Pendergast 09 - Cult - Spiel der Toten
verschwanden auch die.
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Lieutenant Vincent D’Agosta stand in dem proppevollen Korridor vor der Tür zur Zweizimmerwohnung von Nora Kelly und Bill Smithback. Er zuckte in seinem braunen Anzug mit den Schultern und versuchte, die feuchten Arme von seinem Polyesterhemd zu lösen. Er war sehr zornig, was aber gar nicht gut war. Es würde nur seine Ermittlungen beeinflussen und ihn daran hindern, alles genau unter die Lupe zu nehmen.
Er holte tief Luft und stieß sie wieder aus, um seine Wut vielleicht auf diese Weise loszuwerden.
Die Wohnungstür ging auf. Ein hagerer, gebeugter Mann mit einem kleinen Haarbüschel auf der Glatze trat aus der Wohnung. Er schleppte einen Sack mit Gerätschaften und schob einen auf einem Kofferkuli festgezurrten Aluminiumkoffer vor sich her. »Wir sind fertig, Lieutenant.« Der Mann schnappte sich von einem anderen Beamten ein Klemmbrett und meldete sich ab, sein Assistent ebenso.
D’Agosta schaute auf die Uhr: 15 Uhr. Die Leute von der Spurensicherung hatten lange gebraucht. Sie waren besonders sorgfältig vorgegangen. Ihnen war klar, dass er und Smithback sich schon lange kannten. Es ärgerte ihn, dass sie sich mit gesenktem Kopf an ihm vorbeistahlen, ihn von der Seite ansahen und sich fragten, wie er mit der Sache wohl fertig werden würde. Ob er den Fall abgeben würde. Viele Detectives im Morddezernat würden das tun – und sei es nur deshalb, weil es im Gerichtssaal zu Fragen kommen würde. Es machte nämlich gar keinen guten Eindruck, wenn die Verteidigung einen in den Zeugenstand rief und fragte: »Der Verstorbene war ein Freund von Ihnen? Also finden Sie nicht, dass das ein ziemlich interessanter Zufall ist?« Auf derlei Komplikationen sollte man in Gerichtsverfahren tunlichst verzichten, außerdem konnte kein Bezirksstaatsanwalt es ausstehen, wenn sich so etwas ergab.
Aber D’Agosta dachte nicht daran, diesen Mordfall abzugeben. Niemals. Außerdem war die Sache glasklar. Der Täter war so gut wie verurteilt, sie hatten ihn praktisch auf frischer Tat ertappt. Jetzt mussten sie den Dreckskerl nur noch finden.
Der letzte Mitarbeiter des Spurensicherungsteams kam aus der Wohnung und checkte aus. D’Agosta blieb allein mit seinen Gedanken zurück. Eine Minute lang stand er auf dem inzwischen menschenleeren Flur und bemühte sich, seine angespannten Nerven zu beruhigen. Dann streifte er ein Paar Latexhandschuhe über, zog das Haarnetz über seine beginnende Glatze und ging zur offenen Wohnungstür. Ihm war leicht übel. Die Leiche war natürlich abtransportiert worden, aber sonst hatte man nichts angerührt. Dort, wo der Eingangsflur im rechten Winkel abbog, waren ein schmaler Streifen des dahinterliegenden Zimmers und eine Blutlache zu erkennen, zudem blutige Fußabdrücke und der Abdruck einer Hand, die an der cremefarbenen Wand hinuntergezogen worden war.
D’Agosta machte einen behutsamen Schritt über die Blutlache und blieb vor dem Wohnzimmer stehen. Ledersofa, zwei Sessel, umgestürzter Beistelltisch, weitere Blutflecken auf dem Perserteppich. Er ging langsam bis zur Zimmermitte, wobei er ganz vorsichtig mit seinen Schuhen mit den Kreppsohlen auftrat, blieb stehen, drehte sich um und versuchte, sich das Tatgeschehen zu vergegenwärtigen.
D’Agosta hatte das Team gebeten, umfangreiche Proben der Blutflecken zu nehmen; es gab da überlappende Muster von Blutspritzern, die er abklären wollte, Fußabdrücke, die sich durchs Blut zogen, übereinanderliegende Abdrücke von Händen. Smithback hatte sich wie ein Löwe gewehrt; ausgeschlossen, dass der Täter geflohen war, ohne DNA -Spuren hinterlassen zu haben.
Auf den ersten Blick handelte es sich um ein simples Verbrechen, einen schlecht geplanten, schmutzigen Mord. Der Täter hatte sich mit einem Hauptschlüssel Zutritt zur Wohnung verschafft. Smithback hielt sich im Wohnzimmer auf. Der Mörder stach auf Smithback ein, was diesen sofort stark in die Defensive drängte. Dann hatten Täter und Opfer gekämpft. Der Kampf hatte sich in der Küche fortgesetzt – Smithback hatte versucht, sich zu bewaffnen: Die Messer-Schublade stand halb offen, am Griff und auf dem Küchentresen befanden sich blutige Abdrücke von Händen. Er hatte sich aber kein Messer schnappen können; verdammt schade. Hatte währenddessen einen Messerstich in den Rücken bekommen. Dann hatten sie noch einmal gekämpft. Inzwischen musste Smithback ziemlich übel verletzt gewesen sein, überall auf dem Boden waren Blut und Rutschflecken von
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