Pendragon - Der Anfang
gehorchte. Sobald ich die Maske aufgesetzt hatte, passte sie
sich meiner Kopfform an. Dann griff ich mit der Linken nach seinem Gürtel. Mein rechter Arm hatte zu sehr gelitten. Höchstwahrscheinlich war er jetzt fünf Zentimeter länger als der andere.
Onkel Press drückte den Auslöser, und wir machten uns auf den Weg zu dem Boot, das uns an unser Ziel bringen würde, wo auch immer das sein mochte. Zum Glück war die See ruhig und die Fahrt deshalb nicht allzu anstrengend. Sehr gut. Ich musste erst einmal wieder zu Atem kommen. Während mich Onkel Press durch die Wellen zog, lag ich auf dem Rücken und sah zur Sonne hinauf. Ja, zur Sonne. Es gab nur eine, anders als in Denduron, wo es gleich drei gab. Sie brannte ziemlich heiß auf uns herab. Bis jetzt kam mir Cloral wie ein Ort in den Tropen vor. Wasser und Luft waren angenehm warm. Leider störten die Quigs den pa radiesischen Ein druck, aber man kann schließ lich nicht alles haben.
Nach wenigen Minuten hielt Onkel Press an. Ich ließ den Gürtel los, hob den Kopf und sah zwei Boote auf den Wellen tanzen – die Skimmer. Mit Hilfe seiner Uhr hatte Spader den Weg gefunden. Er hatte die Nadel im Heuhaufen entdeckt. Ich war beeindruckt.
Spader war schon an Bord ge klettert. Die Dinger sahen wie Jetskis aus, waren aber beileibe keine Spielzeuge. Es waren richtige Hightech-Maschinen. Sie sahen aus wie sehr flache Badewannen, waren schneeweiß und schienen aus Plastik zu bestehen. Der Bug lief spitz zu, und das Heck war eckig. Der Fahrer stand hinter einem Steuerblock mit zwei Grif fen, der wie ein Motorradlenker aussah. Dahinter gab es einen Passagiersitz. Die Seiten des Boots waren höchstens zehn Zentimeter hoch. Wahrscheinlich war es kein Problem, wenn Wasser hineinlief.
Die Skimmer wirkten ziemlich instabil, aber die Konstrukteure hatten vorgesorgt: Die Boote hatten Flügel. Wenn ihr jemals ein Auslegerkanu mit Schwimmer an den Seiten gesehen habt, wisst ihr, wovon ich rede. So sa hen die Flügel der Skim mer aus. Im
Augenblick waren sie hochgezogen, und so erinnerten die Boote an mitten im Flug erstarrte Vögel. Ich nahm an, dass die Flügel während der Fahrt auf dem Wasser lagen, um dem Boot Sta bilität zu verleihen.
Die beiden Skimmer sahen gleich aus, nur dass an Spaders eine Art Anhänger befestigt war.
Nein, Spielzeuge waren diese Skimmer ganz bestimmt nicht. Sie wirkten eher wie die schlan ken Schnellboote, in denen Millionärssöhnchen um die Wette rasen. Echt cool.
Während Onkel Press seinen Skimmer bestieg, beobachtete ich Spader. Wer war er? Vielleicht der Reisende von Cloral? Wer auch im mer er sein mochte, im Wasser bewegte er sich mit traum hafter Sicherheit. Das muss man wohl auch, wenn man in Cloral lebt. Seine Haut war ziemlich dunkel, aber ich hatte keine Ahnung, ob das angeboren war oder daran lag, dass er sich viel in der Son ne auf hielt. Wahrschein lich beides. Der Clora ner war ungefähr einen Meter achtzig groß und sehr kräftig. Kein Mus kelprotz, aber durchtrainiert. Die buschigen schwarzen Haare fielen ihm bis auf die Schultern.
Was aber am meisten auffiel, war seine Ausstrahlung. Ich weiß, es hört sich blöd an, weil ich ihn gerade erst kennengelernt hatte, doch ich wusste sofort, dass er absolut in Ordnung war. Er hatte nach Onkel Press gesucht, als er das Boot in haiverseuchtem Gewässer gefunden hatte, und sein Leben riskiert, um mich zu retten. Doch nun tat er so, als wäre das selbstverständlich und nicht der Rede wert. Er war ziem lich cool. Übrigens schien er ein sehr fröhlicher Mensch zu sein. Ob er nun unter Wasser hinter dem Schlitten hing oder das Boot zum Start klarmachte – immer lag ein Lächeln auf seinen Lippen, als hätte er Spaß an der Sache. So einen Menschen muss man einfach mögen.
»Komm schon, Bobby«, sagte Onkel Press.
Ich schwamm auf den Skim mer zu. Onkel Press musste mich
aus dem Was ser ziehen, weil ich kei ne Kraft mehr in den Armen hatte. Im Boot streckte ich mich lang aus und war glücklich, endlich festen Boden unter mir zu spüren, auch wenn es bloß ein kleines Schnellboot war.
»Alles in Ordnung bei dir, Pendragon?«, rief Spader herüber.
Ich richtete mich mühsam auf und tat so, als wäre ich nicht völlig am Ende.
»Mir geht es gut!«, antwortete ich mit wenig Überzeugung und fügte hinzu: »Sehr gut!« Bestimmt glaubte mir kein Mensch.
Spader lachte vergnügt. Ich dachte schon, er würde mich auslachen, aber das stimmte nicht.
»Keine Bange, Kumpel«, sagte er. »Ist
Weitere Kostenlose Bücher