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Pendragon - Der Anfang

Titel: Pendragon - Der Anfang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D J MacHale
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Die Waffe sah ziemlich gefährlich aus. Eine Weile sagte niemand etwas, aber dann gesellte sich noch jemand zu unserer Party.
    »Könnt ihr mich nicht in Ruhe lassen?«
    Wir wandten uns einer dunklen Ecke zu, in der ein Abfallhaufen lag. Wenigstens sah es so aus, bis er sich bewegte. Ein Obdachloser. Falsch, er hatte ein Dach über dem Kopf. Wir standen gerade in seiner Behausung. Der Kerl war sehr groß, und ich hatte keine Ahnung, wie alt er sein mochte, weil man nur eine wilde Mähne und Lumpen sah. Er roch auch nicht besonders gut. Langsam richtete er sich auf und schlurfte auf uns zu. Als er zu reden begann, klang seine Stimme schleppend und irgendwie verrückt.
    »Ruhe! Mehr will ich gar nicht! Etwas Ruhe!«, jammerte er.
    Onkel Press hob beschwichtigend die Hände und sah abwechselnd den Obdachlosen und den Polizisten an. Er schien einen Plan zu haben.
    »Ich denke, ihr zwei begleitet mich jetzt«, sagte der Polizist zu uns. Der Neuankömmling schien ihn kein bisschen zu stören.
    Ich sah Onkel Press an. Er rührte sich nicht. Der Obdachlose kam näher.
    »Burg! Hier ist meine Burg! Ich will, dass ihr alle …«
    »Bitte? Was sollen wir Ihrer Meinung nach tun?«, erkundigte sich Onkel Press. Ich traute meinen Ohren nicht, er versuchte sich mit dem Verrückten zu unterhalten. Plötzlich vernahmen wir leises Dröhnen. Der nächste Zug war auf dem Weg zu uns.
    »Ihr sollt alle verschwinden! Lasst mich allein!«
    Aus irgendeinem Grund lächelte Onkel Press. Ich war total
durcheinander. Worüber er auch immer nachgedacht hatte, er war zu einem Entschluss gekommen. Jetzt wandte er sich wieder dem Bullen zu.
    »Sie kennen sich in diesem Territorium nicht aus, stimmt’s?«, fragte er den Uniformierten.
    Hä? Was sollte das nun wieder heißen? Hinter uns tauchte der Scheinwerfer im Tunnel auf. In wenigen Sekunden würde der Zug da sein.
    Der Obdachlose fuchtelte aufgebracht mit den Armen. »Sie da! Ich rede mit Ihnen! Verlassen Sie meine Burg!«, brüllte er den Polypen an.
    Ich befürchtete, der Polizist würde die Waffe ziehen, um sich gegen den Verrückten zu verteidigen. Aber er tat gar nichts. Er stand bloß da und starrte Onkel Press an. Sie sahen wie zwei Duellanten aus, die darauf warteten, dass einer von ihnen blinzelte. Plötzlich lächelte der Polizist und fragte: »Woran haben Sie’s zuerst gemerkt?«
    »Die Uniform. Polizisten in diesem Territorium tragen Blau und nicht Khaki«, antwortete Onkel Press.
    Der Typ war gar kein Bulle? Wer war er? Das Signal der U-Bahn hallte durch die Station, und das Kreischen der Metallräder auf den Gleisen wurde immer lauter.
    »Ich fühle mich sehr geehrt«, fuhr Onkel Press fort. »Immerhin sind Sie persönlich erschienen.«
    Onkel Press kannte den Typen! Der Obdachlose ging immer weiter auf den Bullen zu – oder was auch immer er sein mochte.
    »Wenn Sie jetzt nicht verschwinden, werde ich …«
    Plötzlich sah der Polizist den Verrückten an. Es war ein so eisiger Blick, dass ich die Luft anhielt. Der Obdachlose blieb wie angewurzelt stehen. Der Polyp starrte ihn so durchdringend an, wie ich es noch nie erlebt hatte. Der arme Kerl zitterte plötzlich, als hätte er Schüttelfrost.

    Noch einmal erklang das Signal der Bahn. Sie fuhr gerade ein.
    Der Obdachlose sah aus, als würde er am liebsten davonlaufen, aber der Laserblick des Bullen nagelte ihn fest. Urplötzlich passierte etwas, das ich nie im Leben vergessen werde, obwohl ich mir das sehnlichst wünsche. Der Verrückte riss den Mund auf und stieß einen gequälten, entsetzlichen Schrei aus. Dann rannte er los. Aber nicht weg, sondern auf die Gleise zu! Der Zug fuhr ein, und der Kerl lief darauf zu.
    »Nein! Halt!«, brüllte ich. Doch es spielte keine Rolle. Der Mann lief weiter … und sprang genau vor den Zug!
    Im letzten Augenblick wandte ich mich ab, aber trotzdem hörte ich alles. Ein schrecklich dumpfer Aufprall; die Schreie verstummten augenblicklich. Der Zug hielt natürlich nicht an. Jede Wette, dass der Fahrer gar nicht gemerkt hatte, was passiert war. Doch ich wusste es und hätte mich am liebsten übergeben. Ich schaute Onkel Press an, der ziemlich bedrückt wirkte. Aber schnell riss er sich zusammen und musterte den Polizisten, der zufrieden lächelte.
    »Das war unter Ihrer Würde, Saint Dane«, sagte mein Onkel mit zusammengebissenen Zähnen.
    Saint Dane. Damals hörte ich den Namen zum ersten Mal. Ich hatte das dumme Gefühl, es würde nicht das letzte Mal sein.
    Der Polizist namens Saint Dane

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