Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pendergast 08 - Darkness - Wettlauf mit der Zeit

Pendergast 08 - Darkness - Wettlauf mit der Zeit

Titel: Pendergast 08 - Darkness - Wettlauf mit der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston , Lincoln Child
Vom Netzwerk:
Schuhe wie totes Gewicht, und durchstieß die Wasseroberfläche: spuckend, mit den Händen ins Leere greifend, als versuche sie, den Himmel zu erklimmen.
    Einen Augenblick lang drehte sich alles in ihrem Kopf, und sie fragte sich, ob sie gestürzt war – ob die Reling irgendwie nachgegeben hatte; aber dann wurde ihr alles klar.
    Ich bin nicht gestürzt. Man hat mich hinuntergeworfen.
    Sie war wie vor den Kopf geschlagen. Das hier musste ein Traum sein. Hektisch sah sie sich um, instinktiv trat sie Wasser. Das große Heck des Schiffes glich einem erleuchteten Turm und verschwand bereits in der Nacht. Sie wollte schreien, aber sofort war ihr Mund voll mit wogendem Kielwasser. Sie ruderte mit den Armen, versuchte an der Oberfläche zu bleiben, hustete. Das Wasser war lähmend kalt.
    »Hilfe!« Ihre Stimme klang so schwach und erstickt, dass sie sich durch das Tosen des Windes, das Dröhnen der Dieselmotoren, das laute Zischen der aufsteigenden Luftblasen im Kielwasser kaum selbst hören konnte. Über sich vernahm sie die fernen, leisen Schreie der Möwen, die dem Schiff Tag und Nacht folgten.
    Es war ein Traum. Es musste so sein. Und doch, das Wasser war so kalt, so eiskalt. Sie schlug mit den Armen um sich, die zerschundenen Beine wurden ihr bleischwer.
    Jemand hatte sie vom Schiff geworfen.
    Entsetzt starrte sie auf die verschwindenden Knäuel aus Licht. Durch die Heckfenster des riesigen
King George II
-Ballsaals auf Deck 1 konnte sie sogar dunkle, sich bewegende Pünktchen, Silhouetten vor dem hellen Licht erkennen – Menschen.
    »Hilfe!« Sie winkte und ging unter, kämpfte sich an die Oberfläche zurück.
    Streif die Schuhe ab. Schwimm.
    Es dauerte einen Moment, bis sie ihre Füße aus den Schuhen befreit hatte, aus diesen blöden Pumps mit niedrigen Absätzen, die sie wegen ihrer Arbeitgeberin tragen musste. Aber es nützte nichts. Sie spürte nicht mal mehr ihre Füße. Sie machte ein paar Schwimmzüge, aber es war aussichtslos; sie musste schon ihre letzten Kräfte mobilisieren, nur um den Kopf über Wasser zu halten.
    Die
Britannia
entschwand allmählich im tief auf dem Wasser liegenden nächtlichen Nebel. Die Lichter wurden matter. Die Schreie der Möwen verstummten. Langsam verklang das Zischen der aufsteigenden Luftblasen, das Grün des Kielwassers zerstreute sich. Das Wasser war nun schwarz, so schwarz, wie es tief war.
    Die Lichter verschwanden. Kurz darauf verstummte auch das leise, rhythmische Stampfen der Motoren.
    Entsetzt starrte sie auf die Stelle, an der die Lichter und Geräusche gewesen waren. Alles war schwarz. Sie hielt den Blick auf den Fleck gerichtet, hatte Angst, wegzuschauen und die Stelle nicht wiederzufinden – als wäre dies irgendwie ihre letzte Hoffnung. Das Meer rings um sie herum war stockdunkel, wogte. Der Mond lugte durch eine Bank dahinhuschender Wolken. Der Nebel lag auf der See, vorübergehend silbern im Mondlicht, dann war alles wieder dunkel, und der Mond verschwand abermals hinter den Wolken. Sie spürte, wie sie von einer Welle emporgetragen wurde, wie sie sank, wieder aufstieg.
    Während sie angestrengt ins neblige Dunkel spähte, schlug zischend ein Brecher über ihr zusammen und drückte sie unter Wasser. Sie ruderte mit den Armen. Rings um sie herum war nichts – überhaupt nichts, nur pechschwarze, schreckliche, unerbittliche Kälte.
    Aber noch während sie kämpfte, ließ die alles durchdringende Kühle ein wenig nach und wich einer unerklärlichen Wärme. Inge spürte ihre Gliedmaßen nicht mehr. Während die Sekunden verstrichen, wurden ihre Bewegungen langsamer, bis die kleinste von ihnen bereits eine immense Willensanstrengung erforderte. Sie unternahm eine ungeheure Anstrengung, sich über Wasser zu halten, aber ihr ganzer Körper fühlte sich an wie ein nasser Sack. Allmählich wurde ihr klar, dass sie gar nicht im Meer war, sondern in ihrem Bett schlief. Das Ganze war ein Alptraum gewesen. Erleichterung und Dankbarkeit durchfluteten sie. Das Bett war warm, weich, und als sie sich umdrehte, spürte sie, dass sie in diese dunkle Wärme hinabsank. Sie seufzte – und spürte zugleich etwas Festes und Schweres auf der Brust, wie ein großes Gewicht. Ein Schimmer des Verstehens erhellte ihr Bewusstsein: Sie war doch nicht im Bett; das hier war kein Traum; sie versank tatsächlich in den schwarzen, bodenlosen Tiefen des Nordatlantiks.
    Ich bin ermordet worden
, war der letzte Gedanke, der ihr durch den Kopf ging, während sie hinabsank und dann noch einmal

Weitere Kostenlose Bücher