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Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens

Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens

Titel: Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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unter Schülern üblich. Im Internet habe ich gelesen, dass er ›der Schlitzer‹ genannt wurde.«
    Miss Kite schmunzelte. »Ach,
die
Sache meinen Sie.«
    Smithback beugte sich vor. »Die Sache?«
    Miss Kite lächelte verschmitzt. »Sie sollten im Biologieunterricht Frösche sezieren. Aber Tony war ein bisschen zimperlich. Er hat es immer wieder versucht, zwei Tage lang, aber er hat’s nicht fertig gebracht. Bis er sich schließlich einen Ruck gegeben, zu guter Letzt doch an dem Frosch herumgeschnippelt und in Biologie eine Eins bekommen hat. Da haben ihm seine Klassenkameraden den Spitznamen ›Schlitzer‹ angehängt. Gutmütiger Spott, Sie kennen das sicher.«
    Smithback saß wie versteinert da. Es war nicht zu fassen. Was er auch versuchte, er stieß jedes Mal ins Leere. So wie Miss Kite ihn beschrieb, verdiente der Bursche glatt einen Heiligenschein. Er überflog seine Notizen.
    »Sonst noch was?«, fragte er im resignierenden Ton eines Mannes, der längst alle Hoffnung aufgegeben hat.
    Die freundliche grauhaarige Dame lachte leise. »Ich willIhnen was sagen, Mr. Smithback: Wenn Sie Tony etwas anhängen wollen – und ich seh’s Ihnen an der Nasenspitze an, dass Sie darauf aus sind –, dann sind Sie auf dem Holzweg. Sie werden nichts finden. Er war ein ganz normaler, überaus strebsamer Junge, aus dem inzwischen ein normaler, überaus strebsamer Mann geworden ist. Und nun, wenn Sie’s mir nicht übel nehmen, muss ich mich wieder um die Korrektur der Klassenarbeiten kümmern.«
     
    Smithback verließ das Schulgebäude und ging, von düsteren Gedanken bewegt, Richtung Columbus Avenue. Er hatte viel Energie und Zeit aufgewandt, es war absolut nichts dabei herausgekommen. War es möglich, dass sein Instinkt ihn, einen erfahrenen Reporter, derart getrogen hatte? Und wenn nicht, warum schaffte er es dann nicht, die rabenschwarzen Flecke auf Fairhavens angeblich so blütenweißer Weste zu entdecken?
    Am Zeitungsautomaten an der Straßenecke fiel sein Blick zufällig auf die druckfrische
New York Post
. Ein unkontrollierbares Zittern überlief ihn, als er die Schlagzeile las.
     
    Zweite verstümmelte Leiche gefunden
     
    Als Verfasser des Artikels war Bryce Harriman genannt. Smithback kramte ein paar Münzen aus der Jackentasche, warf sie ein, schnappte sich eine Zeitung und begann atemlos zu lesen:
     
    Heute Morgen wurde im Tompkins Square Park in East Village die Leiche einer bislang noch nicht identifizierten jungen Frau entdeckt. Sie wurde offensichtlich Opfer des gleichen brutalen Mörders, der vor zwei Tagen bereits eine Touristin im Central Park umgebracht hat. In beiden Fällen hat der Mörder seinem sterbenden Opfer einen Teil des Rückenmarks entnommen: dieso genannte Cauda equina, ein Bündel von Nervensträngen an der Rückenmarksbasis, das einem Pferdeschwanz ähnlich sieht. Dieser Eingriff dürfte zum Tod der jungen Frau geführt haben. Die Verstümmelungen wurden in beiden Fällen mit großer Sorgfalt und Präzision vorgenommen, vermutlich mit einem chirurgischen Besteck. Einer anonymen Quelle zufolge soll die Polizei bei ihren Ermittlungen davon ausgehen, dass es sich bei dem Mörder um einen Täter mit medizinischen Fachkenntnissen, möglicherweise einen Chirurgen handelt.
Die Art des Eingriffs entspricht dem Vorgehen, das in einem kürzlich im Archiv des New York Museums of Natural History gefundenen alten Dokument detailliert beschrieben ist und das in Zusammenhang mit einer Serie von Experimenten gebracht wird, durch die ein gewisser Enoch Leng im neunzehnten Jahrhundert versucht haben soll, eine Formel zur Verlängerung seines Lebens zu finden. Am ersten Oktober wurden bei Baggerarbeiten auf einer Baustelle an der Catherine Street die sterblichen Überreste von sechsunddreißig Mordopfern gefunden, deren gewaltsamer Tod vermutlich Leng anzulasten ist. Näheres über die Identität dieses Leng ist nicht bekannt, er soll jedoch Verbindungen zum New York Museum of Natural History gehabt haben.
Police Commissioner Karl C. Rocker ließ verlauten: »Wir haben es hier anscheinend mit einem Nachahmungstäter zu tun, einem verwirrten Individuum, das den Artikel über Leng gelesen hat und nun dessen Verbrechen nacheifert.« Weitere Informationen wollte Rocker mit Rücksicht auf die laufenden Ermittlungen nicht preisgeben, er hat aber darauf hingewiesen, dass über fünfzig Beamte bei der Aufklärung der mysteriösen Fälle eingesetzt sind und die Ermittlungen »mit höchster Priorität« durchgeführt

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