Pendragon - Der Anfang
sitzt. Wenn es zu einem Kampf kommt, sind wir verloren.« Dabei sah ich Loor an. Sie wandte den Blick ab. Ich wusste, sie hatte begriffen, auch wenn es ihr immer noch nicht gefiel.
»Alder, kannst du uns zum Kerker führen?«
»Ja, ich glaube schon«, antwortete er.
»Glaubst du es oder weißt du es?« Ich wollte nichts dem Zufall überlassen.
»Ich weiß es«, sagte er mit fester Stimme.
»Gut.«
»Allerdings wird es nicht so leicht sein, unbemerkt zurückzukehren«, meinte er.
»Und dann müssen wir kämpfen«, warf Loor ein.
»Wir werden sehen«, erwiderte ich und wandte mich der Leiter zu. Erst als ich die Leiter schon zur Hälfte emporgeklettert war, fiel mir ein, dass ich gar nicht der Erste sein wollte. Wo war ich bloß mit meinen Gedanken? Schließlich wusste ich nicht, was mich dort oben erwartete. Aber jetzt war es zu spät, denn wir konnten auf der Leiter schlecht die Plätze tauschen. Also kletterte ich weiter und erreichte einen finsteren Felsvorsprung. Auch die Decke bestand aus Stein und war so niedrig, dass ich nicht aufrecht stehen konnte. Die anderen holten mich schnell ein.
»Was jetzt?«, fragte ich.
Alder wusste genau, wo er suchen musste. Er ging ein paar Schritte weiter und hob die Hände. Genau über ihm entdeckte ich eine Holztür. Eine Falltür! Er schob sie mühelos auf, stieß sich mit den Füßen ab und kletterte hindurch. Loor folgte ihm mit Leichtigkeit. Für mich war es nicht so einfach. Erstens war ich kleiner, zweitens schleppte ich den schweren Rucksack. Ich stand unter der Falltür und sah nach oben.
»He, hört ihr mich? Wie wär’s mit etwas Hilfe?«
Loor und Alder bückten sich, ergriffen meine ausgestreckten Hände und zogen mich nach oben, als wäre ich ein kleines Kind. Wir befanden uns in einem dunklen Raum.
»Von hier aus kommen wir in eine Vorratskammer neben der Küche«, flüsterte Alder.
Alder führte uns durch den winzigen Raum und tastete eine Wand ab. Ich hatte keine Ahnung, wonach er suchte, bis er es fand. In der Wand gab es eine kleine Ausbuchtung. Er steckte die Finger hinein und zog. Plötzlich öffnete sich die Mauer wie eine Tür! Schnell zwängten wir uns hindurch, und Alder verschloss die Öffnung wieder. Als ich mich umdrehte, war der feine Spalt im Felsen nicht zu erkennen. Die Wand war absolut glatt. Eigenartig. Alles, was ich bisher auf Denduron an Bauten gesehen hatte, war grob und unförmig. Diese Wand dagegen wirkte fast neuzeitlich.
Ich sah mich um und bemerkte, dass wir uns tatsächlich in einem Vorratsraum befanden. Überall standen Körbe mit Lebensmitteln herum; an den Wänden hingen Leinenbeutel, vollgestopft mit irgendwelchen Sachen. Auf dem Boden standen aufgestapelte Tontöpfe. Außerdem hüllte uns eine Woge von Gerüchen ein. In den letzten Stunden hatte ich den widerlich süßen Gestank der Mine gerochen. Doch hier duftete es nach Essen. Mir lief das Wasser im Mund zusammen. Ich dachte daran, wie es daheim an Thanksgiving roch. Mein Magen knurrte. Zum Glück hörte ich auch Loors Magen.
In der gegenüberliegenden Wand sahen wir eine Tür. Alder schlich leise hinüber und öffnete sie einen winzigen Spaltbreit. Sofort hörten wir das Klappern von Töpfen und das Zischen von gebratenem Fleisch. Es klang wie in einer hektischen Restaurantküche. Wieder knurrte mein Magen laut. Ich wollte schnellstens hinaus, weil mich der Duft folterte. Alder winkte uns, durch den Türspalt zu sehen. Loor und ich schlichen näher und spähten hindurch. Ich traute meinen Augen kaum.
Es war eine geschäftige Küche. Etliche Köche liefen umher und schleppten große gebratene Truthähne, die eine goldbraune Kruste hatten. Andere standen an langen Holztischen, schälten Kartoffeln und schnitten Gemüse. Wieder andere rührten köstlich duftende Suppen um, die in gewaltigen Töpfen vor sich hin kochten. Doch das alles überraschte mich nicht. Ich war erstaunt, wie modern die Küche aussah. Glaubt mir, nach unseren Maßstäben war sie natürlich ziemlich altmodisch, aber nicht im Vergleich mit dem, was ich bisher auf Denduron gesehen hatte. Die unförmigen Töpfe bestanden aus schwarzem Metall, und die Herde waren gemauert. Die Köche beförderten die Truthähne und andere Braten mit langen Schiebern in die Öfen. Die übrigen Utensilien sahen nicht gerade so aus, als wären sie in einem Laden auf der Avenue gekauft worden, denn auch sie waren ziemlich primitiv, aber das alles war dem, was die Milago besaßen, um Lichtjahre voraus.
Mir fiel ein
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