Pendergast 11 - Revenge - Eiskalte Täuschung
sind. Sie kennen ihn sicherlich gut genug, um zu wissen, dass er keiner ist, der gern von der Vergangenheit spricht, vor allem nicht von einer derart schmerzlichen. Aber er hat mich gebeten, ihm zu helfen, weil ich der Einzige bin, dem er vertrauen kann.«
Constance blieb hinter dem Schreibtisch sitzen, schwieg und starrte ihn nur an.
»Wenn Sie mir nicht glauben, hier ist mein Pass.« Er zog ihn aus der Tasche und klappte ihn auf. »Esterhazy ist kein verbreiteter Name. Ich habe Großtante Cornelia, die Giftmischerin, gekannt, die in eben diesem Zimmer untergebracht war. Ich bin auf der Plantage der Familie gewesen, in Penumbra. Ich bin mit Aloysius in Schottland auf die Jagd gegangen. Welche Beweise brauchen Sie noch?«
»Warum sind Sie hier?«
»Aloysius hat mich geschickt, damit ich Ihnen helfe, hier herauszukommen.«
»Das ergibt keinen Sinn. Er hat es geregelt, dass ich hierher überstellt werde, und er weiß, dass ich mit meiner Situation völlig zufrieden bin.«
»Sie verstehen nicht. Er hat mich nicht hierhergeschickt, damit ich Ihnen helfe, sondern weil er
Ihre
Hilfe benötigt.«
»Meine Hilfe?«
Esterhazy nickte. »Schauen Sie, er hat eine furchtbare Entdeckung gemacht. Es sieht ganz danach aus, als sei seine Frau – meine Schwester – nicht zufällig ums Leben gekommen.«
Constance runzelte die Stirn.
Esterhazy wusste, dass er am meisten ausrichten konnte, wenn er möglichst nahe bei der Wahrheit blieb. »Helens Gewehr war am Tag der Löwenjagd mit Platzpatronen geladen. Und jetzt hat sich Pendergast auf die Suche begeben, um die verantwortliche Person zu finden. Allerdings sind die Dinge außer Kontrolle geraten. Er kann das nicht allein schaffen. Er braucht die Hilfe derjenigen, denen er am meisten vertraut. Soll heißen: mich und Sie.«
»Was ist mit Lieutenant D’Agosta?«
»Der Lieutenant hatte ihm geholfen. Und hat für seine Mühe eine Kugel ins Herz geschossen bekommen. Er ist nicht tot, aber schwer verletzt.«
Constance erschrak.
»Ganz recht. Ich sagte ja, die Dinge sind außer Kontrolle geraten. Darum habe ich die einzige Maßnahme ergriffen, die mir möglich war, um mit Ihnen in Kontakt zu treten. Ich habe so getan, als hätte ich Kenntnis von Ihnen und … Ihrem Fall. Das war natürlich eine List.«
Constance starrte ihn noch immer an. Die Feindseligkeit war größtenteils aus ihren Gesichtszügen gewichen, aber die Unsicherheit war geblieben.
»Ich werde einen Weg finden, Sie hier herauszuholen. Bis dahin streiten Sie bitte auch weiterhin ab, dass Sie mich kennen. Sie können auch ein zunehmend besseres Erinnerungsvermögen vortäuschen – entscheiden Sie selbst, womit Sie sich wohler fühlen. Spielen Sie einfach mit. Ich habe nur eine Bitte: Helfen Sie mir dabei, dass ich Sie hier herausbekomme. Denn uns läuft die Zeit davon. Pendergast benötigt Ihren wachen Verstand, Ihre Intuition, Ihre Recherchefähigkeiten. Und jede Stunde zählt. Sie können sich ja nicht vorstellen – ich habe im Moment leider nicht die Zeit, Ihnen alles zu erklären –, was für Truppen in diesem Moment gegen ihn aufmarschieren.«
Constance schaute ihn immer noch an; ihre Miene drückte gleichermaßen Misstrauen, Besorgnis und Unentschlossenheit aus. Am besten ging er jetzt, damit sie über alles nachdenken konnte. Esterhazy drehte sich um und klopfte leise an die Tür. »Doktor Ostrom? Doktor Felder? Wir können gehen.«
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49
Myrtle Beach, South Carolina
Das 18 . Loch im
Palmetto Spray Golf Links
gehörte zu den berüchtigtsten Bahnen an der gesamten Ostküste: ein Par 5 mit einem 560 -m-Drive mit einer tückischen Biegung und einem Dutzend breiter Bunker, die den Fairway eng säumten.
Meier Weiss fuhr mit dem Rollstuhl an den Abschlag, nahm die Decke von seinen kaputten Beinen, packte die Krücken, die an seiner Golftasche hingen, drückte sich hoch, bis er stand, und verriegelte die Scharniere an den Beinstützen. »Dürfte ich Ihnen noch einige weitere Ratschläge geben?«
Aloysius Pendergast stellte seine geliehene Golftasche auf den Rasen. »Bitte seien Sie so freundlich.«
»Es ist eine lange Bahn, aber wir haben den Wind im Rücken. Normalerweise probiere ich es mit einem kontrollierten Fade. Mit etwas Glück landet der Ball dann rechts vom Fairway, und ich komme mit zwei Schlägen aufs Grün.«
»Ich bin leider ein Skeptiker, was den Begriff ›Glück‹ angeht.«
Der alte Mann rieb sich die sonnenverbrannte Stirn und lachte. »Ich spiele immer gern eine Runde,
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