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Pendergast 04 - Ritual - Höhle des Schreckens

Pendergast 04 - Ritual - Höhle des Schreckens

Titel: Pendergast 04 - Ritual - Höhle des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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mit dem Bajonett auf, um Munition zu sparen.«
    Seine leise, belegte Stimme und das Dämmerlicht in dem Blockhaus übten auf Corrie eine hypnotisierende Wirkung aus. Es war ihr, als beschriebe der Alte etwas, was er mit eigenen Augen gesehen hatte. Und, dachte sie, in gewisser Weise war es wohl auch so.
    »Mein Urgroßvater hat das nicht verkraftet, es hat ihn regelrecht krank gemacht. Frauen zu vergewaltigen, sie anschließend umzubringen und ihre Babys aufzuspießen, das war nicht das, was er sich als Beweis seiner Männlichkeit vorgestellt hatte. Er plante, die Gruppe der Fünfundvierzig zuverlassen und sich allein nach Hause durchzuschlagen, aber solange sie praktisch von Indianern umzingelt waren, wäre der Versuch Selbstmord gewesen. Also musste er weiter mitmachen. Eines Nachts waren die anderen sturzbetrunken, und weil er sich an dem, was sie ihre Vergnügungen nannten, nicht beteiligen wollte, verprügelten sie ihn so, dass ein paar seiner Rippen angeknackst waren. Freilich waren es im Grunde die gebrochenen Rippen, die ihm das Leben retten sollten. In der ersten Augusthäfte fielen sie über ein halbes Dutzend Cheyennedörfer her, und weil sie dachten, nun hätten sie den Stamm aus Kansas nach Norden und Westen vertrieben, wollten sie zur Hickson-Farm zurückkehren. Auf dem Weg dorthin lag auch der Medicine Creek, und an ihm schlugen sie in der Nacht zum vierzehnten August ihr Lager auf, draußen bei den Hügeln. Sind Sie schon dort gewesen, Mr. Pendergast?«
    Der Agent nickte.
    »Dann wissen Sie ja, dass dies weit und breit die höchste Erhebung ist. Baumbestand gab es damals dort nicht, nur die drei von Gestrüpp überwucherten Hügel. Die Männer stellten, wie sie’s immer taten, Posten auf – direkt auf den Hügeln, weil der Blick von dort meilenweit in alle Richtungen reichte. Ihr Nachtlager schlugen sie ein paar hundert Meter dahinter auf. Um die Zeit des Sonnenuntergangs frischte der Wind stark auf, eine Schlechtwetterfront kam auf sie zu und trieb eine dichte Sandwolke vor sich her…
    Mein Urgroßvater hatte ja die gebrochenen Rippen, darum hatten sie für sein Nachtlager eine Mulde ausgesucht, einige Meter vom Hauptlager entfernt. Aber der Wind heulte unerbittlich und fegte den Sandstaub dicht über dem Boden vor sich her, und es machte meinen Urgroßvater fast verrückt, dass er sich nicht aufrichten und mit eigenen Augen sehen konnte, was für Kapriolen das Wetter schlug. Sie hatten wohl ein schlechtes Gewissen wegen seiner gebrochenen Rippen, und so beschlossen sie, ihn noch einmal umzubetten – an einewindgeschützte Stelle im dichten Unterholz. Tja, und als die Männer sich gerade zum Abendessen niederlassen wollten, brach die Hölle los.«
    Brushy Jim legte den Kopf in den Nacken und ließ sich einen großen Schluck Coke in den Mund laufen.
    »Zuerst hörten sie nur lauten Hufschlag, scheinbar direkt über ihnen, doch auf einmal tauchten an die dreißig Krieger auf weißen Pferden aus der Staubwolke auf. Es war fürchterlich, die Cheyenne schienen aus dem Nichts zu kommen, niemand hatte auch nur einen Laut gehört, selbst die Posten hatten sie nicht bemerkt. Ihre Gesichter waren mit rotem Ocker bemalt, sie schwangen Lassos, Pfeile flogen durch die Luft, ein schauriges Geheul ließ den Männern das Blut in den Adern gefrieren. Sie wissen sicher, wie unsere Soldaten zur Zeit der Grenzkriege gewütet haben, Mr. Pendergast, aber jetzt drehten die Cheyenne den Spieß um…
    Dennoch, ein Spaziergang wurde es nicht für sie. Die Fünfundvierzig waren hartgesottene Burschen, sie wehrten sich und töteten mindestens ein Drittel der Angreifer und viele ihrer Pferde. Mein Urgroßvater sah von seinem Nachtlager aus den Kampf mit an. Und nachdem die Indianer alle Männer getötet hatten, wendeten sie die Pferde und ritten im Schutze der Staubwolke davon. Sie waren von einer Sekunde zur anderen wie vom Erdboden verschluckt. Und das Unheimlichste war: Als sich der Staub gelegt hatte, war nirgendwo ein Indianer zu sehen, weder ein lebender noch ein toter. Nur die leblosen Weißen blieben am Schauplatz des Massakers zurück, tot und skalpiert. Es war wie ein böser Spuk, sogar die verendeten Pferde der Cheyenne schienen spurlos verschwunden zu sein…
    Zwei Tage später hat eine Schwadron der Vierten Kavallerie meinen Urgroßvater in der Nähe des Santa Fe Trail aufgelesen. Er führte die Soldaten zu den Hügeln. Sie fanden Blutlachen und aufgedunsene Eingeweide der Indianerpferde, aber weder tote

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