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Pendergast 07 - Maniac - Fluch der Vergangenheit

Pendergast 07 - Maniac - Fluch der Vergangenheit

Titel: Pendergast 07 - Maniac - Fluch der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston , Lincoln Child
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kann in jenem Zimmer sitzen, alles Licht und alle Kerzen gelöscht, und dem Rauschen der Brandung lauschen, und dann werde ich zu einem Perlentaucher, bin eins mit dem limonengrünen Wasser der Sargassosee. Es ist die schönste Bibliothek der Welt, Constance.«
    Er schwieg einen Augenblick, so als wäre er in tiefer Betrachtung versunken. Dann beugte er sich vor und lächelte. »Und wissen Sie was?«
    »Was?« Mehr brachte sie nicht heraus.
    »Sie würden diese Bibliothek
lieben.
«
    Constance schluckte, unfähig, eine Antwort zu formulieren. Er blickte sie an. »Die Geschenke, die ich Ihnen beim letzten Mal mitgebracht habe, die Bücher, die anderen Dinge … Haben Sie sie geöffnet?«
    Constance nickte.
    »Gut. Die Geschenke werden Ihnen zeigen, dass es dort draußen andere Welten gibt – wohlriechende Welten, erfüllt von Staunen und Freude, bereit, genossen zu werden. Monte Carlo. Venedig. Paris. Wien. Oder, wenn Sie das vorziehen: Kathmandu, Kairo, Machu Picchu.« Diogenes wies mit ausladender Geste auf die Wände ringsum mit den in Leder gebundenenBänden. »Schauen Sie sich die Bücher an, von denen Sie umgeben sind. Bunyan. Milton. Bacon. Vergil. Moralinsaure Autoren allesamt. Kann eine Orchidee blühen, wenn man sie mit Chinin gießt?« Er strich über den Gedichtband der Achmatova. »Deswegen habe ich Ihnen heute Abend Gedichte vorgelesen: Um Ihnen zu helfen zu verstehen, dass die Schatten, mit denen Sie sich umgeben, nicht nur schwarzweiß sind.«
    Er nahm einen anderen schmalen Band vom Stapel neben sich. »Haben Sie schon einmal ein Gedicht von Theodore Roethke gelesen?«
    Constance schüttelte den Kopf.
    »Ah! Dann werden Sie gleich in den Genuss eines erlesenen, unentdeckten Vergnügens kommen.« Er schlug das Buch auf, wählte eine Seite aus und begann zu lesen.
    Ich glaube, die Toten sind zärtlich. Wollen wir uns küssen? –
    Constance hörte zu, und plötzlich spürte sie, wie tief in ihr ein merkwürdiges Gefühl erblühte: etwas, das sie in flüchtigen Träumen erahnt hatte und das ihr doch noch immer unbekannt war, etwas Köstliches und Verbotenes.
    Wir singen gemeinsam; wir singen Mund an Mund …
    Sie erhob sich jählings aus ihrem Sessel. Die Maus in ihrer Rocktasche richtete sich überrascht auf.
    »Es ist später, als ich dachte«, sagte Constance mit zitternder Stimme. »Ich glaube, Sie sollten jetzt gehen.«
    Diogenes warf ihr einen mitfühlenden Blick zu. Dann klappte er das Buch mit perfekter Ungezwungenheit zu und erhob sich.
    »Ja, das wäre wohl das Beste«, sagte er. »Der zänkische Wren wird bald zurück sein. Es dürfte ihm nicht passen, mich hiervorzufinden – ebenso wenig wie Ihren anderen Kerkermeistern, D’Agosta und Proctor.«
    Constance errötete, und plötzlich hasste sie sich deswegen.
    Diogenes wies mit einem Nicken auf das Sofa. »Ich lasse Ihnen die anderen Bücher auch hier«, sagte er. »Gute Nacht, liebe Constance.«
    Dann trat er einen Schritt vor. Und noch bevor sie reagieren konnte, neigte er den Kopf, fasste ihre Hand und hob sie an seine Lippen.
    Er hatte die Geste mit vollendeter Förmlichkeit und allerbesten Manieren ausgeführt. Dennoch gab es da etwas an der Art, wie seine Lippen kurz vor der Berührung ihrer Hand verharrten – etwas an dem warmen Atem auf ihrer Haut –, das dazu führte, dass sie sich innerlich voll Unbehagen krümmte …
    Und dann war Diogenes fort, plötzlich, wortlos, so dass die Bibliothek leer und stumm war, bis auf das leise Knistern des Kaminfeuers.
    Einen Augenblick lang blieb sie reglos stehen, während sie merkte, dass ihr Atem schneller ging. Diogenes hatte nichts von sich zurückgelassen, keine Spur seines Dufts, nichts – bis auf den kleinen Bücherstapel auf dem Sofa.
    Sie trat vor und nahm den obersten Band zur Hand. Er war in Seide gebunden, mit Goldschnitt versehen und marmorierten Vorsatzblättern. Sie drehte das Buch in den Händen und befühlte das herrlich geschmeidige Material.
    Dann legte sie das Buch, ganz plötzlich, auf den Stapel zurück, griff nach dem halb ausgetrunkenen Glas Pastis und verließ die Bibliothek. Nachdem sie in den rückwärtigen Teil des Hauses gegangen war, betrat sie eine kleine Küche, wo sie das Glas spülte und abtrocknete. Dann kehrte sie zur Haupttreppe zurück.
    In der alten Villa war es ganz still. Proctor war aus dem Haus gegangen, wie er es so häufig an den letzten Abenden getanhatte; er wollte Eli Glinn bei seinen Plänen assistieren; D’Ago sta war früher am Tag kurz

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