Pendergast 09 - Cult - Spiel der Toten
D’Agosta stieg aus, holte die Bolzenschneider heraus, knackte das Vorhängeschloss und ließ die Kette auf den Boden fallen. Er warf den Bolzenschneider in den Kofferraum zurück, knallte ihn zu und setzte sich wieder in den Wagen.
»Diese Arschlöcher«, sagte er zu niemand Besonderem.
Der Fahrer startete den Crown Vic, mit leichtem Reifenquietschen fuhr der Wagen ruckartig an.
»Fahrer«, sagte Bertin und beugte sich vor, »fahren Sie bitte etwas vorsichtiger an.«
Der Fahrer, ein Detective der Mordkommission namens Perez, verdrehte nur die Augen.
Vor dem Eisentor im Maschendrahtzaun blieben sie erneut stehen, und wieder bereitete es D’Agosta eine klammheimliche Freude, das Schloss zu knacken und in den Wald zu werfen. Um auf Nummer sicher zu gehen, durchtrennte er noch beide Angeln, trat das Eisentor mit einem Fußtritt um und zerrte beide Teile von der Straße. Leicht schnaufend stieg er ins Auto zurück. »Öffentlicher Weg«, sagte er zur Erklärung.
Wieder quietschten die Reifen, und der Crown Vic machte einen kleinen Satz nach vorn, wobei die Insassen durchgerüttelt wurden. Er fuhr eine Anhöhe hinauf, dann hinunter, durch einen dunklen, in Zwielicht getauchten Wald, bis er schließlich auf einem unbestellten Acker hielt. Vor ihnen erhob sich das Ville, ins gläserne Licht des Herbstnachmittags getaucht. Trotz Sonnenscheins wirkten die Gebäude dunkel und schief, in Schatten gehüllt, ein wüstes Durcheinander von Türmchen und Dächern, wie irgendein Albtraumdorf von Dr. Seuss. Die gesamte Anlage gruppierte sich um eine monströse, unglaublich alte Fachwerkkirche. Der vordere Bereich war umgeben von einem hohen Lattenzaun mit einer mit dicken Eisenbeschlägen verstärkten Eichentür.
Die Fahrzeuge fuhren zu einem unbefestigten Parkplatz neben der Eichentür. Auf der einen Seite parkten ein paar schäbige Autos, außerdem der Kleinlaster, den D’Agosta bereits kannte. Allein beim Anblick des Transporters packte ihn wieder die blanke Wut.
Das Ville wirkte verlassen, menschenleer. D’Agosta sah sich um, dann drehte er sich zu Perez um. »Schnappen Sie sich die Ramme und das Brecheisen. Ich trage den Beweismittelkoffer.«
»Klaro, Lieutenant.«
D’Agosta stieß die Wagentür auf und stieg aus. Der Laster hatte sich dicht hinter sie gestellt, der Mitarbeiter des Tierschutzamts stieg aus. Es war ein ängstlicher Bursche mit misslichem blondem Schnurrbart, rotgesichtig, dünne Arme, Bierbauch. Irrsinnig nervös, hatte noch nie einen Durchsuchungsbeschluss durchgeführt. D’Agosta versuchte, sich an den Namen zu erinnern. Pulchinski.
»Haben wir uns telefonisch angemeldet?«, fragte Pulchinski mit zittriger Stimme.
»Man ruft vorher nicht an, wenn man einen Durchsuchungsbeschluss durchführt. Das Letzte, was man will, ist, jemandem Zeit zu geben, Beweismittel zu vernichten.« D’Agosta öffnete den Kofferraum und hob den Koffer heraus. »Haben Sie alle nötigen Papiere dabei?«
Pulchinski tätschelte eine geräumige Tasche. Der Mann schwitzte schon jetzt.
D’Agosta wandte sich an Perez. »Detective?«
Perez hob die tragbare Ramme an. »Ich bin so weit.«
Unterdessen waren Pendergast und sein sonderbarer kleiner Adlatus Bertin aus dem Polizeiwagen gestiegen. Pendergasts Miene war wie immer undurchdringlich, seine silbergrauen Augen verhangen und ausdruckslos. Bertin – unglaublich genug – roch an Blümchen.
»Bei Gott«, rief er aus, »das ist ja ein Prachtexemplar von Falschem Fingerhut.
Agalinis acuta
›Pennell‹! Eine bedrohte Art! Ein ganzes Feld davon!« Er nahm eine Blume in die Hand und atmete lautstark ein.
Perez, der kräftig und untersetzt war, stellte sich vor die Tür, packte den vorderen und hinteren Griff des Mauerbrechers, balancierte ihn einen Augenblick auf Hüftniveau und holte aus. Dann schwang er ihn ächzend nach vorn. Die zwanzig Kilo schwere Ramme donnerte dröhnend gegen die Eichentür, dass sie im Rahmen wackelte.
Bertin zuckte zusammen, wie von der Tarantel gestochen. »Was machen Sie denn da?«, rief er schrill.
»Wir führen einen Durchsuchungsbeschluss durch«, antwortete D’Agosta.
Bertin zog sich hastig hinter Pendergast zurück und spähte wie ein Zwerg hinter ihm hervor. »Von
Gewaltanwendung
hat mir keiner was gesagt!«
Krawumm!
Ein zweiter Schlag, dann ein dritter. Allmählich lösten sich die Nieten aus der alten Tür.
»Halt.« D’Agosta nahm das Brecheisen in die Hand, schob das gegabelte Ende unter eine Niete und bog sie hoch. Mit
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