Pendergast 07 - Maniac - Fluch der Vergangenheit
zusammen, um sich vor den grellen Stroboskoplichtern zu schützen, die Pendergast mit vier gut gezielten Schüssen auslöschte.
Während der letzte Schuss in der Düsternis verhallte, trat eine Gestalt aus dem lichteren Nebel, sie watschelte, hob und senkte die Füße, als wäre sie mit schweren Gewichten gefesselt. Ihr Mund bewegte sich, als redete sie, aber bei dem ganzen Getöse konnte Smithback nichts verstehen.
»Passen Sie auf!«, rief Smithback, als der Mann Pendergast aus heiterem Himmel ansprang. Der Agent wich behende aus und versetzte seinem Angreifer einen Stoß. Der Mann stürzte schwer zu Boden, wälzte sich, konnte aber nicht auf stehen.
Sie gingen in den nächsten Raum. Pendergast folgte den Deckenleisten mit seiner Taschenlampe. Sie schienen alle in einer falschen Halbsäule in der gegenüberliegenden Wand zu münden. Dort stand eine große, vergoldete Truhe aus der 20. Dynastie, reich verziert mit Schnitzereien. Die Truhe befand sich in einem gläsernen Schaukasten, der trotz des Gemetzels rundherum unbeschädigt geblieben war.
»Dort!« Pendergast trat hinüber, hob das zerborstene Rad eines Streitwagens auf und schwang es gegen den Schaukasten, so dass das Glas zersprang. Dann machte er einen Schritt zurück, hob erneut seine Waffe und zerschoss das alte bronzene Schloss. Nachdem er die Waffe ins Holster zurückgesteckt hatte, wischte er das Schloss und das zerbrochene Glas beiseite und hob den Deckel von der schweren Truhe. Darin summte und vibrierte ein großer Stromgenerator. Pendergast zog einMesser aus der Tasche und durchtrennte ein Kabel, wodurch der Generator knisterte und knackte und seinen Betrieb einstellte. Mit einem Mal war das Grab in völlige Finsternis und Stille getaucht.
Und doch war es nicht wirklich still. Denn jetzt hörte Smithback aus dem vorderen Bereich des Grabes eine Kakophonie von Rufen und Schreien: eine Hysterie wie von einem Mob. Er stand auf und leuchtete mit seiner Taschenlampe ins Dunkel.
»Nora!«, rief er. »Nora!«
Plötzlich fiel der Lichtstrahl seiner Taschenlampe auf eine Gestalt, die halb verborgen in einem entfernten Alkoven stand. Smithback starrte sie überrascht an. Obwohl der Mann mit einem makellos weißen Frack bekleidet war, trug er eine schwarze Maske, und die Ohren bedeckten Kopfhörer. In seiner Hand lag ein kleines Gerät, das wie eine Fernbedienung aussah. Der Mann stand derart reglos da, dass Smithback sich fragte, ob es sich vielleicht wieder nur um eine holographische Projektion handelte, dann aber zog der andere sich wie aufs Stichwort die Maske vom Gesicht.
Auch Pendergast hatte den Mann entdeckt; die Wirkung der Enttarnung war ganz erstaunlich. Pendergast erstarrte und schrak zusammen – fast so, als hätte er einen elektrischen Schlag erhalten. Sein sonst so blasses Gesicht lief feuerrot an. Smithback hätte wetten können, dass die Reaktion des Mannes im Frack noch stärker ausgefallen war. Er duckte sich, wie jemand, der im nächsten Moment losspringen wollte. Dann riss er sich zusammen und erhob sich langsam zu voller Größe.
»Du!«, sagte er. Einen Augenblick wurde er wieder still. Und dann entfernte er – mit seiner langen, spinnenartigen Hand – den Kopfhörer und die Ohrstöpsel und ließ sie langsam und bewusst zu Boden fallen.
Wieder war Smithback überrascht. Den Mann kannte er doch; das war Noras Chef, Hugo Menzies. Trotzdem sah er ganzanders aus. Seine Augen waren flammend rot, seine Glieder bebten. Das Gesicht war ebenso dunkelrot wie das Pendergasts – und seine Miene war voller Wut.
Pendergasts Hand ging zu seiner Waffe. Dann hielt er inne, die Waffe halb gezogen, wie paralysiert.
»Diogenes …«, sagte er mit erstickter Stimme.
Gleichzeitig hörte Smithback, wie jemand aus einem fernen Winkel seinen Namen rief. Er drehte sich um und sah, wie Nora sich aufrappelte, gestützt von Viola Maskelene. Pendergast blickte hinüber und bemerkte ebenfalls die beiden Frauen.
In diesem Augenblick huschte Menzies unglaublich schnell in die Dunkelheit. Pendergast wandte sich um, so als wollte er die Verfolgung aufnehmen – dann aber drehte er sich wieder zu Viola um, das Gesicht vor Unentschlossenheit verzerrt.
Smithback sprintete zu den beiden Frauen hinüber und half ihnen auf. Kurz darauf stand Pendergast neben ihnen und schloss Viola in die Arme.
»O mein Gott«, sagte sie, halb keuchend und halb weinend.
»O mein Gott, Aloysius …«
Aber Smithback hörte das kaum. Er hatte die Arme um Nora gelegt und
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