Pendergast 06 - Dark Secret - Mörderische Jagd
Maske der Unnachgiebigkeit fallen. »Margo, Ihr Vorgehen kann unabsehbare rechtliche Folgen nach sich ziehen.«
»Ich bin nur meiner Pflicht als Chefredakteurin von Museology, mich über den Sachverhalt zu informieren, nachgekommen. Die Tano erinnern sich, sie haben sich die ganze Zeit über erinnert – die Masken waren, wie Ihre eigene Kohlenstoffdatierung beweist, zum Zeitpunkt des Erwerbs fast siebenhundert Jahre alt. Glauben Sie mir, die Tano erinnern sich an ihren Verlust.«
»Die Tano werden die Masken nicht museumsgerecht aufbewahren – sie verfügen nicht über die notwendigen Einrichtungen, um die Masken dauerhaft zu erhalten.«
»Zunächst einmal hätten die Masken nie die Kiva verlassen dürfen. Sie sind keine ›Museumsstücke‹, sondern ein lebendiger Teil der Religion der Tano. Meinen Sie etwa, die Gebeine des heiligen Petrus unter dem Vatikan werden ›museumsgerecht aufbewahrt‹? Die Masken gehören in jene Kiva, ob die nun klimatisiert ist oder nicht.«
»Wenn wir die Masken zurückgeben, schüfe das einen schrecklichen Präzedenzfall. Wir würden mit Forderungen von Stämmen aus ganz Amerika förmlich überschwemmt.«
»Mag sein. Aber das Argument zieht nicht. Die Masken zurückzugeben ist die einzige moralisch und ethisch richtige Handlungsweise. Sie wissen das genau, und ich werde ein Editorial schreiben, in dem ich es ausspreche.«
Margo hielt inne und musste schlucken. Sie hatte ihre Vorsätze vergessen und immer lauter gesprochen.
»Und das ist mein letztes und unabhängiges Wort als Chefredakteurin«, fügte sie mit ruhigerer Stimme hinzu.
5
Vor Glen Singletons Büro saßen weder Sekretärinnen noch Empfangsdamen noch irgendwelche Polizisten mit niedrigem Dienstgrad. Der Raum war nicht größer als alle anderen der Dutzenden von Büros, die in den beengten und staubigen Räumlichkeiten des Polizeireviers untergebracht waren. Kein Schild an der Tür wies darauf hin, dass dahinter ein Vorgesetzter saß. Nur wer selbst Polizist war, konnte ahnen, dass es sich hier um das Büro vom Oberboss handelte.
Aber das ist eben der Stil des Captains, dachte D’Agosta, als er darauf zuging. Captain Singleton war ein ganz seltenes Exemplar in der Polizeihierarchie – ein Mann, der sich ehrenhaft nach oben gearbeitet und sich seinen guten Ruf nicht durch Arschkriecherei erworben hatte, sondern weil er schwierige Fälle mit Hilfe solider polizeilicher Ermittlungsarbeit gelöst hatte. Singleton verfolgte in seinem Leben ein einziges Ziel und das hieß: Verbrecher von der Straßen zu holen. Er war der wohl am härtesten arbeitende Cop, dem D’Agosta je begegnet war – bis auf Laura Hayward. D’Agosta fand, dass er für genügend unfähige Schreibtischhengste gearbeitet hatte, und empfand deshalb umso größere Hochachtung für Singletons Professionalität. Und er spürte, dass umgekehrt Singleton auch ihn achtete, und das bedeutete ihm sehr viel.
M dies zusammengenommen machte das, was er jetzt vorhatte, nur noch schwieriger.
Singletons Tür stand, wie üblich, weit offen. Zugangsbeschränkungen waren nicht seine Art. Jeder Cop, der mit ihm sprechen wollte, konnte das tun – jederzeit. D’Agosta klopfte an und streckte den Oberkörper durch die Türöffnung. Singleton war da, er stand hinter seinem Schreibtisch und telefonierte. Selbst im Büro setzte sich Singleton anscheinend nie hin. Er war Ende vierzig, groß und schlank und hatte die Figur eines Schwimmers – jeden Morgen um sechs zog er seine Bahnen. Er hatte ein schmales Gesicht mit einem Raubvogelprofil. Alle zwei Wochen ließ er sich die graumelierten Haare vom lachhaft teuren Frisör unten im Carlyle schneiden, so dass er immer so gepflegt aussah wie ein Präsidentschaftskandidat.
Singleton lächelte D’Agosta kurz zu und bedeutete ihm, doch hereinzukommen. D’Agosta trat ein. Singleton deutete auf einen Stuhl, aber D’Agosta schüttelte den Kopf: die rastlose Energie des Captains bewirkte, dass er sich im Stehen wohler fühlte.
Singleton unterhielt sich offenbar mit jemandem aus der PR-Abteilung der New Yorker Polizei. Seine Stimme klang höflich, aber D’Agosta ahnte, dass Singleton innerlich kochte: Ihn interessierte die polizeiliche Ermittlungsarbeit, nicht PR. Schon allein der Begriff war ihm ein Gräuel, und einmal hatte er D’Agosta seine Auffassung erläutert: »Entweder du schnappst den Täter oder nicht. Was gibt’s da also zu verkaufen?«
D’Agosta blickte sich um. Das Büro war so minimalistisch
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