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Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens

Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens

Titel: Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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Der Bursche stellte sogar Jack the Ripper in den Schatten. »Enoch Leng – das Porträt des ersten amerikanischen Massenmörders.« Daraus konnte glatt die Titelstory des
Times Sunday Magazine
werden. Und dann hatte er zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: das Versprechen gegenüber O’Shaugnessy eingelöst und Pendergasts haltlose Theorie widerlegt.
    Aber dann befiel ihn plötzlich Angst. Was, wenn Harriman auch schon an Lengs Lebensgeschichte arbeitete? Er wischte seine Bedenken beiseite. Wenn es um Recherchen ging, schlug er Harriman allemal. Er durfte nur keine Zeit verlieren. Er würde mit den Nachrufen in der
Times
anfangen.
    Da fand sich bestimmt die eine oder andere Zeile über Leng oder Shottum oder McFadden. Danach würde er sich mit der Frage beschäftigen, ob die neueren Morde tatsächlich Lengs Handschrift trugen. Sozusagen seinen Modus Operandi: die Entfernung des Rückenmarks. Wie hatte die
Post
das genannt? Pferdeschwanz? Ja, das war’s.
    Im Übrigen war anzunehmen, dass Leng wesentlich mehr Menschen umgebracht hatte, als sich aus den Knochenfunden in der Doyers Street und an der Catherine Street schließen ließ. Und wenn es ihm gelang, weitere Morde aufzudecken, wurde aus seiner Story ein echter Knüller.
    Außerdem hatte er noch ein Ass im Ärmel: das Museumsarchiv. Da kannte er sich von der Arbeit an seinen Buchprojekten fast so gut aus wie in seiner eigenen Westentasche. Je länger er darüber nachdachte, desto mehr Hoffnungen knüpfte er an sein Vorhaben.
    Und bei seinen Recherchen sprang möglicherweise noch etwas Gutes heraus. Zum Beispiel, wenn er Nora die Information liefern konnte, hinter der sie her war: die Antwort auf die Frage, wo Leng zu seinen Lebzeiten gewohnt hatte. Das wäre dann eine Art Morgengabe. Eine noble kleine Geste, die dazu beitrug, ihre Beziehung wieder zu kitten. Und wer weiß, vielleicht brachte er sogar Pendergast wieder auf die richtige Spur.
    So gesehen war der Abend mit O’Shaugnessy eigentlich doch kein totaler Reinfall gewesen, trotz der zweiundneunzig Dollar, die er in der »Knochenburg« hingeblättert hatte.

2
    Als O’Shaugnessy von der Third Avenue abbog, war er mitten im East Village angekommen: das typische Gemisch aus Punks und Möchtegernpoeten, die East Twelfth Street gespickt mit Relikten aus den sechziger Jahren und Oldtimern,die entweder keinen Mucks mehr von sich gaben oder deren Besitzern das Benzingeld ausgegangen war. Die Straße war in den letzten Jahren ein bisschen aufgemöbelt worden, aber das Bild wurde immer noch von den tristen Ziegelsteinbauten geprägt, in deren Erdgeschoss sich Imbisstreffs und sogar ein paar richtige Geschäfte eingenistet hatten. Slumtouristen, krampfhaft bemüht, ihre Neugier hinter aufgesetztem Desinteresse zu verbergen, beäugten verstohlen alternde Punks, die sich immer noch die längst aus der Mode gekommenen grellroten Strähnen ins Haar färbten, Maler in farbbekleckerten Jeans, die immer und überall die Leinwand dabeihatten, und Skinheads in ausgeflippten Ledermonturen. O’Shaugnessy war klar, dass er ebenfalls auf Schritt und Tritt von argwöhnischen Blicken verfolgt wurde. Nichts fällt auf New Yorks Straßen so auf wie ein Cop in Zivil, auch wenn er vom Dienst suspendiert ist.
    Ein Stück weiter vorn entdeckte er die Drogerie, die er suchte, eingequetscht zwischen zwei über und über mit Graffiti besprühten Ziegelsteingebäuden. Die Schaufenster waren so schmutzig, dass man die Beschriftung der ausgestellten Kartons nicht mehr lesen konnte. Das Einzige, was O’Shaugnessy noch entziffern konnte, war das verstaubte Schild mit der Inschrift
New Amsterdam Drogerie
. Kaum zu glauben, dass sich der alte Kramladen überhaupt noch halten konnte, obwohl es an der nächsten Ecke die Filiale eines modernen, gut bestückten Drogeriemarkts gab.
    Einfach reinspazieren konnte er nicht, die Tür war verschlossen, aber es gab direkt unter dem Schild
Verkauf nur gegen bar
eine Türklingel. O’Shaugnessy drückte den Daumen auf den Klingelknopf und hörte irgendwo im Hintergrund ein rachitisches Schnarren. Wenig später tauchte eine Gestalt auf, kahl wie eine Billardkugel, unter dem ehedem weißen Kittel guckten Hosenbeine hervor, sodass O’Shaugnessy trotz der etwas indifferenten Gesichtszüge vermutete, einen Mann vor sich zu haben.
    Mann oder nicht, er ließ ihn eintreten, ging voraus und baute sich abwartend hinter dem bis zur Decke von Regalen mit gestapelten Kartons flankierten Verkaufstresen

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