Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pendergast 09 - Cult - Spiel der Toten

Pendergast 09 - Cult - Spiel der Toten

Titel: Pendergast 09 - Cult - Spiel der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston , Lincoln Child
Vom Netzwerk:
auf, ihr Körper fühlte sich so taub und schwer wie Blei an. Einen Moment lang drehte sich alles in ihrem Kopf, dann ließ der Schwindel ein wenig nach. Sie schlug das Kissen auf und lehnte sich vorsichtig zurück, seufzte und ließ den Blick widerwillig zurück zum Riss in der Decke schweifen.
    Vor dem Fenster war ein metallisches Klimpern zu hören. Sie blickte dorthin, sah aber nichts außer dem hellen Licht des Spätsommernachmittags.
    Morgen hätte Bills Beerdigung stattfinden sollen. Während der vergangenen Tage hatte sie ihr Bestes gegeben, um sich auf diese Tortur vorzubereiten. Eine sehr schmerzliche Angelegenheit, aber wenigstens hätte sie eine Art Ende bedeutet, ihr vielleicht erlaubt, ein wenig weiterzugehen in ihrem Leben. Doch jetzt wurde ihr sogar das bisschen Abschluss verwehrt. Wie konnte es denn ein Begräbnis ohne eine Leiche geben? Sie schloss die Augen und stöhnte leise.
    Ein anderes Stöhnen, tief und kehlig, antwortete ihrem.
    Sie riss die Augen auf. Auf der Feuerleiter, direkt vor dem Fenster, hockte eine Gestalt – eine groteske Gestalt, ein Monster, das Haar verfilzt, die blasse Haut grob zugenäht, gekleidet in ein blutverschmiertes Krankenhaushemd, klebrig vor lauter Körperflüssigkeiten und verklumptem Blut. Die knochige Hand umklammerte einen Polizeiknüppel.
    Das Gesicht war aufgedunsen, deformiert und mit getrockneten Blutklümpchen übersät – dennoch erkannte sie es wieder. Ein absolutes Entsetzen schnürte Nora die Kehle zu: Das Monster war ihr Ehemann, Bill Smithback.
    Ein seltsames Geräusch erfüllte das Schlafzimmer, ein leiser, hoher, gellender Laut, und es dauerte einen Augenblick, bis ihr klar wurde, dass er
ihr
von den Lippen kam. Sie war durchdrungen von Abscheu – und einem krankhaften Verlangen. Bill – am Leben. Konnte das Bill sein? Konnte das tatsächlich er sein?
    Die Gestalt verlagerte langsam ihre Position und rückte in gehockter Haltung vor.
    Weiße Flecken tanzten Nora vor den Augen, gleichzeitig stieg ein Gefühl von Hitze in ihr auf, als würde sie gleich ohnmächtig oder den Verstand verlieren. Der Mann war hager, und seine Haut hatte einen kränklich blassen Ton – nicht unähnlich dem des Wesens, welches sie außerhalb des Ville im Wald verfolgt hatte.
    War das Bill? War denn so etwas überhaupt möglich?
    Wieder taumelte die Gestalt vor, immer noch in der Hocke, hob eine Hand, klopfte mit dem Finger gegen die Fensterscheibe.
Klopf, klopf, klopf
.
    Es – er – Bill starrte sie aus wässrigen, blutunterlaufenen Augen an. Der offene Mund öffnete sich noch weiter, die Zunge baumelte heraus. Vage, halb geformte Laute kamen daraus hervor.
    Will er mit mir sprechen
? Am Leben …
kann das denn sein?
    Klopf, klopf, klopf.
    »Bill?«, krächzte sie. Das Herz schlug in ihrer Brust wie ein Vorschlaghammer.
    Die hockende Gestalt zuckte zusammen, riss die Augen weiter auf, verdrehte sie, ehe sie Nora wieder fixierte.
    »Kannst du mit mir reden?«
    Ein weiterer Laut, halb Stöhnen, halb Winseln. Die klauenartigen Hände spannten und entspannten sich, der verzweifelte Blick flehentlich auf sie gerichtet. Sie starrte ihn an, war völlig gelähmt. Er war abstoßend, tierisch, kaum menschlich. Und doch, unter dem verklumpten Blut und dem verfilzten Haar erkannte sie eine aufgedunsene Karikatur der Gesichtszüge ihres Mannes. Das war der Mann, den sie geliebt hatte wie niemand anderen auf der Welt, der sie ganz gemacht hatte. Das war der Mann, der direkt vor ihren Augen Caitlyn Kidd getötet hatte.
    »Sprich mit mir. Bitte.«
    Wieder drangen Laute aus dem ramponierten Mund, Laute einer gesteigerten Dringlichkeit. Die hockende Gestalt legte die Hände aneinander und hob sie zu einer flehenden Geste. Nora spürte, dass ihr trotz allem das Herz brach angesichts dieser mitleidheischenden Geste, angesichts dieses tiefen Verlangens und Kummers.
    »Ach, Bill«, sagte sie und gab sich zum ersten Mal seit der Attacke hemmungslos den Tränen hin. »Was haben sie mit dir gemacht?«
    Die Gestalt auf der Feuerleiter stöhnte. Sie saß einen Augenblick da und blickte Nora konzentriert an, reglos bis auf die spastischen Bewegungen, die den Leib gelegentlich durchzuckten. Dann, ganz langsam, streckte die Gestalt eine der klauenartigen Hände aus und ergriff den unteren Rand des Schiebefensters.
    Und dann schob sie das Fenster hoch.
    Nora sah zu, die Schluchzer blieben ihr im Halse stecken, während – langsam, ganz langsam – sich das Fenster hob, bis es halb offen

Weitere Kostenlose Bücher