Pendergast 07 - Maniac - Fluch der Vergangenheit
sechzehn Milliarden mit Ihrer DNA zusammenpassen.
Punkt drei: Ein Zeuge, ein Nachbar von Decker, hat beobachtet, wie eine Person mit blasser Gesichtsfarbe und mit einem schwarzen Anzug bekleidet neunzig Minuten vor dem Mord Deckers Haus betreten hat. In drei Foto-Gegenüberstellungen hat er positiv und kategorisch Sie als diese Person identifiziert. Als Mitglied des Repräsentantenhauses der Vereinigten Staaten ist er als Zeuge so unanfechtbar, wie man es sich nur wünschen kann.«
Sollte der Häftling kurz spöttisch geblickt haben, war es so schnell wieder vorüber, dass sich Coffey nicht sicher war, ob es überhaupt geschehen war. Er ließ sich einen Augenblick Zeit, um den Gesichtsausdruck des Mannes zu deuten, aber es ließen sich eben keinerlei Gefühle von einem Gesicht ablesen, das derart geschwollen und von Verbänden verhüllt war. Alles,was man wirklich von dem Mann sehen konnte, war das silberfarbene Glitzern hinter dem halb zusammengekniffenen Auge. Das verunsicherte.
»Sie sind FBI-Agent. Sie kennen ja die Spielregeln.« Er wedelte mit dem Blatt Papier vor Pendergast herum. »Man wird Sie verurteilen. Wenn Sie der Spritze entgehen wollen, sollten Sie lieber zu kooperieren anfangen, und zwar jetzt.«
Coffey stand da, atmete schwer und starrte auf den bandagierten Häftling.
Der erwiderte seinen Blick. Nach einem Augenblick sagte er:
»Ich beglückwünsche Sie.« Seine verwaschene Stimme klang untertänig, ja unterwürfig.
»Darf ich Ihnen einen Vorschlag machen, Pendergast? Legen Sie ein Schuldbekenntnis ab, und begeben Sie sich in die Hände des Gerichts. Das ist Ihre einzige Option – und das wissen Sie. Gestehen Sie, und ersparen Sie uns die Schande, mitzuerleben, wie einer von uns durch ein öffentliches Gerichtsverfahren geschleift wird. Gestehen Sie, und wir sorgen dafür, dass Sie aus Hof 4 verlegt werden.«
Noch ein kurzes Schweigen.
»Würden Sie eine Verfahrensabsprache in Betracht ziehen?«, fragte Pendergast.
Coffey grinste, ein Gefühl des Triumphs wallte in ihm auf. »Bei einer solchen Beweislage? Nie und nimmer. Ihre einzige Hoffnung, Pendergast – ich wiederhole mich – besteht darin, mit einem hübschen, runden Geständnis ein wenig Goodwill zu erzeugen. Jetzt gilt’s.«
Pendergast schien einen Moment lang darüber nachzudenken. Dann regte er sich auf der Pritsche. »Also gut«, sagte er.
Das entlockte Coffey ein Lächeln.
»Spencer Coffey«, fuhr Pendergast fort, und der honigweicheTonfall troff vor Unterwürfigkeit. »Ich beobachte ihren Aufstieg im FBI nun schon seit fast zehn Jahren, und ich
gestehe,
dass ich verblüfft bin.« Er hielt inne, holte Luft. »Ich habe von Anfang an gewusst, dass Sie ein besonderes, ja einzigartiges Individuum sind. Sie haben mich, wie man so schön sagt, gepackt.«
Coffey spürte, wie sein Lächeln breiter wurde. Das war gut; dies war der Moment, von dem die meisten Menschen nur träumten, der Moment der Demütigung eines verhassten Rivalen.
»Erstaunliche Arbeit, Spencer. Ich darf Sie doch Spencer nennen, oder? Unvergleichlich, könnte ich sogar sagen.«
Coffey wartete auf das Geständnis, von dem er überzeugt war, dass es kurz bevorstand. Der arme Kerl dachte, dass er durch seine Schmeicheleien ein wenig Mitgefühl aus ihm herauskitzeln könne. Das taten alle:
Ach, Sie sind ja so schlau, dass Sie mich gefasst haben.
Er gestikulierte hinter seinem Rücken, dass Rabiner mit seinem Aufnahmegerät näher kommen solle, damit kein Wort verlorenging. Das Schöne an der ganzen Sache war, dass Pendergast sich das eigene Grab nur noch tiefer schaufelte. Es würde keine Gnade geben, nicht einmal nach einem Geständnis. Nicht für einen Mann, der den Mord an einem Top-FBI-Agenten zu verantworten hatte. Mit einem Geständnis hätte er zehn Jahre weniger Zeit für ein Gnadengesuch – sonst nichts.
»Ich hatte das Glück, einen Teil Ihrer Arbeit persönlich miterleben zu dürfen. Zum Beispiel Ihre Leistung während der grauenvollen Nacht des Museumsmassakers vor vielen Jahren, als Sie die mobile Einsatzleitung versahen. Ein wahrhaft unvergessliches Erlebnis.«
Coffey spürte einen Anflug von Unsicherheit. Er erinnerte sich nicht mehr besonders gut an diese fürchterliche Nacht – um ehrlich zu sein, hatte er sich damals nicht gerade mit Ruhmbekleckert. Aber vielleicht ging er auch, wie üblich, zu hart mit sich selbst ins Gericht.
»Ich erinnere mich noch lebhaft an jene Nacht«, fuhr Pendergast fort. »Sie standen mitten im Getümmel,
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