Pendergast 08 - Darkness - Wettlauf mit der Zeit
viele Offiziere kommen und gehen, viel Trubel. Außerdem ist dieses Geist wieder gesehen worden. Von viel Passagieren, auch von Direktor von Kreuzfahrt.«
Constance verharrte. Das Schiff erzitterte, fuhr abermals durch eine riesige Welle und gierte dabei merkwürdig. Sie blickte wieder zu Marya. »Warten Sie hier, bitte.«
Sie ging nach oben und klopfte an die Tür zu Pendergasts Zimmer. Normalerweise antwortete er sofort, in klarem, gesammeltem Tonfall, als sei er seit Stunden wach. Diesmal jedoch nicht.
Noch ein Klopfen. »Aloysius?«
Von drinnen erklang eine leise, ruhige Stimme. »Ich hatte dich gebeten, mich um drei zu wecken.«
»Es gibt da einen Notfall, von dem du wissen solltest.«
Langes Schweigen. »Ich verstehe nicht, warum das nicht warten kann.«
»Es ist dringend, Aloysius.«
»Ich komme gleich runter zu dir.«
Constance stieg die Treppe hinunter. Mehrere Minuten später erschien Pendergast. Er trug eine schwarze Anzughose, ein gestärktes weißes Hemd, das offen stand, hatte die schwarze Anzugjacke und eine Krawatte achtlos über den Arm geworfen. Er warf die Jacke auf einen Stuhl und blickte sich um. »Meine Eier Benedict und mein Tee?«
Constance sah ihn ungläubig an. »Der Zimmerservice ist eingestellt. Die Mahlzeiten werden nur zu festen Zeiten ausgegeben.«
»Marya hier ist sicher intelligent genug, etwas Essbares aufzutreiben, während ich mich rasiere.«
»Wir haben keine Zeit zum Essen«, sagte Constance irritiert.
Pendergast ging ins Bad; er ließ die Tür offen, zog das Hemd von seinem weißen, wohlmodulierten Körper, warf es über die Duschstange, drehte den Wasserhahn auf und seifte sich das Gesicht ein. Er nahm ein langes Rasiermesser und striegelte es. Constance stand auf, um die Tür zu schließen, aber er machte ihr mit der Hand ein Zeichen. »Ich warte, dass du mir sagst, was denn so wichtig ist, dass es mein Schläfchen unterbrechen musste.«
»Marya sagt, dass Captain Mason – die, die das Kommando von Cutter übernommen hat, nachdem er sich weigerte, den Kurs zu ändern – die Offiziersbrücke in ihre Gewalt gebracht und uns auf Kollisionskurs mit einem Riff geschickt hat.«
Das Rasiermesser verharrte an Pendergasts langem weißen Kinn. Fast dreißig Sekunden verstrichen. Dann rasierte er sich weiter. »Und wieso hat Mason das getan?«
»Niemand weiß es. Sie ist offenbar einfach verrückt geworden.«
»Verrückt«, wiederholte Pendergast. Das Schaben setzte sich fort, aufreizend langsam und präzise.
»Außerdem hat es noch eine Begegnung mit diesem Ding gegeben, dem sogenannten Rauch-Geist. Mehrere Personen haben es gesehen, darunter der Kreuzfahrtdirektor. Es hat fast den Anschein, als …« Sie war unsicher, wie sie es ausdrücken sollte, dann ließ sie den Gedanken fallen. Sie bildete es sich sicher nur ein.
Pendergast rasierte sich schweigend weiter, die einzigen Geräusche waren das leise Fauchen und Heulen des Sturms und hin und wieder eine erhobene Stimme auf dem Flur. Constance und Marya warteten. Endlich war er fertig. Er ließ Wasser ins Waschbecken laufen, wischte es sauber, klappte das Rasiermesser zusammen, säuberte sich das Gesicht mit einem Handtuch, zog das Hemd an, knöpfte es zu, schob die goldenen Manschettenknöpfe in die Aufschläge, warf sich die Krawatte um und band sie sich mit ein paar geschickten Bewegungen. Dann trat er ins Wohnzimmer.
»Wohin gehen wir?«, fragte Constance verärgert und ein wenig verängstigt. »Hast du eine Ahnung, was hier los ist?«
Er nahm sein Jackett zur Hand. »Du meinst, du bist noch nicht dahintergekommen?«
»Natürlich nicht!« Constance riss langsam der Geduldsfaden. »Sag mir ja nicht, du bist es.«
»Selbstverständlich bin ich’s.« Er streifte die Anzugjacke über und ging zur Tür.
»Was soll das?«
An der Tür blieb Pendergast stehen. »Alles hängt zusammen, wie ich bereits vermutet habe – der Diebstahl des Agozyens, der Mord an Jordan Ambrose, das Verschwinden der Passagiere und die Morde, und jetzt steuert der verrückte Kapitän das Schiff auf ein Riff zu.« Er lachte auf. »Vom ›Rauch-Geist‹ ganz zu schweigen.«
»Was soll das heißen?«, fragte Constance verärgert.
»Du hast die gleichen Informationen wie ich, und ich finde Erklärungen so müßig. Außerdem ist das Ganze irrelevant – alles.« Er deutete vage in den Raum. »Wenn das, was du sagst, stimmt, wird das alles hier in Kürze auf dem abgrundtiefen Boden des Atlantiks ruhen, und im Moment habe ich etwas
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