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Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens

Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens

Titel: Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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Ruhe breitete sich in ihm aus. Es gab keine hoffnungslosen Situationen. Alle Verbrecher machen irgendwann Fehler, auch wenn sie noch so vorsichtig sind.
    So wie er selbst in seiner Euphorie über den Fund der beiden Ordner den Fehler begangen hatte, Pendergasts Warnung vor den permanent lauernden Gefahren zu vergessen. Eine unverzeihliche Dummheit. Aber zu so einer Dummheit würde er sich kein zweites Mal hinreißen lassen.
    »Das alles wird bald ausgestanden sein«, hatte die Stimme aus dem Türschlitz gesagt. Was bedeutete, dass der Mann offensichtlich vorhatte, bald wieder in das Kellerverlies zu kommen. Nun gut, sollte er ruhig kommen, diesmal würde O’Shaugnessy vorbereitet sein.
    Bevor der »Chirurg« irgendetwas mit ihm anstellen konnte, musste er die Ketten lösen. Und dann würde O’Shaugnessy ihn anspringen und überwältigen.
    Nur, so viel war klar: Dieser Mann war kein Dummkopf, das bewies die Art, wie er ihn beschattet und schließlich in einen Hinterhalt gelockt hatte. Der Mann war verschlagen und hatte eiserne Nerven. Er fiel bestimmt nicht darauf rein, wenn O’Shaugnessy sich lediglich schlafend stellte.
    Hier ging es um Leben oder Tod. Also musste er sich etwas Besseres einfallen lassen.
    Er atmete tief ein. Dann schloss er die Augen, schlug sich die Kette, mit der seine Arme gefesselt waren, gegen die Stirn und zerrte sie hin und her – immer wieder und immer wieder. Der Effekt war genau der, mit dem O’Shaugnessy gerechnet hatte: Die Stirn fing augenblicklich heftig zu bluten und höllisch zu schmerzen an. Aber das hatte etwas Gutes: Der Schmerz hielt ihn hellwach und verbannte alle anderen Gedanken.
    Er wälzte sich, soweit ihm die Ketten Spielraum ließen, auf die Seite und rückte sich, den Kopf an die raue Steinwand gepresst, so zurecht, dass es aussah, als sei er ohnmächtig geworden. Der Stein fühlte sich eiskalt an, er kühlte ihm die Wange, während er zugleich spürte, wie ihm das Blut warm und klebrig über die Augenbrauen und die Nase rann. Und während der ganzen Zeit beherrschte ihn nur ein Gedanke. Er wollte nicht so enden wie Doreen Hollander: leichenstarr und verstümmelt auf einem Rollwagen in der Gerichtsmedizin. Ein paar Sekunden lang drohte er doch wieder in Panik zu verfallen. »Das alles wird bald ausgestanden sein.« Es dauerte bestimmt nicht mehr lange, bis der »Chirurg« zurückkam, er glaubte im Geiste schon die schweren Schritte auf den Steinstufen der Treppe zu hören. Jeden Augenblick musste die rostige Tür aufgestoßen werden …
    »Ruhig, alter Junge, bleib ganz ruhig!« Sobald der »Chirurg« ihm die Ketten löste, würde er das Überraschungsmomentnutzen und sich auf den Kerl stürzen. O ja, es gab eine Chance, mit dem Leben davonzukommen, er musste nur fest daran glauben. Ein Verbrecher, der so viele Menschenleben ausgelöscht hatte, durfte seiner gerechten Strafe nicht entgehen.
    O’Shaugnessy flüchtete sich, wie er’s in prekären Situationen oft tat, in seine geliebte Welt der Opern. Und es war auch diesmal eine heilsame Flucht: Schon nach wenigen Sekunden überkam ihn trostreiche Ruhe, nicht lange, und er bildete sich ein, Mozarts unsterbliche Musik von den rauen Wänden der Zelle widerhallen zu hören. Er war sich nur nicht sicher, ob die flehentliche Bitte um Beistand überhaupt bis in die erhabene Sphäre von Isis und Osiris vordrang oder ungehört in den Niederungen alles Irdischen verhallte.

6
    Pendergast stand, ein kleines braunes Päckchen unter dem Arm, auf dem Vorplatz und blickte gedankenverloren auf die beiden Messinglöwen, die den Eingang der New York Public Library bewachten. Ein kurzer Regenguss war über der Stadt niedergegangen, das Scheinwerferlicht der Busse und Taxen spiegelte sich in den flachen Pfützen wider. Sein Blick glitt ein wenig höher, auf die prächtige Fassade der Bibliothek und den mächtigen, von korinthischen Säulen getragenen Architrav. Es war kurz nach neun Uhr abends, die Bibliothek hatte längst geschlossen; der Strom der Studenten, Wissenschaftler, Bildungsbeflissenen, Touristen und von der Welt verkannten, unveröffentlichten Poeten, der tagsüber pausenlos ein und aus wogte, war schon seit Stunden versiegt.
    Langsam stieg er die breiten Stufen hinauf, ging auf die unauffällige Tür neben dem Haupteingang zu und klopfte an. Es schien fast, als habe der Wachmann ihn erwartet, so schnell wurde die Tür geöffnet. Ein muskulöser Hüne mitkurz geschorenem blonden Haar stand im Türrahmen, in der fleischigen

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