Pendragon - Der Anfang
mei ne Rechnung. Wir tref fen uns bei Grolo, sobald ich hier wegkomme.«
Dann drehte er sich um und rannte die Treppe hinauf, die von der Anlegestelle ins Innere der Stadt führte – und wo jede Menge Ärger auf ihn wartete.
»Er ist geliefert«, stellte ich fest.
»Nein. Er wird ein bisschen angebrüllt werden und den Befehl erhalten, nie wieder so leichtsinnig zu sein. Sonst passiert nichts. Alle mögen Spader. Er ist der beste Aquanier von Grallion.«
Onkel Press steuerte das Boot zum Kai, befestigte es und betrat die schwimmende Stadt.
»Du hast meine Frage nicht beantwortet«, sagte ich.
»Welche Frage denn, Bobby? Du stellst so viele.«
»Ist Spader der Reisende von Cloral?«
Er antwortete nicht sofort, sondern holte unsere Kopfmasken und die Schwimmflossen aus dem Boot. Die Tatsache, dass er nicht einfach mit Ja oder Nein antwortete, machte mich nervös.
»Ja«, sagte er schließlich. »Spader ist der Reisende von Cloral.«
»Ich wusste es!«, rief ich.
»Es gibt da nur ein Problem: Er weiß es noch nicht. Wir werden es ihm sagen müssen.«
Onkel Press schnappte sich unsere Sachen und ging auf die Treppe zu. Ich blieb noch stehen und verdaute die Neuigkeiten. Gerade hatte ich einen Menschen kennengelernt, der sein Leben und alles, was da zugehörte, liebte, und wir mussten ihm nun sagen, dass sich alles ändern würde. Das war bis her das Schlimmste gewesen, was mir selbst in meiner kurzen Zeit als Reisender passiert war: herauszufinden, dass mein Leben nicht das war, wofür ich es im mer gehalten hatte, und dann alles hinter mir lassen zu müssen.
Ich freute mich kein bisschen darauf, jetzt die hei le Welt eines anderen in Trümmer zu legen.
FÜNFTES JOURNAL (FORTSETZUNG)
CLORAL
Von dem Augenblick an, als ich mein Haus in Stony Brook verließ, bin ich von ei ner Katastrophe in die nächste geschlittert. Es kommt mir so vor, als sei ich stän dig entweder verängstigt oder verwirrt gewesen – bis auf die Momente, in denen ich verängstigt und verwirrt war. Ich kann ohne Übertreibung sagen, dass meistens einfach alles so richtig schiefging.
Doch von meinen ersten paar Wochen in Cloral weiß ich ausnahmsweise nur Gutes zu berichten. Nachdem wir den Boden von Grallion betreten hatten, fühlte ich mich in Sicherheit. Und je mehr ich über Grall ion und die schwim menden Habitate von Cloral erfuhr, umso kla rer wurde mir, dass ich endlich einen Ort gefunden hatte, an dem alles in Ordnung war. Die Lebensweise und die Gesellschaftsstruktur der Cloraner schienen wie eine perfekte Maschine zu funktionieren, bei der jeder Einzelne eine wichtige Rolle spielte. Jeder verließ sich auf den anderen, und alle respektierten die Aufgaben, die ihre Mitmenschen erfüllten.
Natürlich heißt das nicht, dass es kei ne Probleme gab. Die Clora ner wa ren kei ne hirn losen Dis ney-Fi gu ren, die nur im Dienste der anderen lebten. Ganz im Gegenteil. Jeder hatte seine eigene Meinung, und die vertrug sich nicht immer mit der anderer. Aber im Gro ßen und Ganzen lief alles ziemlich harmonisch
ab. Es gab keine Kriege und auch keine Spannungen zwischen Menschen verschiedener Hautfarben. Offenbar gab es auch keine Standesunterschiede. Ich meine damit, dass keiner den anderen wie einen Menschen zweiter Klasse behandelte, auch wenn einer weniger verdiente oder nicht so viel Verantwortung trug. Es war erstaunlich.
Ich gab mir Mühe herauszufinden, wie eine so perfekte Gesellschaft zustande gekommen war, wo doch die angeblich zivilisierten Länder auf der Zweiten Erde einander dauernd an die Keh le gingen. Die beste Theorie, die mir einfiel, lautet folgendermaßen: Alle Bewohner von Cloral sahen sich derselben großen Herausforderung gegenüber – sie mussten auf dem Wasser leben. Sicher, sie hatten diese traumhaften schwimmenden Städte gebaut, die einem das Gefühl gaben, an Land zu sein, aber letztendlich trieb man auf dem Wasser. Also konnte alles Mögliche passieren. Ein Wirbelsturm konnte eine gan ze Stadt aus löschen. Der Anbau von Nahrung, um die schwimmende Welt zu versorgen, war problematisch. Ein einfaches Virus konnte ein ganzes Habitat bedrohen. Das Leben war nicht leicht. Die Menschen von Cloral einte ein gemeinsames Ziel: Überleben. Verglichen damit waren alle anderen Probleme harmlos.
Doch ich greife zu weit voraus. Zuerst erzähle ich euch, was nach unserer Ankunft in Grallion geschah.
Da Onkel Press die Stadt bereits kannte, führte er mich herum. Während wir vom Kai nach oben kletterten, fielen
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