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Pendergast 12 - Fear - Grab des Schreckens

Pendergast 12 - Fear - Grab des Schreckens

Titel: Pendergast 12 - Fear - Grab des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston , Lincoln Child
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sich beweisen lässt, dass er nicht dort war.«

50
    P enelope Waxman saß recht steif auf dem unbequemen Stuhl mit geradem Rücken im Wartezimmer der Wache der Policia Militar in Alsdorf, Brasilien. Es war ein großer Raum, gelb gestrichen, die Fenster waren geöffnet und ließen eine angenehme Brise herein. An einer Wand hing ein Foto des Präsidenten und – wie in den meisten öffentlichen Räumen, die sie in Brasilien gesehen hatte – ein Kruzifix an einer anderen. Eine niedrige Balustrade mit einem Türchen trennte den Warteraum von den Mitarbeitern in der Polizeistation, die geschäftig Formulare ausfüllten oder auf Computertastaturen tippten. Gelegentlich durchquerte ein Angehöriger der Polizei in blauem Hemd und rotem Barett den Raum und verschwand in einem Durchgang.
    Mrs. Waxman seufzte und rutschte unruhig auf ihrem Stuhl herum. Da lebte sie nun schon seit zwei Jahren in Brasilien, in einer hübschen Drei-Zimmer-Wohnung in Brasilia – ihr Mann war Textil-Exporteur –, hatte sich aber noch immer nicht an das Schneckentempo gewöhnt, in dem in diesem Land Amtsgeschäfte erledigt wurden. Schon seit mehr als einer halben Stunde wartete sie und hatte bislang noch nicht einmal die Gelegenheit bekommen, eine Anzeige zu erstatten. Die einzige Möglichkeit, die Dinge in diesem Land zu beschleunigen, bestand darin, ein Bündel Geldscheine zu zücken, aber sie hatte ihren Stolz und würde keinesfalls darin Zuflucht suchen. Sie blickte auf ihre Armbanduhr: fast drei Uhr. Was um Himmels willen dauerte so lange? Außer ihr befand sich nur eine Person im Warteraum – der Schreihals.
    Eigentlich war es die Schuld ihres Mannes. Er hatte gehört, dass diese Stadt, Blumenau, im südlichen Bundesstaat Santa Catarina, die nahezu perfekte Kopie einer alten bayerischen Stadt sei. Er hatte sie für ein verlängertes Wochenende aus Brasilia hierhergeschleppt. Und sie musste zugeben: Blumenau war bemerkenswert. Der Ort sah tatsächlich aus wie eine deutsche Stadt, die ausgerechnet mitten in den Regenwäldern und Bergen Brasiliens gelandet war: Hier gab es zünftige Wirtschaften, in festlichen Farben gestrichene Geschäfte, Fachwerkhäuser mit weißem Verputz und dunklem Holz, uralt anmutende gotische Gebäude, deren mächtige Schieferdächer – gesprenkelt mit zwei, manchmal sogar drei Lagen Erkerfenstern – so groß waren wie die Fassaden darunter. Und die meisten Menschen in der Stadt waren blond, hatten blaue Augen und rosige Wangen. Auf den Straßen wurde mehr Deutsch als Portugiesisch gesprochen. Mr. Waxman, der sehr stolz auf seine deutsche Herkunft war, war hingerissen.
    Aber dann fingen die Schwierigkeiten an. Ihr Mann hatte nicht die Voraussicht besessen, ein Hotelzimmer im Voraus zu buchen, und als sie ankamen, stellten sie fest, dass sie sich mitten in irgendeinem gigantischen deutschen Kulturfestival befanden. Alle Hotels waren ausgebucht, und so mussten sich die Waxmans in der benachbarten Stadt Alsdorf eine Unterkunft suchen, eine viel kleinere, viel billigere Version von Blumenau, die versuchte, aus dem Charme der Nachbarstadt Kapital zu schlagen, was aber offenbar nicht wirklich von Erfolg gekrönt war. Ihre Bewohner waren insgesamt ärmer, weniger europäisch im Aussehen, ähnelten mehr der einheimischen Bevölkerung. Und anders als Blumenau schien es in Alsdorf mehr als genug Kriminalität zu geben. Gerade heute Morgen waren ihnen die Travellerschecks gestohlen worden, direkt aus dem Hotelzimmer. Man stelle sich das einmal vor, Travellerschecks zu stehlen! Und deshalb hielt sich ihr Mann jetzt drüben in Blumenau auf und bemühte sich, sie ersetzt zu bekommen, während sie hier in der Polizeistation von Alsdorf saß und darauf wartete, den Diebstahl anzuzeigen.
    Ihre Gedanken wurden einmal mehr durch die andere Person im Warteraum unterbrochen. Wieder erging sich der Mann in einer Litanei von Klagen gegenüber der unglückseligen Frau hinter dem Tresen. Mrs. Waxman warf ihm einen verärgerten Seitenblick zu. Er trug ein Tropenhemd, hell und in schrillen Farben, und einen breitkrempigen Strohhut, der eher einem Flussboot-Glücksspieler gestanden hätte. Seine Leinenhose war weiß, formlos und extrem zerknittert. Die blasse, ja kränkliche Gesichtsfarbe wies ihn eindeutig als Touristen aus – kurzum: der typische »hässliche Amerikaner«, der seine Reden schwang, je lauter, desto besser, und annahm, dass alle in der Nähe aufspringen und nach seiner Pfeife tanzen mussten. Er redete auf die Frau im Büro

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