Pendergast 07 - Maniac - Fluch der Vergangenheit
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Eine weitere Tür führte zu einem kleineren Raum mit langen Reihen schwarzer, deckenhoher Metallschränke mit Schubfächern. Halb verborgen hinter den Schränken befanden sich alte Poster und Werbeplakate aus den zwanziger und drei ßiger Jahren, mit Beschriftungen im Art-déco-Stil und Abbildungen der Gibson Girls. In einer früheren Ära war dies wohl eine Art Vorraum gewesen. In der Luft hing der Geruch von Paradichlorbenzol und noch ein anderer übler Gestank – wie vergammeltes Hackfleisch, befand Nora.
Am anderen Ende des Raums tat sich ein riesiger schummriger Saal auf. Im schwachen Widerschein des Lichts erkannte Nora, dass die Wände mit Fresken bedeckt waren, die die Pyramiden von Gizeh und die Sphinx in der ganzen ursprünglichen Pracht ihrer Entstehungszeit wiedergaben.
»Jetzt kommen wir in die alten Ägyptischen Galerien«, sagte McCorkle.
Sie betraten den weitläufigen Saal, der ebenfalls als Lagerhalle diente. Die Regale waren mit Plastikplanen abgedeckt, die ihrerseits von einer dicken Staubschicht überzogen waren. McCorkle rollte die Blaupausen aus, betrachtete sie blinzelnd im schwachen Licht. »Wenn meine Berechnungen stimmen, befand sich der Eingang zum Grab dort am anderen Ende, wo jetzt der Anbau ist.«
Wicherly ging zu einem Regal, hob die Plastikplane hoch.Darunter konnte Nora Metallregale voll mit Tongefäßen, vergoldeten Stühlen und Betten, Kopfstützen, Kanopen und kleine Figürchen aus Alabaster, Fayence und Keramik erkennen.
»Heiliger Bimbam! Das ist eine der schönsten Sammlun gen von Uschebtis, die ich je gesehen habe.« Wicherly wandte sich aufgeregt an Nora. »Schauen Sie, allein hier ist schon so viel Material, dass wir das Grab zweimal damit füllen könnten.«
Er nahm eine der kleinen Uschebtis hoch und drehte sie ehrfürchtig in den Händen. »Altes Reich, zweite Dynastie, Herrschaft von Pharao Hetepsechemui.«
»Dr. Wicherly, die Vorschriften über den Umgang mit den Objekten …«, sagte McCorkle mit warnendem Unterton in der Stimme.
»Das geht schon in Ordnung«, erklärte Menzies. »Dr. Wicherly ist Ägyptologe. Ich übernehme die Verantwortung.«
»Selbstverständlich«, antwortete der Museumsmitarbeiter, wenngleich ein wenig verschnupft. Nora hatte den Eindruck, dass McCorkle seine Besitzrechte an diesen alten Sammlungen bedroht sah. Und in gewisser Weise gehörten sie ihm ja tatsächlich, denn er war einer der wenigen Menschen, die sie je zu Gesicht bekamen.
Wicherly, dem gewissermaßen das Wasser im Mund zusammenlief, wanderte von Regal zu Regal. »Unglaublich! Hier gibt’s sogar eine Sammlung aus der Jungsteinzeit vom oberen Nil!
Und hier!
Schauen Sie sich bloß mal
dieses
zeremonielle Werkzeug an!« Er hielt ein Steinmesser aus zersplittertem Flint von etwa dreißig Zentimetern Länge in die Höhe.
McCorkle warf Wicherly einen verärgerten Blick zu. Der Archäologe legte das Messer so behutsam wie möglich an seinen Platz zurück und zog die Plastikplane wieder darüber.
Sie erreichten eine weitere eisenbeschlagene Tür, die zu öffnen McCorkle einige Mühen kostete. Er musste mehrere Schlüsselausprobieren, bevor er den richtigen fand. Als die Tür sich schließlich mit einem lauten Ächzen öffnete, lösten sich dicke Rostbrocken aus den Angeln.
Dahinter lag ein kleiner Raum voller Sarkophage aus geschnitztem und bemaltem Holz. Einige hatten keinen Deckel, und Nora konnte einzelne Mumien erkennen – manche mit Binden umwickelt, andere nicht.
»Der Mumienraum«, erläuterte McCorkle.
Wicherly stürmte voran. »Grundgütiger! Das müssen an die hundert sein!« Er schob eine Schutzhülle aus Plastik beiseite, unter der ein großer Holzsarkophag zum Vorschein kam. »Sehen Sie sich das an!«
Nora ging zu ihm und blickte auf die Mumie hinab. Die Binden waren ihr vom Gesicht gerissen, der eingefallene Mund mit den schwarzen verschrumpelten Lippen stand offen, wie in einem stummen Protestschrei angesichts dieser Schändung. In der Brust der Mumie klaffte ein großes Loch, das Brustbein und einige Rippen waren herausgerissen.
Wicherly wandte sich mit blitzenden Augen an Nora. »Sehen Sie?«, flüsterte er fast ehrfürchtig. »Diese Mumie ist Grabräubern in die Hände gefallen. Sie haben die Binden abgerissen, um an die kostbaren Amulette zu kommen, die in den Bandagen versteckt waren. Und dort in der Brust, wo jetzt das Loch ist, war ein Skarabäus aus Gold und Jade verborgen.
Das Symbol der Wiedergeburt. Gold galt als Fleisch der
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