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Pendergast 04 - Ritual - Höhle des Schreckens

Pendergast 04 - Ritual - Höhle des Schreckens

Titel: Pendergast 04 - Ritual - Höhle des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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Maisfelder, danach die Stadt und zu guter Letzt das Licht. Was übrig blieb, war sozusagen eine klinisch reine Landschaft: leer, ohne Anfang und Ende, in nächtliches Dunkel gehüllt, nur per Definition existent.
    Er ließ Minute um Minute verstreichen, hielt das Bild der völlig leeren Landschaft unverrückbar in sich fest und bereitete sich auf seine nächste Aufgabe vor. Nach etwa zehn Minuten begann er, die Landschaft wieder zusammenzusetzen, wohl wissend, dass es nicht mehr dieselbe sein konnte, deren Charakteristika er soeben ausgelöscht hatte.
    Zuerst kehrte das Licht zurück, dann entfalteten sich vor seinem geistigen Auge die endlosen Weiten einer von Menschen unberührten Prärie. Er sah hoch wucherndes Gras, durchsetzt von Sternblumen, Steinkraut und Lupinen. Er fügte die hoch aufgetürmten, bronzefarbenen Wolken hinzu, das felsige Gestein, das hier und da aus dem Boden ragte, den von Bäumen beschatteten natürlichen Bachlauf, der sich noch, von keinem Hindernis gezähmt, durch die weite Ebene schlängeln konnte. Sodann fügte er Versatzstücke hinzu, so wie sie ihm gerade in den Sinn kamen: eine im Hintergrund grasende Büffelherde, das vor einer Biegung aufgestaute, im Licht des späten Nachmittags silbern schimmernde Wasser des Bachs und immer wieder die schier endlose Weite des wuchernden Grases, das sich wie ein grünes Meer bis zum Horizont erstreckte.
    Ein Hauch von Rauch wehte ihn an, er spürte ihm nach und machte etliche kleine schwarze Punkte aus, die in ständiger Bewegung waren, gleich darauf ein paar armselige, von Windund Wetter zerzauste Zelte und schließlich die Pferde, die am Bachufer grasten, fünfzig an der Zahl.
    Ganz langsam fügte er die Geräusche hinzu, danach die Gerüche. Er hörte bald lachende, bald fluchende Männerstimmen, roch den Rauch eines Lagerfeuers, hörte Töpfe und Pfannen klappern und machte den würzigen Geruch gebratener Büffelsteaks aus.
    Geduldig wartete er, alle Sinne angespannt, und tatsächlich, allmählich wurden die Stimmen klarer:
    »Didiers Falbe lahmt schon wieder«, hörte er eine der Stimmen sagen.
    Ein Holzscheit knackte in der Glut des Feuers.
    »Ich glaube, der Fraß ist gleich fertig.«
    »Mal sehen, was Hoss heut wieder zusammengerührt hat. Der kann doch nicht mal richtig pissen, wenn ihm Mami nicht zeigt, wo’s langgeht!«
    Raues Gelächter. Männer warteten mit verbeulten Blechtellern vor der Feuerstelle.
    Aber noch war die Szene verschwommen, Pendergast konnte nur darauf hoffen, dass sie sich klarer ausformte.
    »Ich kann’s kaum erwarten, nach Dodge zu kommen und mir den Staub aus der Kehle zu spülen.«
    »Hier, nimm mal einen Schluck«, sagte eine andere Stimme.
    »Das ist Balsam für die Kehle, Jim.«
    »Wenn wir in Dodge sind, stell ich dich einer Lady vor, die wird dir Balsam für ganz andere Stellen sein!«
    Grölendes Gelächter.
    »Schieb mal die Whiskyflasche rüber, Amigo!«
    »Was gibt’s denn heute, Hoss? Gekochte Schafscheiße?«
    »Wenn du nicht dein ungewaschenes Maul hältst, kriegst du gar nichts!«
    »He, du sollst mir die Flasche rüberschieben, hab ich gesagt!« Langsam nahm die Szene klare Konturen an. Ein paar Männer hatten sich um die Feuerstelle am Fuße eines Hügels geschart. Sie trugen speckig gewordene Cowboyhüte, zerschlisseneBaumwollhemden und so schmutzige Hosen, dass sie bei jedem Schritt fast knarrten. Alle hatten sich ungepflegte, struppige Bärte wachsen lassen.
    Der Hügel war ein staubiges Eiland inmitten eines Meers aus Gras. Am Fuße des Hügels wucherte das Gestrüpp und warf lange Schatten. Der Wind frischte auf, von Zeit zu Zeit riffelte eine jähe Böe das Gras. Die Luft war vom frischen Duft der Wildblumen erfüllt, vermischt mit dem süßlichen Geruch der Pappeln, dem Rauch des Lagerfeuers und dem penetranten Gestank gekochter Bohnen und ungewaschener Menschen. Im Windschatten eines Hügels hatten die Männer ihr Schlafzeug ausgerollt, als Kopfkissen dienten ihnen verrottete Schaffelle. Die spitz zulaufenden Zelte daneben sahen nicht so aus, als könnten sie den nächsten Winter überdauern. Etwas unterhalb des Hügels hielt einer der Wachtposten die Augen offen, das Gewehr schussbereit in der Armbeuge. Der andere hatte auf der gegenüberliegenden Seite Posten bezogen. Der unaufhaltsam auffrischende Wind trieb eine lästige Staubwolke auf das Lager zu.
    »Der Fraß ist fertig!«
    Das ersehnte Signal zum Essenfassen!
    Ein Mann mit schmal geschnittenem Gesicht, eng stehenden Augen und einer

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