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Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens

Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens

Titel: Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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Raumes und musterte die bald leise raunende, bald laut plappernde Besucherschar. Es wunderte ihn, wie viele junge Leute darunter waren, offenbar ein buntes Gemisch aus allen gesellschaftlichen Schichten. Andererseits, für gerade mal zwei Penny wurde ihnen im
Shottum’s
viel geboten, und nach einem langen, anstrengenden Arbeitstag sucht eben jeder ein bisschen Zerstreuung.
    Ziemlich am Ende des Flurs führten zwei Türen zu den unbestrittenen Höhepunkten der Ausstellung. Hinter der einen planschten die schon draußen angekündigten »bezaubernden jungen Damen« in ihrem »echten Wasser«. Pendergast entschiedsich für die andere Tür, die zu Shottums »Galerie des Widernatürlichen und Monströsen« führte. Hier war der Geräuschpegel wesentlich gedämpfter, nur wenige Besucher, überwiegend gaffgierige junge Burschen, hatten den Schritt über die Schwelle des berühmt-berüchtigten Schreckenskabinetts gewagt. Das schummerige Licht, die unheimliche Stille und die Abgeschiedenheit trugen ein Übriges zur Nervosität der Besucher bei.
    Auf einem Tisch gleich hinter dem Eingang lag ein verkorkter und zusätzlich versiegelter Kolben aus dickem Glas, in dem ein menschliches Baby schwamm. Aus seiner Stirn ragten zwei winzige, dünne Ärmchen. Pendergast beugte sich über den Kolben und kam zu dem Schluss, dass an dem Baby, im Gegensatz zu so vielen anderen Ausstellungsstücken, nicht herumgedoktert worden war. In einer Nische wurde ein ausgestopfter Hund mit dem Kopf einer Katze zur Schau gestellt: auf den ersten Blick als Fälschung zu erkennen. Und so ging es weiter, den Besuchern wurde ein hohes Maß an Gutgläubigkeit zugemutet. Zu einer durch große Klammern offen gehaltenen Riesenmuschel mit einem skelettierten Fuß darin erzählte das daneben hängende Schild die schaurige Mär von einem glücklosen Perlentaucher. Ein undefinierbarer, noch dazu in einer trüben Flüssigkeit schwimmender brauner Klumpen, etwa so groß wie eine Wassermelone, wurde kurzerhand zur
im sibirischen Eis gefundenen Leber eines Wollmammuts
erklärt.
    Pendergast spürte, dass ihn die Aneinanderreihung von plumpen Fälschungen allmählich anödete. Dazu kam, dass sein Konzentrationsvermögen nachließ, die imaginären Bilder aus der Vergangenheit drohten zu verblassen. Er war fast am Ende der Ausstellung angekommen und wollte schon umkehren, als ihm ein kunstvoll gemaltes Schild auffiel, das die geneigten Besucher einlud,
Wilson den Einhändigen
zu besuchen, allerdings mit dem warnenden Hinweis:
Nur für Unerschrockene
.
    Er folgte dem scharfen Knick, den der Flur machte, und war auf einmal von Grabesstille umgeben. Anscheinend war er im Moment der einzige unerschrockene Besucher. Da er sich aber, wie er einem Schild entnahm, ohnehin Richtung Ausgang bewegte, konnte er den einhändigen Wilson getrost auch noch über sich ergehen lassen.
    In einer Nische lag hinter Glas ein verschrumpelter Kopf. Die Zunge hing noch aus dem Mund, was aber, da sie im Laufe der Jahre braun geworden war, eher aussah, als nuckele der Einhändige mit gespitzten Lippen genüsslich an einer Zigarre. Auch die beiden nächsten Nischen waren eher enttäuschend. In einer lag ein knapp dreißig Zentimeter langes, irgendwie an eine Salami erinnerndes Etwas, aus dem auf der einen Seite ein rostiger Haken ragte, auf der anderen baumelten Lederriemen, mit denen vermutlich der Haken am Armstumpf festgeschnallt worden war. Daneben lag ein zerfaserndes Hanfseil mit einer Schlinge. Der Text auf einem Schild bestätigte Pendergasts Vermutung:
Das Haupt des Wilson der Einhändige genannten ruchlosen Mörders und Räubers, der am vierten Juli 1868 in Dakota durch den Strang hingerichtet wurde. Beachten Sie bitte die Schlinge, in der er hing, sowie den am Armstumpf befestigten Haken, mit dessen Hilfe er über tausend Dollar erbeuten konnte.
    Pendergast sah sich in dem abgelegenen, dunklen Raum um. Der Zugang war so schmal, dass jeweils nur ein Besucher eintreten konnte. Der Raum war völlig isoliert, man konnte ihn aus den weiter vorn gelegenen nicht einsehen. Ein Hilferuf würde vermutlich ungehört verhallen.
    Der Flur, der angeblich zum Ausgang führen sollte, erwies sich als Sackgasse. Pendergast starrte verblüfft auf die Wand, die ihm den Weg versperrte. Er schlug mit der Faust dagegen, die Wand erzitterte, dann glitt sie auf. Höchste Zeit, denn das Bild, das er nur seiner Vorstellungskraft verdankte, löste sich bereits in Nebelschwaden auf.
    Aber das spielte keine Rolle

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