Pendergast 07 - Maniac - Fluch der Vergangenheit
worden. Das ist nun mal das Wesen eines Museums: Sammlungen werden hin- und hergeschoben, Räume werden zusammengelegt, andere werden unterteilt und umbenannt. Viele dieser Veränderungen werden in aller Eile, ohne Anfertigung von Blaupausen, vorgenommen.«
»Aber ein ganzes ägyptisches Grab konnte doch gewiss nicht verlorengehen!«, sagte Wicherly.
McCorkle lachte. »Das wäre in der Tat schwierig, sogar in diesem Museum. Das Problem ist, den Eingang zu finden. Er wurde 1935 zugemauert, als man den Verbindungstunnel vonder U-Bahn-Station an der 81st Street gebaut hat.« Er klemmte sich die Blaupausen unter den Arm und griff nach einem alten Lederbeutel, der auf seinem Schreibtisch lag. »Wollen wir?«
»Übernehmen Sie ruhig die Führung«, sagte Menzies.
Sie machten sich auf den Weg und folgten McCorkle in einen kotzgrün gestrichenen Gang, der in einen Bereich des Kellers führte, in dem rege Betriebsamkeit herrschte. Während sie an Wartungs- und Lagerräumen vorbeikamen, gab McCorkle laufend Erläuterungen zu den Örtlichkeiten ab: »Dies ist die Metallwerkstatt. Hier ist die alte Betriebsanlage, einst Heimat vorsintflutlicher Heizkessel, heute Aufbewahrungsort der Wal-Skelette … Lagerraum für jurassische Dinosaurier … Kreide … Oligozän-Säuger … Pleistozän-Säuger … Dugongs und Manatis …«
Der Lagerbereich ging allmählich in den Laborbereich über.
Die glänzenden Edelstahltüren hoben sich auffällig von den schmutzigen Korridoren ab, die von nackten Glühbirnen in Drahtkäfigen erleuchtet und von zerbeulten Dampfrohren durchzogen waren.
Sie passierten so viele verschlossene Türen, dass Nora den Überblick verlor. Einige waren alt und erforderten Schlüssel, die McCorkle aus einem riesigen Schlüsselbund auswählte. Andere Türen, die zum neuen Sicherheitssystem des Museums gehörten, öffnete er mit Hilfe einer Magnetstreifenkarte. Je weiter sie in die unterirdischen Tiefen des Museums vordrangen, desto leerer und stiller wurden die Gänge.
»Ich wage zu behaupten, dass dieser Ort genauso groß ist wie das Britische Museum«, erklärte Wicherly.
Ihr Führer schnaubte verächtlich. »Größer.
Viel größer
.«
Sie kamen an eine altertümliche Doppeltür aus genietetem Metall, die McCorkle mit einem großen Eisenschlüssel öffnete. Dahinter lag tiefste Finsternis. McCorkle betätigte einenSchalter. Ein langer, einst eleganter Korridor, dessen Wände stark verschmutzte Fresken zierten, wurde erleuchtet. Nora blinzelte. Die Bilder zeigten die Landschaft von New Mexico – Berge, Wüsten und eine mehrstöckige indianische Ruine, die sie als Taos Pueblo erkannte.
»Fremont Ellis«, sagte Menzies. »Hier befand sich früher die Halle des Südwestens. Sie ist seit den vierziger Jahren geschlossen.«
»Das sind außergewöhnliche Bilder.«
»In der Tat. Und sehr wertvoll.«
»Sie bedürften dringend der Restaurierung«, warf Wicherly ein. »Das da weist einen sehr hässlichen Fleck auf.«
»Alles eine Frage des Geldes«, bemerkte Menzies. »Wenn unser Graf sich nicht erboten hätte, die notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen, würde das Grab des Senef wahrscheinlich auch die nächsten siebzig Jahre noch im Verborgenen schlummern.«
McCorkle öffnete eine weitere Tür, hinter der sich ein weiterer, zum Stauraum umfunktionierter Gang voller Regale mit wunderschön bemalten Keramikgefäßen befand. An den Wänden standen alte Eichenschränke mit Milchglastüren, durch die man die verschwommenen Umrisse von zahllosen Artefakten erkannte.
»Die Sammlung des Südwestens«, erläuterte McCorkle.
»Ich hatte ja keine Ahnung«, staunte Nora. »Die Stücke sollten für Forschungszwecke zur Verfügung stehen.«
»Wie Adrian schon sagte, müssten sie zunächst restauriert werden«, erklärte Menzies. »Auch das wieder eine Frage des Geldes.«
»Es ist nicht nur das Geld«, fügte McCorkle mit einem seltsam gequälten Gesichtsausdruck hinzu.
Nora wechselte einen Blick mit Wicherly. »Wie meinen Sie das?«, fragte sie.
Menzies räusperte sich. »Ich glaube, Seamus spielt darauf an, dass die, äh, ersten Morde des Museumsmonsters in unmittelbarer Umgebung der Halle des Südwestens begangen wurden.«
In dem einsetzenden Schweigen notierte Nora sich in Gedanken, dass sie sich diese Sammlungen unbedingt noch einmal genauer anschauen musste – vorzugsweise in Gesellschaft einer großen Gruppe. Vielleicht könnte sie auch beantragen, die Sammlung in die oberen Lagerräume zu
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