Pendragon - Der Anfang
vor mir zu haben, erwies sich als absolut richtig. Die beiden waren unglaublich. Sie schwangen ihre Stäbe wie ausgebildete Nahkämpfer. Hätte ich nicht solche Angst gehabt, hätte mir die Show bestimmt gefallen. Sie wirbelten die langen Stäbe so schnell durch die Luft, dass ich sie nur noch verschwommen wahrnehmen konnte. Verglichen mit ihnen kämpften die Ritter fast ungeschickt. Sie schwangen die Keulen, aber entweder parierten die Frauen mit einem schnellen Hieb, oder sie sprangen beiseite und schlugen selbst zu. Es sah aus, als würden tapsige Bären von wütenden Bienen attackiert. Und die Bienen gewannen.
Das einzige Problem bestand darin, dass die Ritter Rüstungen trugen. Es bedurfte mehr als nur einiger Verteidigungshiebe, um sie aufzuhalten. Aber ich war sicher, dass Osa und Loor es schaffen würden, und entspannte mich ein wenig.
Schön blöd, denn genau in diesem Moment griff mich der letzte Ritter an. Er hielt die Keule hoch erhoben und brüllte, als müsste er sich selbst anfeuern. Ich war starr vor Schreck. Natürlich hätte ich die Keule benutzen sollen, um mich zu verteidigen. Oder ich hätte mich ducken und dann angreifen müssen. Oder ich hätte ihm die Keule zwischen die Beine werfen sollen. Leider tat ich nichts von alledem. Vor lauter Angst wich ich ein paar Schritte zurück, stolperte und landete auf dem Hintern. Ich war so gut wie
tot. In seinen Augen stand blanke Mordlust. Es würde schmerzhaft sein. Noch drei Schritte und er hatte mich.
In diesem Augenblick warf Osa ihren Stab wie einen Speer und traf den Ritter genau in der Kniekehle. Seine Beine knickten ein, und er fiel krachend zu Boden. Sofort stand Loor über ihm. Sie versetzte ihm einen heftigen Schlag, und er sackte bewusstlos zusammen. Zwei Feinde waren erledigt.
Loor sah mich mit funkelnden Augen an. »Kämpfe, du Feigling!«, zischte sie.
Osa eilte herbei und rief: »Nein! Bring ihn weg! Versteck ihn!«
Loor wollte an der Seite ihrer Mutter weiterkämpfen, aber Osa hatte das Sagen.
»Sie dürfen ihn nicht gefangen nehmen! Geht!«, befahl sie.
Für Diskussionen blieb keine Zeit, denn die beiden Ritter griffen wieder an. Widerwillig zerrte mich Loor auf die Beine. Ich sage dir, Mark, noch nie habe ich mich so hilflos und beschämt gefühlt. Ich war ein totaler Versager. Man fragt sich oft, wie man wohl in großer Gefahr reagiert, und stellt sich vor, dass man sich selbst übertrifft und zum Helden des Tages wird. Nun, ich kann dir sagen, diese Fantasie könnte nicht weiter von der Realität entfernt sein als das, was mir passierte. Ich jedenfalls benahm mich wie ein verängstigtes Kleinkind.
Als Loor mich zum Waldrand zerrte, blickte ich zurück, um nach Osa zu sehen. Ein unbeschreiblicher Anblick bot sich mir. Allein war sie noch besser. Diese unglaubliche Kriegerin kämpfte gegen zwei Ritter gleichzeitig. Sie wirbelte um die eigene Achse, attackierte, parierte und verfehlte ihr Ziel nur selten. Es sah kinderleicht aus.
Loor und ich tauchten im Wald unter und versteckten uns im Dickicht, um das Ende des Kampfes zu beobachten. Ich wusste, wie gerne Loor an Osas Seite gestanden hätte. Es brachte sie um den Verstand, meinen Babysitter spielen zu müssen.
»Deine Mutter ist sensationell«, flüsterte ich ihr zu.
Sie antwortete nicht, aber aus ihrem Schweigen las ich, dass sie das Gleiche dachte. Kurz darauf war alles entschieden. Den Rittern ging die Puste aus, und nach ein paar Volltreffern brachen beide zusammen. Entweder waren sie bewusstlos oder zu Tode erschöpft.
Osa blieb in der Hocke und drehte sich um 360 Grad, bis sie sicher war, dass die Feinde besiegt waren. Dann richtete sie sich auf, wirbelte den Stab wie ein Ninjameister herum und verstaute ihn schließlich in dem Ledergurt, den sie auf dem Rücken trug. Der Kampf war vorbei.
»Du verdienst das überhaupt nicht, Pendragon«, fauchte Loor mich an.
Sie hatte recht. Ich verdiente es nicht. Die beiden Frauen riskierten ihr Leben für mich, aber ich war nicht in der Lage, die hohen Erwartungen zu erfüllen, die sie in mich setzten. Doch es kam noch schlimmer. Loor und ich erhoben uns und näherten uns der Lichtung. Osa ging ein paar Schritte auf uns zu und blieb urplötzlich stehen.
Loor hielt mich am Arm zurück. Irgendetwas stimmte nicht. Kamen die Ritter zu sich? Ich beobachtete Osa, die wieder in Kampfposition ging. Sie war gespannt wie eine Bogensehne und griff nach dem Stab. Ich sah mich nach allen Seiten um, entdeckte aber nichts und niemanden. Die
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