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Pendergast 09 - Cult - Spiel der Toten

Pendergast 09 - Cult - Spiel der Toten

Titel: Pendergast 09 - Cult - Spiel der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston , Lincoln Child
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Seitentür. Mit leisen Schritten bewegte er sich in dem riesigen Raum, in dem es nach Heu und altem Gips roch. Rings um ihn herum ragten die Requisiten auf, die er gewissenhaft gesammelt und eingelagert hatte, unter großen Kosten, aus zahlreichen Filmen. Er hatte sie aus sentimentalen Gründen aufbewahrt, die er sich nie hatte erklären können. Wie alle Filmrequisiten waren auch sie in aller Eile gebaut worden, mit Klebstoff zusammengeklatscht, dazu gedacht, nur so lange zu halten, wie die Dreharbeiten dauerten. Jetzt verrotteten sie zusehends. Und dennoch fühlte er sich tief verbunden mit ihnen, ja, er konnte es nicht ertragen, sich von ihnen zu trennen und zu sehen, wie sie auseinandergebrochen und fortgeschafft wurden. So manchen schönen Abend hatte er zusammen mit ihnen verbracht, als er zwischen ihnen umherschlenderte, einen Cognac in der Hand, sie berührend, sie bewundernd, sich liebevoll an die glorreichen Tage seiner Karriere erinnernd.
    Jetzt dienten die Requisiten einem ungewöhnlichen Zweck: Sie sollten diesen FBI -Agenten aufhalten, ihn beschäftigen und ablenken und zugleich ihm selbst helfen, seine Bewegungen zu verbergen.
    Esteban schlängelte sich durch die Requisiten zur Rückseite der Scheune, wo er eine Eisentür entriegelte. Eine Treppe führte in ein kühles Dunkel hinab, in die weitläufigen unterirdischen Räume der Scheune – einstmals die Obstkeller, Käsereifungsräume, Rübenkeller, Räucherkammern und Weinkeller des großen Hotels, das an dieser Stelle gestanden hatte. Selbst diese Räume, die tiefsten des Anwesens, waren bis oben voll mit Requisiten. Bis auf den alten Fleischkühlraum, den er ausgeräumt hatte, um dort die Frau einzukerkern.
    Wie ein Blinder im eigenen Haus tastete sich Esteban durch die Unmengen an alten Requisiten, wobei er nicht einmal eine Taschenlampe einschaltete, bewegte sich sicher und selbstbewusst im Dunkel. Bald traf er am Eingang zum Tunnel ein, der von der Scheune zum Haus führte. Jetzt schaltete er ein kleines Taschen- LED an. In dem bläulichen Schein erblickte er die falschen Gipswände, die von den Dreharbeiten zu
Ausbruch aus Sing Sing
übrig geblieben waren. Indem er genau diesen Tunnelgang als Set genutzt hatte, hatte er eine ordentliche Stange Geld gespart. Rund sieben Meter hinter dem Tunneleingang war die Wand von einer Sperrholzverkleidung verdeckt, aus der ein kleiner Eisenwinkelhebel hervorragte. Esteban inspizierte ihn kurz und stellte fest, dass er in gutem Zustand war. Es war ein einfacher Mechanismus, er erforderte keinen Strom, nur die Schwerkraft, damit er funktionierte – im Filmgeschäft mussten technische Vorrichtungen zuverlässig und leicht zu handhaben sein, denn es war wohlbekannt, dass alles, was kaputtgehen konnte, unvermeidlich kaputtging, wenn die Kameras liefen und der Star endlich nüchtern war. Aus Neugier hatte er die Vorrichtung erst im vorherigen Jahr getestet – eine, die er selbst entworfen hatte – und dabei festgestellt, dass sie noch immer so gut funktionierte wie am Tag, als er die unsterbliche Fluchtszene des Films drehte, der ihm beinahe einen Oscar eingebracht hatte.
Beinahe
.
    Er errötete bei dem Gedanken an die nicht gewonnene Auszeichnung, schaltete die Taschenlampe aus und lauschte. Ja, das waren die leisen Schritte des FBI -Agenten, der näher kam. Der Mann würde bald eine grauenhafte Entdeckung machen. Außerdem war es natürlich schlicht unmöglich, dass er – egal, wie irrsinnig schlau er war – vorhersehen konnte, was ihm als Nächstes widerfahren würde.

[home]
77
    Harry R. Chislett, stellvertretender Polizeichef des Bezirks Washington Heights North, stand am zentralen Kontrollpunkt an der Indian Road, ein Funkgerät in jeder Hand. Obwohl er einer unvorhergesehenen und völlig unerwarteten Entwicklung gegenübergestanden hatte, hatte er sich ihr, wie er fand, bemerkenswert schnell und effizient angepasst. Wer hätte denn so viele Demonstranten vorhersehen können, dass sie so schnell vorrückten, alle mit der rücksichtslosen Präzision und Zielgerichtetheit eines einzigen Bewusstseins? Doch Chislett hatte sich der Situation gewachsen gezeigt. Was für eine Tragödie also, dass er – trotz all seiner Umsicht – von Inkompetenz und Unfähigkeit umgeben war. Seine Befehle waren falsch gedeutet, unangemessen ausgeführt, sogar ignoriert worden. Ja, es gab kein anderes Wort dafür: Es war eine Tragödie.
    Er nahm seinen Feldstecher zur Hand und richtete ihn auf den Eingang zum Ville.

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