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Pendergast 10 - Fever - Schatten der Vergangenheit

Titel: Pendergast 10 - Fever - Schatten der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston , Lincoln Child
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schoss, hatte irgendjemand die nicht abgefeuerten Patronen entfernt und gegen Platzpatronen ausgetauscht. Und dann hatte jemand nach der Jagd die beiden Platzpatronen – die eine abgefeuert, die andere nicht – entfernt, um den Austausch zu vertuschen. Aber diese Person hatte einen kleinen Fehler begangen: Sie hatte den Lauf, aus dem geschossen worden war, nicht gesäubert, so dass die beweiskräftige Verunreinigung zurückgeblieben war.
    Pendergast setzte sich auf dem Stuhl zurück und hob eine Hand – die ganz leicht zitterte – an den Mund.
    Helen Pendergast hatte ihr Leben nicht durch einen tragischen Unfall verloren. Sondern durch einen Mord.

6
    New York City
    Vier Uhr nachmittags, Samstag. Lieutenant Vincent D’Agosta drängelte sich durch die Menschenmenge, duckte sich unter dem Absperrband hindurch und ging zu jener Stelle, wo der Leichnam ausgestreckt auf dem Bürgersteig lag, vor einem der zahllosen, praktisch identischen indischen Restaurants in der East 6. Street. Unter der Leiche hatte sich eine große Blutlache gebildet, in der sich die roten und violetten Neonlichter im schmutzigen Fenster des Restaurants surreal glänzend spiegelten.
    Auf den Täter war mindestens ein Dutzend Mal geschossen worden. Und jetzt war er tot. Mausetot. Er lag zusammengesackt auf der Seite, der eine Arm war weit zur Seite ausgestreckt, seine Waffe lag etwa sieben Meter entfernt. Jemand von der Spurensicherung vermaß gerade die Entfernung von der offenen Hand bis zur Waffe.
    Bei dem Toten handelte es sich um einen dürren Weißen, Anfang dreißig, dünnes Haar. Wie er so dalag, erinnerte er D’Agosta an einen durchgebrochenen Stock; die Beine waren schräg abgewinkelt, das eine Knie war an die Brust gezogen, das andere nach außen und hinten gedreht, die Arme ausgebreitet. Die beiden Streifenpolizisten, die geschossen hatten, ein dicker Schwarzer und ein drahtiger Latino, standen ein wenig abseits und redeten mit jemandem vom Dezernat Interne Ermittlungen.
    D’Agosta ging hinüber, nickte dem Beamten aus dem Dezernat zu und umfasste die Hände der beiden Polizisten. Sie fühlten sich schwitzig an, so als wären die Männer nervös.
    Ist schon verdammt hart, dachte er, einen Menschen getötet zu haben. Im Grunde kommt man nie richtig darüber hinweg.
    »Lieutenant«, sagte einer der Polizisten hastig, begierig, einem weiteren Zuhörer nochmals alles zu berichten, »der Typ hatte gerade mit gezückter Waffe das Restaurant ausgeraubt und ist die Straße runtergelaufen. Wir haben uns ausgewiesen, unsere Dienstmarken gezeigt, und da hat er auf uns geschossen, der Scheißkerl hat einfach sein Magazin geleert, im Laufen. Zivilisten waren auf der Straße, wir hatten keine andere Wahl, wir
mussten
ihn niederschießen.
Keine Wahl,
Mann, keine Wahl …«
    D’Agosta legte dem Beamten die Hand auf die Schulter, drückte sie freundschaftlich und blickte auf sein Namensschild. »Ocampo, regen Sie sich nicht auf. Sie haben getan, was Sie tun mussten. Die interne Untersuchung wird das erweisen.«
    »Ich meine, der hat einfach losgeballert, so als gäbe es kein Morgen …«
    »Für ihn wird es keines geben.« D’Agosta trat mit dem Beamten vom Dezernat Interne Ermittlungen ein paar Schritte zur Seite. »Irgendwelche Probleme?«
    »Ich glaube nicht, Sir. Heutzutage kommt es natürlich immer zu einer Anhörung. Aber der Fall ist glasklar.« Er klappte sein Notizbuch zu.
    D’Agosta senkte die Stimme. »Sorgen Sie dafür, dass die beiden Beamten psychologische Betreuung bekommen. Und stellen Sie auch sicher, dass sie sich mit den Gewerkschafts-Anwälten treffen, bevor sie weitere Aussagen machen.«
    »Wird gemacht.«
    D’Agosta blickte nachdenklich auf die Leiche. »Wie viel hat er erbeutet?«
    »Zweihundertzwanzig, plus oder minus. Armes Schwein von Drogenabhängigem, sehen Sie sich den doch mal an, der ist völlig abgemagert wegen des Zeugs.«
    »Ja, traurig. Haben Sie irgendwelche Ausweispapiere gefunden?«
    »Warren Zabriskie, wohnhaft in Far Rockaway.«
    D’Agosta schüttelte den Kopf und ließ den Blick über den Tatort schweifen. Die ganze Sache war so unkompliziert, wie man es sich nur wünschen konnte: zwei Streifenpolizisten, beide Angehörige einer Minderheit; der tote Täter ein Weißer; Zeugen ohne Ende; alles von Sicherheitskameras eingefangen. Ein glasklarer Fall. Es würde keine Protestmärsche, keine Anschuldigungen wegen Brutalität seitens der Polizei geben. Der Schütze hatte bekommen, was er verdiente –

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