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Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens

Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens

Titel: Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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falschem Namen und mit falscher Adresse getätigt hatte, aber dann hatte er diesen falschen Namen bei
jedem
Einkauf benutzen müssen. Und nachdem Pendergast bereits eine Liste der von Leng verwendeten Chemikalien erstellt hatte, konnte es nicht allzu schwierig sein, aus den detaillierten Eintragungen Rückschlüsse auf Lengs Decknamen zu ziehen. Möglicherweise hatte der den falschen Namen auch anderenorts benutzt und sich so quasi selbst ans Messer geliefert.
    O’Shaugnessy klemmte sich die Ordner wieder unter den Arm und ging gedankenverloren den Broadway hinunter, Richtung Stadtverwaltung und U-Bahn-Station. Die Eintragungen in den Ordnern deckten die Geschäftsjahre 1917 bis 1923 ab, also den Zeitraum bis zu dem verheerenden Brand in der Drogerie. Es grenzte an ein Wunder, dass die Seiten ihn nahezu unbeschadet überstanden hatten, und es war eineglückliche Fügung, dass der Vater des jetzigen Ladenbesitzers die angesengten Blätter aus Pietät gegenüber dem Großvater nicht weggeworfen, sondern in zwei Ordnern abgeheftet und zusammen mit den anderen Unterlagen im Safe aufbewahrt hatte. Ein Glück, dass O’Shaugnessy doch noch einen Blick hineingeworfen hatte, obwohl der Plastikeinband eigentlich eher vermuten ließ …
    Plötzlich fiel ihm der Antiquitätenhändler ein. Irgendwie merkwürdig, dass ein wildfremder Mann, der angeblich mit Antiquitäten handelte, ein paar Wochen nach dem Tod des alten Herrn in den Laden gekommen war, sich zunächst im Haus umgesehen, dann aber sein Interesse gezielt auf den Safe gerichtet hatte. Vielleicht war der Vater des jetzigen Geschäftsinhabers gar keines natürlichen Todes gestorben? Gut möglich, dass es sich bei dem Antiquitätenhändler in Wirklichkeit um den Mann handelte, den die Presse als den Nachahmungstäter umschrieb? Vielleicht war O’Shaugnessy nicht der Erste gewesen, der sich für die vergilbten Geschäftsunterlagen interessierte? Der Ire machte sich im Nachhinein Vorwürfe, dass er den Ladenbesitzer nicht gebeten hatte, ihm den Antiquitätenhändler möglichst genau zu beschreiben. Nun gut, das ließ sich leicht nachholen. Und möglicherweise wollte Pendergast, nachdem er die beiden Ordner durchgesehen hatte, diesmal selber mitkommen.
    O’Shaugnessy blieb abrupt stehen. Verflixt, jetzt war er in Gedanken an der U-Bahn-Station vorbeispaziert, sogar recht weit, bis zur Ann Street. Er wollte schon kehrtmachen, als er sich’s plötzlich anders überlegte. Von hier aus war es nur noch ein Katzensprung bis zur Water Street Nummer sechzehn, dem Haus, in dem Mary Green gewohnt hatte. Er kannte es nicht, Pendergast hatte damals nur Nora mitgenommen. Aber nachdem er nun eine ganz andere Beziehung zu den alten Mordfällen hatte, wollte er sich’s auch ansehen. Es war nur ein Umweg von höchstens zehn Minuten, und das Abendessen lief ihm nicht weg.
    Er ging also weiter die Ann Street hinunter und bog, Bellinis
Casta Diva
aus der Oper
Norma
auf den Lippen (eine seiner Lieblingsarien, die mit zum Weltruhm der Callas beigetragen hatte), in die Gold Street ab. Er war prächtig gelaunt, Detektivarbeit konnte wirklich Spaß machen, und er merkte immer mehr, dass er irgendwie eine Schwäche dafür hatte.
    Die Abendsonne brach durch die Wolken und malte sein Schattenbild auf das Pflaster der langen, menschenleeren Straße. Links von ihm ragte das South-Street-Viadukt auf, darunter konnte er die Piers am East River ausmachen. Einige Mietshäuser waren frisch renoviert, andere standen leer und schienen ihn aus blicklosen Augen anzustarren.
    Es war kühl geworden, aber die letzten Sonnenstrahlen ließen ihn das kaum spüren. Er bog nach links ab in die John Street und kam dem Fluss und den alten Piers mit jedem Schritt näher. Ein paar wenige waren asphaltiert worden und wurden noch benutzt, aber die meisten hingen schief im Wasser, und einige waren so tief abgesunken, dass man nur noch die Poller aus dem Fluss ragen sah. Kurz bevor die Sonne unter den Horizont versank, wölbte sich sekundenlang eine goldene Kuppel am Himmel, aber der letzte Glanz verblasste rasch und wurde bald darauf von aufsteigenden Dunstschwaden verschluckt.
    O’Shaugnessy legte einen Schritt zu. Etwa in Höhe der Pearl Street beschlich ihn zum ersten Mal die vage Ahnung, dass ihm jemand folgte. Er hätte den Grund nicht erklären können, vielleicht hatte er im Unterbewusstsein etwas gehört, oder es war so etwas wie ein sechster Sinn, der ihn warnte. Er behielt dennoch sein Tempo bei und drehte sich

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