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Pendergast 04 - Ritual - Höhle des Schreckens

Pendergast 04 - Ritual - Höhle des Schreckens

Titel: Pendergast 04 - Ritual - Höhle des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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Sandsturm sich gelegt hatte und der Blick wieder weit ins Land reichte, gaben nur die toten Weißen Zeugnis von dem grausamen Geschehen, die Cheyenne, ihre Toten und ihre Pferde waren verschwunden. Die Prärie erstreckte sich scheinbar menschenleer von einem Horizont bis zum anderen.
    Doch auf einmal kam ein junger Bursche, fast noch ein Kind, aus seinem mit Zweigen getarnten Versteck im Gestrüpp gekrochen. Er blickte sich um, und als er die Gefährten leblos auf dem Boden liegen sah, nahm er vor Angst und Entsetzen die Beine in die Hand und rannte los, nur von dem Willen getrieben, den Ort des Schreckens hinter sich zu lassen. Er lief, so schnell seine zitternden Beine es erlaubten, in die Prärie, und bald war im verblassenden Tageslicht nichts mehr von ihm zu sehen.
    Dann senkte sich Stille über die Szene.
    Corrie zuckte zusammen, als sie merkte, dass Pendergasts offene Augen auf sie gerichtet waren. Die eine Stunde, nach der sie ihn auf alle Fälle wecken sollte, war abgelaufen. Sie hätte ihn beinahe schon früher wachgerüttelt, weil plötzlich der Gesang der Vögel verstummt war, aber zu ihrer Erleichterung hatte er bald wieder eingesetzt, sodass sie keinen Grund mehr sah, sich Sorgen zu machen. Einen Moment lang war sie unschlüssig, sie war nicht darin geübt, jemanden, der eine Stunde lang wie ein Scheintoter dagelegen hat, in seinem neuen alten Leben willkommen zu heißen. Unter den Bäumen war es dunkel geworden, in der vor Hitze flirrenden Luft summten unablässig Insekten, Käfer huschten geheimnisvoll raschelnd durch das Gras.
    »Alles in Ordnung mit Ihnen?«, fragte sie und merkte selber, dass sich das irgendwie ungehörig anhörte.
    Pendergast stand auf und klopfte sich ein paar Grashalme und den Staub von der Kleidung. Er sah mitgenommen aus, fast wie ein Kranker.
    »Danke, es geht mir gut«, antwortete er mit seltsam tonloser Stimme.
    Corrie rang mit sich. Sie hätte ihn zu gern gefragt, welche Erkenntnisse er während seiner Konzentrationsübung gewonnen habe, aber sie traute sich nicht.
    Pendergast warf einen Blick auf die Armbanduhr.
    »Acht Uhr«, murmelte er und fing an, seine ausgebreiteten Karten, Diagramme und Notizen einzusammeln. Auf einmal schien er es eilig zu haben. Er klemmte sich die Unterlagen unter den Arm, marschierte mit weit ausholenden Schritten zum Gremlin und saß, ehe Corrie ihn eingeholt hatte, bereits auf dem Beifahrersitz.
    »Haben Sie die Freundlichkeit, mich bei Winifred Kraus abzusetzen, Miss Swanson!«
    »Ist gebongt, Chef.«
    Der Motor gab zunächst nur orgelnde Geräusche von sich, danach stotterte er eine Weile, aber zu guter Letzt sprang erdoch an. Corrie schaltete die Scheinwerfer ein und lenkte ihr in die Jahre gekommenes Vehikel dem Auspufftopf zuliebe so langsam über die Schotterstrecke, dass es ihr diesmal tatsächlich gelang, sämtlichen Schlaglöchern auszuweichen.
    Nach ein paar Minuten konnte sie ihre Neugier nicht mehr zügeln. »Wie ist es denn gelaufen?«
    Pendergast sah sie an, seine Augen glitzerten gespenstisch in der Nacht.
    Und dann sagte er nur: »Ich habe Dinge gesehen, die es nicht geben kann.«

39
    Das Licht verblasste, Zwielicht kündete die nahende Nacht an. Die von keinem Windhauch bewegten Blätter gaben hin und wieder einen Blick auf den Mann und das Mädchen frei. Sie hatten eine Weile miteinander geredet, zu leise, als dass der heimliche Beobachter ihre Worte verstehen konnte, aber jetzt herrschte ohnehin schon lange Schweigen. Der Mann hatte sich auf dem Boden ausgestreckt, das Mädchen saß – vielleicht sieben, acht Meter von dem Beobachter entfernt – auf einem Felsbrocken; von Zeit zu Zeit stand es auf und sah sich suchend um. Das Tageslicht war fast erloschen, nur am östlichen Horizont schimmerte noch ein schwacher rötlicher Schein, aber es konnte nicht mehr lange dauern, bis die Nacht auch ihn verschluckt hatte.
    Am Himmel zeigte sich der erste Stern. Der Beobachter versuchte, von seinem Versteck aus noch weitere auszumachen. Einen, wenigstens einen musste es doch noch geben! Und tatsächlich, als seine Augen sich dem Zwielicht angepasst hatten, sah er, dass der Himmel auch heute mit Sternen gespickt war. Er richtete den Blick wieder auf die Gestalt, die immer noch reglos auf dem Boden lag. Was, zum Teufel, bezweckte Pendergastmit dem unerklärlichen Verhalten? Lag einfach da, stumm wie ein Fisch, starr wie eine Mumie. Über eine Stunde belauerte er den Agent und seine Assistentin nun schon, aber bis jetzt hatte er damit

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