Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pendergast 07 - Maniac - Fluch der Vergangenheit

Pendergast 07 - Maniac - Fluch der Vergangenheit

Titel: Pendergast 07 - Maniac - Fluch der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston , Lincoln Child
Vom Netzwerk:
vorbeigekommen, aber nur, um sich zu vergewissern, dass das Haus gesichert war, und war danach sofort wieder gegangen. Und der »zänkische Wren« war, wie immer zu dieser Stunde, in der Stadtbücherei. Er kam seinen lästigen, selbst auferlegten Pflichten als Babysitter gottlob nur tagsüber nach. Es hatte keinen Sinn, nachzusehen, ob die Haustür verschlossen war – Constance wusste, dass dem so war.
    Jetzt stieg sie langsam die Treppe zu ihrer Wohnung im dritten Obergeschoss hinauf. Sachte zog sie den weißen Mäuserich aus der Tasche und legte ihn in seinen Käfig. Sie schlüpfte aus ihrem Kleid und der Unterwäsche und legte alles ordentlich zusammen. Normalerweise hätte sie als Nächstes ihre Abendtoilette gemacht, ein Nachthemd angezogen und im Sessel neben ihrem Bett noch ein Stündchen gelesen, ehe sie sich schlafen legte – im Moment arbeitete sie sich durch Johnsons Aufsätze im
Rambler.
    Aber nicht heute Abend. Heute Abend ging sie ins Bad und ließ heißes Wasser in die überdimensionierte Marmorwanne ein. Dann drehte sie sich zu dem mit schönem Papier eingewickelten Geschenkkarton um, der auf einem Messingtischchen in der Nähe stand.
    In der Schachtel befand sich ein Dutzend kleiner Glasfläschchen von einem Pariser Hersteller von Badeölen – ein Geschenk, das Diogenes bei seinem letzten Besuch zurückgelassen hatte. Sie wählte eines der Fläschchen aus und goss den Inhalt ins Badewasser. Ein schwerer Duft nach Lavendel und Patschuli parfümierte die Luft.
    Constance trat vor den deckenhohen Spiegel und betrachtete ihren nackten Körper, strich mit den Händen an sich hinab, über ihren glatten Bauch. Dann wandte sie sich ab und ließ sich in die Wanne gleiten.
    Es war Diogenes’ vierter Besuch gewesen. Vorher hatte er oft von seinem Bruder gesprochen und mehrmals auf ein besonderes EREIGNIS angespielt – Diogenes sprach das Wort immer mit besonderer Betonung aus –, ein EREIGNIS von solchem Schrecken, dass er es nicht über sich brachte, davon zu sprechen, außer um zu sagen, dass er danach auf einem Auge erblindet war. Er hatte auch geschildert, wie sein Bruder keine Mühen gescheut hatte, andere Menschen – vor allem sie selbst – gegen ihn aufzuwiegeln, indem er Lügen und Unterstellungen verbreitete, die ihn, Diogenes, als den leibhaftigen Teufel erscheinen ließen. Zunächst hatte sie dieser Art Ge rede vehement widersprochen. Das sei eine vollkommene Ver drehung der Tatsachen, hatte sie protestiert – die er jetzt hervorzaubere und die irgendeinem eigenen unredlichen Zweck diene. Aber Diogenes war im Angesicht ihrer Wut so ruhig geblieben, so vernünftig und überzeugend in seinen Wider legungen, dass sie ganz durcheinander gewesen war. Es stimmte schon, dass Pendergast bisweilen unnahbar und distanziert war, aber das war eben seine Art – oder? Und stimmte es denn nicht, dass er sie nur deshalb nie aus dem Gefängnis kontaktiert hatte, weil er ihr zusätzliche Sorgen ersparen wollte? Sie liebte ihn, im Stillen, aus der Ferne – eine Liebe, die er offenbar nie erwidert oder anerkannt hatte.
    Es hätte ihr so viel bedeutet, wenn sie etwas von ihm gehört hätte.
    Verbarg sich in dem, was Diogenes ihr erzählt hatte, vielleicht irgendwo doch ein Körnchen Wahrheit? Ihr Verstand sagte Constance, dass Diogenes nicht vertrauenswürdig war, ein Dieb, vielleicht sogar ein sadistischer Mörder …, aber ihr Herz sagte ihr etwas anderes. Diogenes wirkte so verständnisvoll, so verletzlich. So gütig. Er hatte ihr sogar Beweise gezeigt – Dokumente, alte Fotografien –, die vieles von dem, was Aloysius ihr über ihn erzählt hatte, zu widerlegen schienen.Dennoch hatte er nicht alles abgestritten; er hatte einen Teil der Schuld akzeptiert, hatte zugegeben, durchaus kein perfekter Bruder gewesen zu sein, ja, ein Mensch mit großen Fehlern.
    Alles war so verworren.
    Constance hatte stets ihrem Kopf, ihrem Intellekt vertraut – auch wenn sie wusste, dass ihr Geist in mancher Hinsicht fragil war und sie ihm deshalb nicht immer vertrauen durfte. Und doch war es jetzt ihr Herz, das am lautesten sprach. Sie fragte sich, ob Diogenes ihr wohl die Wahrheit sagte, wenn er behauptete, sie zu verstehen – denn in irgendeiner tieferen Schicht, die sie noch nie ergründet hatte, glaubte sie ihm: Sie spürte eine Verbundenheit. Am wichtigsten aber war, dass sie allmählich begann, ihn zu verstehen.
    Schließlich erhob sie sich aus der Badewanne, trocknete sich ab und machte sich bereit, ins Bett zu

Weitere Kostenlose Bücher