Pendergast 07 - Maniac - Fluch der Vergangenheit
eine Tür aus Stahl. Imhof zog eine Karte durch und tippte einen Code ein. Die Türflügel glitten zur Seite, und sie sahen einen Gang mit Wänden aus Schalbeton, weiß gestrichen, mit weißen Türen zu beiden Seiten. Jede Tür hatte ein winziges quadratisches Fenster und eine Essensklappe.
»Herkmoor Isolationstrakt«, sagte Imhof. »Er ist in Zelle 44. Normalerweise würde ich ihn in ein Besuchszimmer bringen lassen, aber in diesem Fall geht das nicht, er ist nicht besonders mobil.«
»Ich würde sowieso lieber in der Zelle mit ihm reden. Mit den Wärtern in der Nähe, falls er aggressiv werden sollte.«
»Die Gefahr besteht wohl kaum.« Imhof beugte sich vor und senkte die Stimme. »Ich möchte Ihnen ja nicht vorschreiben, wie Sie Ihre Arbeit zu erledigen haben, Agent Coffey, aber ich könnte mir vorstellen, dass der Hinweis auf eine mögliche Rückverlegung in Hof 4 zum Hofgang ihm im Handumdrehen die Zunge lösen würde.«
Coffey nickte.
Sie näherten sich der Zellentür. Einer der Wärter schlug mehrmals mit seinem Schlagstock kräftig dagegen. »Machen Sie sich hübsch, Sie haben Besuch!«
Bumm, bumm!
Der Schlagstock donnerte noch einmal gegen die Tür. Der eine Wärter zückte seine Waffe und trat zur Seite, während der andere die Tür aufschloss und hineinblickte.
»Alles in Ordnung.«
Der erste Wärter steckte seine Waffe ins Holster zurück und trat ein.
»Wie viel Zeit brauchen Sie?«, fragte Imhof.
»Eine Stunde müsste reichen. Ich sage dem Wärter, dass er Sie rufen soll, wenn wir hier fertig sind.«
Coffey wartete, bis Imhof gegangen war, dann betrat er die kleine, makellos saubere Zelle, Rabiner dichtauf. Der zweite Wärter verschloss die Tür von außen und bezog davor als Wache Position.
Der Häftling lag auf dem schmalen Bett, den Kopf von einem dünnen Kopfkissen gestützt und in einen frisch gewaschenen Overall gekleidet, der so orange war, dass er fast zu glühen schien. Seine äußere Erscheinung schockierte Coffey – derKopf war bandagiert, das eine Auge zugeschwollen und das andere fast nicht zu sehen, das gesamte Gesicht eine Palette aus Schwarz, Blau und Grün. Im gesunden, leicht zugekniffenen Auge des Häftlings konnte Coffey ein silberfarbenes Glitzern ausmachen.
»Agent Coffey?«, fragte der Wärter. »Möchten Sie einen Stuhl?«
»Nein, ich stehe lieber.« Er wandte sich an Rabiner. »Bereit?« Rabiner hatte ein Diktiergerät aus der Tasche gezogen. »Ja, Sir.«
Coffey verschränkte die Arme vor der Brust und blickte auf den übel zugerichteten und bandagierten Häftling hinab. Er grinste. »Was ist denn mit Ihnen passiert? Haben Sie versucht, den Falschen zu küssen?«
Keine Antwort, aber Coffey hatte auch nicht mit einer gerechnet.
»Kommen wir zur Sache.« Er zog ein Blatt Papier mit seinen Aufzeichnungen hervor. »Band ab. Hier spricht Special Agent Spencer Coffey, in Gefängniszelle C3-44 im Bundessicherheitsgefängnis Herkmoor bei der Vernehmung des Häftlings, identifiziert als A. X. L. Pendergast. Das Datum ist der 20. März.«
Schweigen.
»Können Sie sprechen?«
Zu Coffeys Überraschung sagte der Mann: »Ja.« Seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern und wegen der verschwollenen Lippen etwas vernuschelt.
Coffey lächelte. Das war doch ein vielversprechender Anfang. »Ich möchte das hier so schnell wie möglich hinter mich bringen.«
»Ich auch.«
Wie’s aussah, hatte das Weichklopfen noch besser funktioniert, als er vorausgesehen hatte.
»Also gut. Ich werde an meine vorherigen Verhörfragen anknüpfen. Dieses Mal erwarte ich allerdings Antworten. Wie ich bereits erklärt habe, deuten alle Indizien darauf hin, dass Sie sich zum Zeitpunkt des Mordes in Deckers Haus aufgehalten haben. Die Indizien liefern uns die Tatwaffe, das Motiv und die Umstände der Tat sowie eine direkte Verbindung zwischen Ihnen und der Mordwaffe.«
Der Häftling schwieg, also fuhr Coffey fort.
»Punkt eins: Das Spurensicherungsteam hat ein halbes Dutzend langer schwarzer Fasern am Tatort gefunden, die, wie wir festgestellt haben, von einem höchst ungewöhnlichen italienischen Stoff aus Kaschmir-Merinowolle, gewebt in den fünfziger Jahren, stammen. Eine Analyse der Anzüge in Ihrem Kleiderschrank hat gezeigt, dass sie alle aus demselben Stoff, sogar aus demselben Stoffballen hergestellt wurden.
Punkt zwei: Am Tatort haben wir drei Haare gefunden, eines davon mit Wurzel. Ein genetischer Fingerabdruck hat nachgewiesen, dass sie mit einem Fehlerquotienten von eins zu
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