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Pendergast 10 - Fever - Schatten der Vergangenheit

Titel: Pendergast 10 - Fever - Schatten der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston , Lincoln Child
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Mann trat heraus. Er hielt die Luft an. Es war nicht seine Zielperson, sondern der andere, der Polizist. Langsam – so langsam, dass er sich kaum zu bewegen schien –, wanderte sein Finger vom Abzugsbügel zum Abzug; er hatte das Abzugsgewicht federleicht eingestellt. Der stämmige Mann blieb auf der breiten Veranda stehen und schaute sich um, durchaus ein wenig wachsam. Der Schütze zuckte mit keiner Wimper. Seine Tarnung war perfekt, das wusste er. Jetzt erschien die Zielperson aus dem düsteren Inneren des Hauses, und gemeinsam gingen die beiden über die Veranda und stiegen die Stufen zur Kiesauffahrt hinab. Der Schütze folgte ihnen mit dem Zielfernrohr, den Leuchtpunkt des Fadenkreuzes auf den Kopf der Zielperson gerichtet. Er zwang sich, nicht vorzeitig zu schießen. Sein Plan war gut, und er sollte dabei bleiben. Die beiden gingen schnell, offenbar hatten sie es eilig, irgendwo hinzukommen.
Bleib bei deinem Plan.
    Durch das Fadenkreuz des Zielfernrohrs beobachtete er, wie die beiden Männer sich dem Auto näherten, die Türen öffneten, einstiegen. Wie erwartet setzte sich die Zielperson ans Steuer, ließ den Motor an, drehte sich zu ihrem Begleiter um, sagte ein paar Worte und ließ dann den Wagen auf die Auffahrt rollen. Der Schütze beobachtete alles genau, ließ den Atem ausströmen und zwang sein Herz, noch langsamer zu schlagen. Er würde den Schuss zwischen zwei Herzschlägen auslösen.
    Der Rolls nahm die leichte Kurve der Kiesauffahrt mit etwa 25 Stundenkilometern und verlangsamte die Fahrt, als er sich der Kreuzung mit der Straße näherte.
Jetzt,
dachte der Schütze. All die Vorbereitungen, Disziplin und langjährige Erfahrung flossen in diesem einen Augenblick der Vollendung zusammen. Die Zielperson war in Position. Langsam erhöhte er den Druck auf den Abzug, kein festes Drücken, sondern ein weiches Liebkosen, weiter, noch ein wenig weiter …
    Genau in diesem Moment lief – überrascht quiekend, gefolgt von heftigem Gezappel – eine graubraune Wühlmaus über die Knöchel seiner Abzugshand. Gleichzeitig schien ein großer gezackter Schatten, schwarz gegen das Schwarz, rasch über die Baumfalle zu gleiten.
    Die Remington ging mit einem Knall los, der Schütze spürte einen leichten Rückstoß. Fluchend fegte er die zappelnde Wühlmaus beiseite, spähte rasch durch das Zielfernrohr und repetierte. Er konnte das Loch in der Windschutzscheibe erkennen, etwa fünfzehn Zentimeter über und links von der anvisierten Stelle. Der Rolls hatte Fahrt aufgenommen, er entkam, die Reifen drehten durch, als der Rolls die Kurve schnitt, Kies spritzte auf, ein Sturm von Weiß; darauf bedacht, nicht in Panik zu geraten, folgte der Schütze dem Wagen mit dem Zielfernrohr, wartete auf den Herzschlag, übte Druck auf den Abzug aus.
    Aber noch während er das tat, sah er heftige Aktivität im Wageninnern. Der stämmige Mann machte einen Satz nach vorn, griff nach dem Steuer und füllte mit seiner massigen Gestalt die Windschutzscheibe aus. Im selben Moment feuerte das Gewehr erneut. Der Rolls geriet ins Schleudern und kam in einem seltsamen Winkel zum Stehen, quer über der Straße. Eine dreieckige Fläche aus Blut bedeckte die Innenseite der Windschutzscheibe und verdeckte die Sicht auf das, was drinnen vorging.
    Wen hatte er da getroffen?
    Noch während er hinschaute, sah er eine kleine Rauchwolke aus dem Fahrzeug kommen, gefolgt vom Krachen eines Schusses. Eine Millisekunde später pfiff eine Kugel durchs Gebüsch, keinen Meter von seinem Versteck entfernt. Ein zweiter Schuss, und der traf den Nissan unter metallischem Klirren.
    Augenblicklich rollte sich der Schütze nach hinten und warf sich von der Pritschenfläche ins Fahrerhaus. Als eine neue Kugel vorbeipfiff, ließ er den Motor an, warf das Gewehr auf den Beifahrersitz, wo bereits eine andere Waffe lag, eine Schrotflinte, die Doppelläufe kurz abgesägt, die mit einem kunstvoll geschnitzten Kolben aus schwarzem Holz aufwartete. Mit knirschenden Gängen und quietschenden Reifen bretterte er den alten Holzfällerweg herunter. Hinter ihm stieg eine Wolke aus Moos und Staub auf.
    Er bog ab, bog erneut ab und beschleunigte trotz des schlechten Zustands der Fahrspur auf knapp 100 Stundenkilometer. Seine Waffen rutschten zu ihm hinüber, er schob sie zurück und warf eine rote Decke darüber. Noch eine Abzweigung, noch ein Quietschen von Reifen, und er konnte die Straße vor sich sehen. Erst jetzt, das sichere Entkommen in Sicht, erlaubte er sich, seiner

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