Pendragon - Der Anfang
ging.
Mitchell beschloss nachzugeben und schnaubte erneut.
»Schon gut, reg dich ab«, sagte er achselzuckend. »Ich lese es hier.«
Dann ging er zum anderen Ende des Raumes und setzte sich mit dem Rücken gegen die Wand auf den Boden. Er schniefte noch einmal und begann zu lesen.
Mark rührte sich nicht. Er stand neben einem Waschbecken und beobachtete Mitchell. Mit jeder Sekunde, die verstrich, fühlte er sich mehr und mehr als Verräter.
Mitchell brauchte eine Ewigkeit, um das Journal zu lesen. Er war keine geistige Leuchte und fragte Mark pausenlos nach der
Bedeutung verschiedener Wörter. Mark verdrehte die Augen und erklärte ihm, was Worte wie Theorie und Erosion bedeuteten. Noch schlimmer wurde es, wenn Ausdrücke wie Peck und Vatoren auftauchten, die es bloß in Cloral gab. Mitchells Begriffsstutzigkeit trieb Mark in den Wahnsinn. Ihm tat der arme Mensch leid, der Mitchell einst beigebracht hatte, wie man sich die Schnürsenkel zuband.
Endlich war Mitchell fertig und schaute auf. Jetzt wurde es kritisch. An Mitchells erster Reaktion könnte Mark ablesen, wie viel Ärger der andere ihm in Zukunft machen würde. Mitchell sah den Jüngeren forschend an, als müsste er vorher seine Gedanken ordnen. Mark bezweifelte allerdings, dass es in seinem Kopf viel zu ordnen gab. Schließlich schniefte Mitchell und stieß ein verächtliches Lachen aus.
»Und wer, glaubst du, nimmt dir diesen Schwachsinn ab?«, sagte er höhnisch. »Du hast das alles erfunden!«
Mark reagierte nicht. Er starrte Mitchell bloß an. In Wirklichkeit war ihm ganz egal, ob Mitchell die Journale lediglich für eine Fantasiegeschichte hielt. Doch dann begriff er, dass seine Reglosigkeit völlig falsch war. Er sah es an Mitchells verändertem Gesichtsausdruck. Hätte Mark protestiert und behauptet: »Das stimmt nicht! Die Geschichte ist wahr! Ich schwöre es!«, hätte sein Widersacher gegrinst und ihn für einen harmlosen Spinner gehalten. Dafür war es nun zu spät.
Mitchell richtete sich auf. Noch ehe er wusste, wie ihm geschah, hatte Mark ihm die Seiten aus der Hand gerissen.
»Nicht so hastig!«, beschwerte Mitchell sich.
»So, jetzt sind wir quitt!«, meinte Mark.
»Quitt?« Er lachte schallend. »Wir fangen gerade erst an. Ich will alle Journale lesen! Auch die aus Danduron oder wie der Ort heißt.«
»Denduron. Die kann ich dir nicht …«
»Und das Journal, das gestern ankam. Ich bin doch nicht blöd, Dimond. Ich habe es gesehen. Es war braun und nicht grün wie das hier. Pendragon hat es geschickt, und ich will es lesen.«
»Niemals! Ich war einverstanden dir den Rest dieses Berichts zu geben, aber …«
Mitchell machte einen Satz, packte Mark am Hemd und schleuderte ihn gegen die Wand. Der Aufprall tat höllisch weh. Ohne ihn loszulassen, beugte Mitchell sich vor und zischte: »Du hast mir nichts zu befehlen, du kleiner Mistkerl! Willst du dich mit mir anlegen? Ich schlage dich zu Brei, bis dich deine eigene Mutter nicht wiedererkennt.«
Mark traute ihm das durchaus zu und schwieg.
»Jetzt hörst du mir gut zu! Wage es ja nicht, Courtney Chetwynde von dieser Sache zu erzählen. Wenn du das machst, gehe ich zur Polizei und verpfeife euch. Verstanden?«
»Aber …«
Wieder warf er Mark gegen die Wand. Diesmal schlug er mit dem Kopf gegen die Fliesen.
»Verstanden?«
»Ja, ich habe verstanden.«
»Ich will das nächste Journal schnellstens lesen«, befahl Mitchell, versetzte der Tür einen Tritt und verließ die Toilette.
Mark sank völlig niedergeschlagen zu Boden. Er hatte alles verdorben! Nun hatte Mitchell ihn ganz und gar in der Hand. Wenn Mark Courtney davon erzählte, würde sein Widersacher zur Polizei gehen. Es gab niemanden, der ihm helfen konnte. Bei dem Versuch, es allein zu schaffen, hatte er jämmerlich versagt und Bobby, Courtney und sich selbst verraten.
Ausgerechnet in diesem Augenblick bewegte sich der Ring an seinem Finger. Sonst hatte sich Mark jedes Mal über ein Lebenszeichen seines besten Freundes gefreut. Doch nun musste er die Journale mit Andy Mitchell teilen!
Ein Journal mehr, das er dem Idioten würde erklären müssen.
Ein Journal mehr, das sein Versagen als Freund bewies.
Mark zog den Ring vom Finger und legte ihn auf den Boden. Dann drehte er sich weg. Er wusste, was passieren würde, und musste nicht hinsehen. Mark schloss die Augen und flüsterte: »Tut mir leid, Bobby. Ich bringe das in Ordnung. Das schwöre ich dir.«
Als er sich wieder umdrehte, lag das nächste Journal neben
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