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Pendergast 06 - Dark Secret - Mörderische Jagd

Titel: Pendergast 06 - Dark Secret - Mörderische Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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zu voller Blüte.«
    D’Agosta schwieg. Er wagte nicht, mehr zu sagen. Nach einer Weile räusperte sich die alte Dame und begann von neuem: »Er war von Anfang an ein Menschenfeind. Selbstverständlich waren beide Jungen Einzelgänger – sie waren schließlich Pendergasts –, aber bei Diogenes kam noch etwas anderes hinzu. Aloysius hatte als Kind einen engen gleichaltrigen Freund, ich erinnere mich noch an ihn – er wurde ein recht bekannter Maler. Und, du liebe Zeit, Aloysius hat wirklich viel Zeit am Fluss bei den Cajuns und anderen von deren Sorte verbracht, was mir natürlich keineswegs gefiel. Aber Diogenes hatte überhaupt keine Freunde. Nicht einen. Du erinnerst dich sicher, dass keines der anderen Kinder auch nur in seine Nähe gehen wollte. Die hatten alle eine Heidenangst vor ihm. Durch die Krankheit ist das alles nur noch schlimmer geworden.«
    »Krankheit?«
    »Ganz plötzlich – Scharlach, hieß es. Und danach wechselte das eine Auge seine Farbe, ist milchig geworden. Er ist blind auf dem Auge, weißt du.« Sie erschauerte. »Aber Aloysius, der war das genaue Gegenteil. Was ist der arme Junge von den anderen Kindern schikaniert worden! Du weißt ja, dass die Pendergasts häufig Zielscheibe des Spotts des gemeinen Volkes waren. Aloysius war zehn, glaube ich, als er damit anfing, diesen kauzigen Alten aus Tibet unten in der Bourbon Street zu besuchen – er hatte immer die ungewöhnlichsten Bekannten. Und dieser Mann hat ihm diesen ganzen tibetanischen Unfug beigebracht, wie heißt das noch, chang oder choong oder so. Er hat Aloysius auch diese merkwürdige Art des Kämpfens gelehrt, so dass er nie wieder von Rowdys belästigt wurde.«
    »Aber Diogenes haben die Rowdys auch nie belästigt«
    »Kinder haben bei so etwas einen sechsten Sinn. Und dabei war Diogenes jünger und kleiner als Aloysius.«
    »Wie sind die beiden noch mal miteinander ausgekommen?«, fragte D’Agosta.
    »Du scheinst mir im Alter vergesslich zu werden, mein Lieber. Diogenes hat seinen älteren Bruder gehasst. Er hat für niemanden etwas Positives empfunden, außer natürlich für seine Mutter. Aloysius dagegen hat er offenbar einer ganz besonderen Kategorie zugeordnet. Vor allem nach seiner Krankheit.« Cornelia Pendergast hielt inne, und einen Augenblick lang schienen sich ihre Augen zu verdunkeln, so als spähe sie weit in die Vergangenheit. »Du entsinnst dich noch sicher noch an Aloysius’ Lieblingsmaus?«
    »Aber gewiss. Natürlich.«
    »Incitatus hat er sie genannt, nach dem Lieblingspferd des Kaisers Caligula. Er hat damals Sueton gelesen, ist immer mit der kleinen Maus auf der Schulter herumspaziert und hat dabei gerufen: ›Heil dir, o Caesars wunderschöne Maus, Incitatus!‹ Ich habe eine Riesenangst vor Mäusen, wie du weißt, aber das kleine weiße Tierchen war so lieb und ruhig, dass ich es in meiner Nähe ertrug. Aloysius war ungeheuer geduldig mit dem kleinen Geschöpf, er hat es so geliebt. Oh, die Zauberkunststücke, die er ihm beigebracht hat! Incitatus konnte aufrecht auf den Hinterbeinen gehen. Er muss auf ein Dutzend unterschiedliche Befehle reagiert haben. Er konnte einen Tischtennisball holen und ihn auf der Nase balancieren, wie ein Seehund. Ich weiß noch, wie laut du gelacht hast, mein Lieber. Ich fürchtete, du würdest dich totlachen.«
    »Ja, ich entsinne mich.«
    Cornelia Pendergast machte eine Pause. Selbst die Pfleger, die keine Miene verzogen, hörten ihr offenbar zu. »Und dann ist Aloysius eines Morgens aufgewacht und hat unten am Fußende seines Betts ein hölzernes Kreuz entdeckt. Ein Kruzifix, nicht mehr als fünfzehn Zentimeter lang, schön und liebevoll geschnitzt. Und daran war Incitatus gekreuzigt worden.«
    Laura Hayward atmete hörbar ein.
    »Niemand musste fragen, wer’s gewesen war. Alle haben es gewusst. Danach war Aloysius nicht mehr derselbe. Nach Incitatus hatte er nie mehr ein Haustier. Und was Diogenes angeht – das war nur der Anfang seiner, wie soll ich sagen, Experimente mit Tieren. Katzen, Hunde, sogar Geflügel und Vieh verschwanden. Ich erinnere mich noch an einen besonders unangenehmen Vorfall mit der Ziege des Nachbarn…« Plötzlich brach die alte Dame in leises Kichern aus und schien gar nicht aufhören zu wollen. Dr. Ostrom, der allmählich unruhig wurde, runzelte die Stirn und deutete mit einem Nicken auf seine Armbanduhr.
    »Wann hast du Diogenes zum letzten Mal gesehen?«, fragte D’Agosta rasch.
    »Zwei Tage nach dem Brand.«
    »Dem Brand?«, wiederholte er

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