Pendragon - Der Anfang
mir zwei Dinge auf. Erstens bestand das Innere dieses Riesenschiffs aus einem Labyrinth von Maschinen, Rohren, Leitungen und Pumpen. Ich blickte endlose Stege entlang, wo zahlreiche Arbeiter damit beschäftigt waren, die schwimmende Stadt in Gang zu halten.
Zweitens schien es hier nichts aus Metall zu geben.
Ich weiß nicht, wie ich das hiesige Material beschreiben soll, aber es erinnerte mich an Plastik oder Fiberglas oder etwas in der
Art. Sämtliche Stege, Geländer, Stützen, Rohre und sogar die Maschinen schienen aus diesem federleichten Zeug zu bestehen.
Als wir die Stu fen hi naufstiegen, ertönte nicht das zu erwartende metallische Dröh nen. Stattdessen verhall ten unsere Schritte beinahe lautlos, als gingen wir über einen Teppich. Eigentlich logisch. Man muss leichte Materialien verwenden, wenn man auf dem Wasser lebt. Übrigens bemerkte ich noch etwas Seltsames: Obwohl der Bauch des Habitats einer gewaltigen Fabrik glich, gab es wenig Lärm. Na türlich herrschte reges Treiben, aber es ging kaum lauter zu als in der Bücherei von Stony Brook an einem Samstagvormittag. Nicht schlecht.
»Was tun die Leute hier eigentlich?«, fragte ich Onkel Press, während wir immer höher stiegen. »Schwimmen sie bloß umher, fahren mit Booten und fangen Fische?«
»Jedes Habitat hat eine bestimmte Aufgabe«, antwortete er. »Einige stellen bestimm te Materialien her, andere bauen Nahrung an, kümmern sich um die Finanzen oder fördern Rohstoffe.«
»Und was ist mit Grallion?«
»Finde es selbst heraus.«
Wir hatten das Ende der Treppe erreicht, wo sich eine Tür zum Hauptgeschoss befand, durch die wir ins Son nenlicht traten. Ich warf meinen ersten Blick auf Grall ion. Mark, Courtney, ich weiß nicht, ob ich die rich tigen Worte finde, um es zu beschreiben, denn der Anblick war einfach umwerfend.
Habe ich vorhin gesagt, Grallion wäre groß? Nun, groß ist nicht der richtige Ausdruck. Es war riesig. Ich kam mir vor, als stünde ich auf Festland. Doch nach allem, was ich gesehen hatte, wusste ich natürlich, dass wir uns nicht an Land befanden. Grallion war ein Schiff, sah aber völlig anders aus als alle Schif fe, die mir je untergekommen waren. Also, seid ihr bereit? So weit das Auge reichte, erblickte ich nichts als … fruchtbares Land. Ehrlich! Überall sah ich bunte Blu men, Obstbäume und alle möglichen Gemüsefelder.
Jawohl, Grall ion war eine überdi mensiona le schwim mende Plantage!
»Hier entlang«, sagte Onkel Press und marschierte los.
Zuerst bewegte ich mich nicht. Es ging einfach nicht. Ich wollte begreifen, was ich vor mir sah.
»Hier drü ben hast du ei nen besseren Ausblick!«, rief On kel Press lachend.
Er merkte, wie verwirrt ich war, und hatte seinen Spaß daran. Schnell lief ich zu ihm, denn ich woll te mehr sehen. Er führte mich die Stu fen eines Turms hinauf, und von dort oben hatte ich eine hervorragende Sicht über die Felder von Grallion. Es gab genau eingeteilte Bereiche, die durch Gehwege getrennt waren, über die Arbeiter eilten. Ich entdeckte sogar kleine Elektroautos, die lautlos über die zahlreichen Kreuzungen fuhren. Links von uns wuchsen Obstbäume in ordentlich gepflanzten Reihen. Viele trugen Früchte, die mich an Äpfel und Orangen erinnerten, aber es gab auch Bäu me, die voller Obst hingen, das mir gänz lich unbekannt war. Einige Früchte sahen wie hellgrüne Luftballons aus, andere wie violette Bälle, so groß wie Pam pel musen. Manche Bäume waren über und über mit dicken weißen Beeren bedeckt, die verlockend reif aussahen.
Genau vor uns sprossen Tausende von Reihen unterschiedlicher Pflanzen aus der Erde. Jawohl, Erde! Wenigstens hielt ich es für Erde. Es war braun und sah weich aus, und wenn es kei ne Erde war, dann eine verdammt gute Imitation. An ei nigen Pflanzen hingen kleine Früchte oder Gemüse, andere sahen aus, als könnte man sie wie Salat im Ganzen ernten oder wie Möhren aus der Erde ziehen.
Rechts von uns erstreckten sich lange Zäune, an denen sich Ranken emporschlängelten. Hier sah ich die dunkelgrünen Früchte wieder, die wir in der Unterwasserhöhle gegessen hatten. An anderen Ranken erblickte ich eine Art weißer Scheiben. Diese eigenartigen
Früchte sahen zerbrechlich aus und flatterten leicht im Wind.
Im Schatten eines gewaltigen Net zes lag ein Feld, dessen Pflanzen anscheinend kein di rektes Sonnenlicht vertrugen. Ich schätze, dass es ungefähr zweieinhalb Quadratkilometer groß war. Auf dem nächsten Feld wuchs etwas, das wie
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