Pendergast 06 - Dark Secret - Mörderische Jagd
schlucken. Ihm krampfte sich vor Furcht der Magen zusammen. Dies war der schlimmste Teil. Der allerschlimmste.
Und jetzt war er an der Reihe. Zwei Techniker lotsten ihn auf eine Matte mit den üblichen gelben Fußabdrücken und unterzogen ihn einer weiteren Leibesvisitation, die nicht dazu beitrug, sein Wohlbehagen zu fördern. Sie überprüften seinen Besucherausweis und seine Pressereferenzen. Dann forderten sie ihn auf, den Mund zu öffnen, und warfen einen prüfenden Blick hinein, während sie seine Zunge mit einem kleinen Spatel herunterdrückten. Schließlich öffneten sie die Tür der Zelle und schoben ihn hinein.
»Bleiben Sie ganz still stehen. Halten Sie die Arme seitlich am Körper. Schauen Sie auf die Markierung an der Wand…« Die Anweisungen kamen schnell und effizient.
Ein kurzes Summen. Durch das Sicherheitsglas konnte Smithback erkennen, wie die Techniker über den Ergebnissen brüteten. Schließlich nickte einer.
Ein Techniker auf der anderen Seite öffnete die Tür, packte Smithback mit festem Griff am Arm und zog ihn heraus. »Sie können gehen«, sagte er und deutete auf den Ausgang, wobei er Smithback flüchtig streifte.
Smithback wandte sich um und ging die drei Meter auf die Drehtür zu – sie kamen ihm vor wie die längsten drei Meter seines Lebens. Draußen zog er den Reißverschluss seines Mantels hoch. Das Blitzlichtgewitter und die gerufenen Fragen ignorierend, drängte er sich durch die Menge und hastete mit steifen Schritten die Avenue of the Americas entlang. An der 56th Street winkte er nach einem Taxi und ließ sich erschöpft auf den Rücksitz gleiten. Er gab dem Fahrer die Adresse seiner Wohnung, wartete, bis das Taxi sich in den fließenden Verkehr eingefädelt hatte, drehte sich um und starrte volle fünf Minuten forschend aus dem Rückfenster.
Erst dann wagte er, sich im Sitz zurückzulehnen und in seine Manteltasche zu greifen. Dort, sicher vergraben am Grund der Tasche, ertasteten seine Fingerspitzen die kalten Umrisse von Luzifers Herz.
64
D’Agosta und Pendergast saßen schweigend in dem Mark VII, der an einem trostlosen Abschnitt der Vermilyea Avenue im Inwood-Distrikt von Upper Manhattan parkte. Die Sonne versank langsam durch die grauen Wolkenschichten und sandte im Untergehen einen letzten schmalen Streifen blutroten Lichts aus, das vorübergehend einen glühenden Schein auf die düsteren, heruntergekommenen Mietwohnungen und trostlosen Lagerhäuser warf, bevor dieser von der dunklen Nacht ausgelöscht wurde.
Sie lauschten dem New Yorker Nachrichtensender 1010 WINS. Der Sender wiederholte seine Top-Storys im Zwanzig-Minuten-Takt und hatte laufend über den Diamantenraub im Museum berichtet. Vor zehn Minuten hatte die aufgekratzte Stimme des Ansagers, die in scharfem Kontrast zur düsteren Stimmung im Wagen stand, eine Neuigkeit vermeldet, die mit dem Raub zusammenhing, aber noch spektakulärer war: Das echte Herz Luzifers war aus der Zentrale des Transglobal-Versicherungskonzerns gestohlen worden. D’Agosta war sich sicher, dass die Polizei verzweifelt versucht hatte, eine Nachrichtensperre zu verhängen, aber eine derart explosive Meldung ließ sich einfach nicht unterdrücken.
»… der unverfrorenste Diamantenraub in der Geschichte ereignete sich direkt unter den Augen der leitenden Museums- und Versicherungsangestellten und erfolgte in kurzem zeitlichen Abstand zum Diamantenraub im Museum. Laut gutinformierten Quellen im Umfeld der Ermittlungen geht man in beiden Fällen von demselben Tatverdächtigen aus …«
Pendergast hörte angespannt zu, das Gesicht so hart und bleich wie Marmor, der Körper reglos. Sein Handy lag auf dem Sitz zwischen ihnen.
»Zurzeit befragt die Polizei gerade George Kaplan, einen bekannten Gemmologen, der in der Nähe seines Wohnhauses in Manhattan entführt wurde, als er sich auf dem Weg zur Zentrale des Transglobal-Versicherungskonzerns befand, wo er die Echtheit von Luzifers Herz überprüfen sollte. Laut gutinformierten Quellen im Umfeld der Ermittlungen hat der Dieb sich als George Kaplan ausgegeben, um Zugang zu dem Diamanten zu erlangen. Die Polizei vermutet, dass der Täter sich noch immer in den Räumen der Transglobal-Versicherung versteckt hält, und ist im Moment dabei, das Gebäude gründlich zu durchsuchen …«
Pendergast beugte sich vor und schaltete das Radio ab.
»Wie kommen Sie darauf, dass Diogenes die Nachrichten hört?«, fragte D’Agosta.
»Er hört sie. Zum einen weiß er nicht mehr weiter. Er
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