig auf der Außentreppe des Jacob-Javits-Gebäudes, in dem die Außenstellen mehrerer Bundesbehörden untergebracht waren. Der Regen hatte aufgehört, die einzige Erinnerung an ihn waren ein paar Pfützen auf den schmalen Straßen von Lower Manhattan. Im Dakota hatte er Pendergast nicht angetroffen, und hier im Büro war er auch nicht. Ein bisschen enttäuschend, er hätte dem Agent zu gern die beiden kleinen, in Plastik gebundenen Ordner präsentiert. Wer weiß, ob sich in ihnen nicht der entscheidende Hinweis fand, der zur Lösung des Falles Leng führte? Hinter einem der breiten Granitpfeiler des Gebäudes verschanzt, überflog er zum Gott weiß wievielten Mal die mit verblassender Tinte geschriebenen Eintragungen – eine wahre Fundgrube an Informationen: die Namen der Käufer, die verkauften Chemikalien samt Mengenangabe, den Verkaufspreis und sogar die Lieferadresse; giftige oder gefährliche Substanzen waren rot eingetragen. Pendergast würde jubeln. Zwar war anzunehmen, dass Leng seine Einkäufe unter

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