Pendergast 08 - Darkness - Wettlauf mit der Zeit
Wichtigeres zu erledigen. In knapp einer Stunde bin ich wieder da. Vielleicht könntest du mir bis dahin einen kleinen Teller Eier Benedict und grünen Tee besorgen.«
Und damit ging er.
Constance blickte zur Tür, noch lange nachdem sie sich hinter ihm geschlossen hatte. Dann drehte sie sich langsam zu Marya um. Einen Moment lang schwieg sie.
»Ja?«, fragte Marya.
»Ich muss Sie um einen Gefallen bitten.«
Das Zimmermädchen wartete.
»Besorgen Sie mir einen Arzt, so rasch es geht.«
Marya sah sie bestürzt an. »Sind Sie krank?«
»Nein. Aber
er
, glaube ich.«
[home]
53
Gavin Bruce und die von ihm inzwischen als Team bezeichnete Gruppe in der Mittschiffs-Lounge auf Deck 8 unterhielten sich über den Zustand des Schiffes und die nächsten Schritte, die sie unternehmen könnten. Für einen frühen Nachmittag war es erstaunlich ruhig auf der
Britannia.
Zwar war die Ausgangssperre nur für die Nachtstunden ausgerufen worden, aber viele Passagiere waren offenbar trotzdem in ihren Kabinen geblieben, entweder aus Angst vor dem Mörder oder vor Erschöpfung wegen des enorm angespannten Vormittags.
Bruce rutschte auf seinem Stuhl hin und her. Obgleich ihre Mission, mit Commodore Cutter zu sprechen, gescheitert war, befriedigte es ihn doch, dass der Mann entfernt und seine Empfehlungen beherzigt worden waren. Letztlich, so fand er, hatte sein Eingreifen doch etwas Gutes bewirkt.
Cutter war ohne Zweifel überfordert gewesen. Cutter war eine Art Kapitän, den Bruce aus seiner eigenen Zeit bei der
Royal Navy
gut kannte, ein Kommandant, der Sturheit mit Entschlossenheit verwechselte und blindes Befolgen der Vorschriften mit Klugheit. Solche Männer versagten oft, wenn die Verhältnisse chaotisch wurden. Der neue Kapitän hatte den Übergang gut bewältigt; Bruce hatte ihre über die Lautsprecheranlage übertragene Ansprache gutgeheißen. Sehr professionell war sie gewesen, zeigte Autorität.
»Wir steuern ins Auge des Sturms«, sagte Niles Welch und nickte in Richtung der Fenster, an denen der Regen herabströmte.
»Wäre schlimm, bei so einem Schmuddelwetter auf einem kleineren Kahn zu sein«, antwortete Bruce. »Erstaunlich, wie seegängig dieses große Schiff ist.«
»Nicht so wie der Zerstörer, auf dem ich als Oberfähnrich im Falklandkrieg gefahren bin«, sagte Quentin Sharp. »Das war wirklich ein verrücktes Schiff.«
»Mich wundert, dass der Kapitän die Geschwindigkeit erhöht hat«, sagte Emily Dahlberg.
»Kann nicht behaupten, dass ich ihr das verüble«, antwortete Bruce. »Ich an ihrer Stelle würde dieses Jonas-Schiff so bald wie möglich in den nächsten Hafen steuern – zum Teufel mit dem Komfort der Passagiere! Allerdings würde ich den Gashebel ein klein wenig zurücknehmen. Das Schiff stampft ganz gehörig.« Er blickte zu Dahlberg hinüber. »Übrigens, Emily, ich wollte Ihnen gratulieren, wie Sie da eben dieses hysterische Mädchen beruhigt haben. Das ist schon die vierte Person, die Sie in der letzten Stunde besänftigt haben.«
Dahlberg schlug elegant ein Bein über das andere. »Wir sind alle aus demselben Grund hier, Gavin – wir wollen dazu beitragen, die Ordnung aufrechtzuerhalten, und auf jede uns mögliche Weise helfen.«
»Ja, aber ich hätte das nicht gekonnt. Ich habe wohl noch nie jemanden gesehen, der so aufgebracht war.«
»Ich bin da nur meinen mütterlichen Instinkten gefolgt.«
»Aber Sie haben doch keine Kinder.«
»Stimmt.« Dahlberg lächelte versonnen. »Aber viel Phantasie.«
Rasche Schritte und hektische Rufe hallten über den Flur.
»Hoffentlich nicht noch so eine Gruppe besoffener Blödmänner«, murmelte Sharp.
Die Stimmen wurden lauter, und eine ungebärdige Gruppe von Passagieren erschien, angeführt von einem Mann, der sichtlich betrunken war. Sie waren ausgeschwärmt und donnerten jetzt an die Türen der Suiten, deren Bewohner einer nach dem anderen auf den Gang traten.
»Haben Sie das gehört?«, schrie der Anführer der Gruppe mit schleppender Stimme. »Hören Sie das?« Die anderen donnerten weiter an Türen, schrien, alle sollten herauskommen.
Bruce setzte sich auf.
»Stimmt irgendwas nicht?«, fragte Dahlberg mit Schärfe in der Stimme.
Der Betrunkene stutzte, schwankte leicht. »Wir sind auf Kollisionskurs!«
Ein Gemurmel verängstigter Stimmen. Der Mann wedelte mit den Armen. »Der Captain hat die Brücke in ihre Gewalt gebracht! Sie hat vor, das Schiff auf den
Grand Banks
auf Grund laufen zu lassen!«
Ein Durcheinander von Fragen,
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