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Pendergast 06 - Dark Secret - Mörderische Jagd

Titel: Pendergast 06 - Dark Secret - Mörderische Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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Lieutenant.«

6
     
    Dichter Nebel lag über den feuchten Marschwiesen von Little Governors Island. Aus dem Dunst ertönte das Tuten eines Schleppers, der den East River hinabfuhr. Manhattan befand sich weniger als eine Meile entfernt auf der anderen Seite des eisig kalten Gewässers, doch die Lichter der New Yorker Stadtlandschaft durchdrangen die Nebelschleier nicht.
    D’Agosta saß auf dem Beifahrersitz und hielt sich mürrisch am Türgriff fest, während Laura Haywards ziviler Einsatzwagen aus dem Pool der New Yorker Polizei über die holprige einspurige Straße schaukelte. Die Scheinwerfer, gelbe Zwillingsstrahler, stachen lange Löcher in die Dunkelheit, zuckten auf und ab und erhellten mal den holprigen Fahrweg, dann wieder die entlaubten Kastanien längs der Straße.
    »Ich glaube, du hast da eben ein Schlagloch ausgelassen.«
    »Da mach dir nur keine Gedanken. Aber lass mich noch mal nachfragen. Du hast Singleton gesagt, dass deine Mutter Krebs hat?«
    D’Agosta seufzte. »Das ist mir als Erstes eingefallen.«
    »Mein Gott, Vinnie. Singletons Mutter ist auch an Krebs gestorben. Und rate mal? Er hat keinen Tag bei der Arbeit gefehlt. Er hat die Beerdigung auf einen Sonntag gelegt. Jeder kennt diese Geschichte.«
    »Ich nicht.« D’Agosta zuckte innerlich zusammen und dachte noch einmal darüber nach, was er am Morgen dem Captain gesagt hatte. Sie wissen ja, wie das ist. Ich habe einfach das Gefühl, dass ich bei ihr sein muss, jetzt, sie begleiten. Genau wie jeder Sohn das täte. Toll gemacht, Vinnie.
    »Und ich kann’s immer noch nicht fassen, dass du dir freinimmst, um diesen Bruder von Pendergast zu jagen, und zwar auf Grundlage eines Briefes und einer Vermutung. Versteh mich bitte nicht falsch: Niemand verehrt Pendergast mehr als ich, er war der brillanteste Polizeibeamte, dem ich je begegnet bin. Aber er hatte eine fatale Schwäche, Vinnie, und die kennst du auch. Er hat die Spielregeln nicht respektiert. Er hat geglaubt, er stehe über uns anderen Trotteln, die wir uns an die Vorschriften halten. Und ich kann es nicht ausstehen, dass du offenbar diese Haltung übernimmst.«
    »Ich übernehme überhaupt nicht seine Haltung.«
    »Diese Suche nach Pendergasts Bruder verstößt derart gegen die Regeln, dass es nicht mehr komisch ist. Ich meine, was genau hast du denn vor, wenn du diesen Diogenes findest?«
    D’Agosta schwieg. So weit hatte er die Sache noch nicht durchdacht.
    Der Wagen ruckte, der linke Vorderreifen versank in einem Schlagloch. »Bist du sicher, dass das hier der richtige Weg ist?«, fragte sie. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass es hier draußen ein Krankenhaus gibt.«
    »Es ist der richtige Weg.«
    Vor ihnen wurden allmählich schemenhafte Umrisse im Nebel sichtbar. Während der Wagen sich näherte, entpuppten sich die Formen als die spitzen Streben eines schmiedeeisernen Tores in einer rund drei Meter hohen Mauer aus bemoosten Ziegelsteinen. Der Wagen fuhr vor das geschlossene Tor, neben dem ein uraltes Wachhäuschen stand. Ein Schild am Tor verkündete: Mount Merci Hospital – Hochsicherheitsbereich.
    Ein Wachmann tauchte auf, eine Stablampe in der Hand. D’Agosta streckte seine Dienstmarke an Hayward vorbei. »Lieutenant D’Agosta. Ich habe mit Dr. Ostrom einen Termin vereinbart.«
    Der Mann ging ins Wachhäuschen zurück und warf einen kurzen Blick auf eine ausgedruckte Liste. Einen Augenblick später schwang das Tor auf, langsam und quietschend. Hayward fuhr hindurch und auf einen kopfsteingepflasterten Fahrweg, der zu einem weitläufigen Gebäude führte, dessen Mauerzinnen und Türme halb von treibenden Nebelstreifen verhüllt waren.
    »Mein Gott«, sagte Hayward und spähte durch die Windschutzscheibe. »Pendergasts Großtante liegt da drin?«
    D’Agosta nickte. »Das Krankenhaus war früher mal ein teures Sanatorium für lungenkranke Millionäre. Heute ist es eine Klapsmühle für unzurechnungsfähige Mörder.«
    »Was genau hat sie denn getan?«
    »Constance hat mir gesagt, dass sie ihre gesamte Familie vergiftet hat.«
    Hayward blickte ihn an. »Die ganze Familie?«
    »Mutter, Vater, Ehemann, Bruder und zwei Kinder. Sie glaubte, sie wären vom Teufel besessen. Vielleicht auch von den Seelen der Yankee-Soldaten, die von ihrem Vater erschossen worden waren. Niemand scheint sich da ganz sicher. Wie dem auch sei, pass auf, dass du in sicherer Entfernung bleibst. Sie ist offenbar sehr geschickt darin, sich Rasierklingen zu beschaffen und diese am Körper zu verstecken.

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