Pendragon - Der Anfang
Ich blickte hinein und sah, dass dort ein Konzert stattfand. Drei Musiker saßen auf Stühlen und spielten die eigenartigsten Instrumente, die ich je gesehen hatte. Es waren Saiteninstrumente, die wie Menschen geformt waren. Die Musik klang sanft und einschmeichelnd. Ein paar Bedoowan lagen auf großen weichen Kissen und lauschten interessiert. Auf Kissen! Hier gab es richtige Kissen! Zu allem Überfluss bewegten sich novanische Diener unterwürfig zwischen ihnen und servierten Früchte.
Je mehr ich von den Bedoowan sah, umso dekadenter wirkten sie … bis auf die Ritter. Alle anderen sahen nach reichlich Babyspeck aus. Die Männer, die Frauen, die Kinder – sie alle wirkten, als hätten sie etwas Sport nötig. Wahrscheinlich passiert das unwillkürlich, wenn man nichts anderes zu tun hat, als herumzuliegen, zu essen und sanfter Musik zu lauschen. Und jetzt kommt das Wildeste: In jedem Gang befanden sich dünne Glasröhren, die etwa den Durchmesser einer kleinen Münze hatten. Diese Röhren erstreckten sich über die gesamte Länge jedes Korridors, und sie spendeten Licht! Zwar gab es keine Elektrizität, aber die Bedoowan hatten etwas erfunden, das künstliches Licht erzeugte! Ziemlich fortschrittlich.
Mein Staunen verwandelte sich schnell wieder in Zorn. Die Milago lebten im Dreck und starben elendig, damit diese Leute im Überfluss leben konnten. Es war einfach ungerecht. Je mehr ich vom Leben der Bedoowan erfuhr, umso entschlossener wurde ich, Onkel Press zu befreien, damit er den Milago half, für etwas mehr Gerechtigkeit zu sorgen.
Während ich die ungewohnte Umgebung bestaunte, führte uns Alder weiter durch das Gewirr von Fluren. Die Küche befand sich im untersten Geschoss der Festung. Wir waren eine breite Wendeltreppe hinaufgestiegen und erreichten das nächste Stockwerk. Laut Karte lagen hier die Zellentrakte der Gefangenen. Schließlich betraten wir einen Bereich, der weniger luxuriös aussah als der Rest der Festung. Die Wände waren nicht von Gemälden bedeckt, Decken und Fußböden waren kahl geblieben. Ich vermutete, dass wir den Kerker erreicht hatten. Wir kamen an eine Abzweigung, und Alder gab uns ein Zeichen, stehen zu bleiben. Vorsichtig spähte er um die Ecke und wandte sich wieder uns zu.
»Ich habe gute und schlechte Neuigkeiten«, flüsterte er. »Die Zelle, in der Press steckt, wird bewacht. Das heißt, er ist noch drinnen.«
»Gut«, meinte ich. »Und die schlechte Nachricht?«
»Die schlechte Nachricht lautet: Er wird von sechs Rittern bewacht.«
O nein! Ich lugte um die Ecke, um mir selbst ein Bild von der Lage zu machen. Alder hatte recht. Ich zählte sechs Wachen. Leider waren es keine übergewichtigen Bedoowan, sondern kräftige, durchtrainierte Männer. Sie waren so gekleidet wie wir und trugen die gleichen Keulen am Gürtel wie ihr Kollege in der Küche. Es sah schlecht aus. An diesen Kriegern kamen wir nie vorbei. Ich wich wieder zurück, sah Loor an und sagte: »Spiele nicht einmal mit dem Gedanken, dich mit ihnen auf einen Kampf einzulassen.«
»Wir müssen etwas unternehmen«, entgegnete sie. »Sonst war alles umsonst.«
Alder nickte. »Es dauert nicht mehr lange bis zum Equinox.«
»Wir müssen die Ritter von der Tür weglocken«, verkündete ich. »Du weißt doch, wie es hier zugeht, Alder. Was können wir tun, damit sie ihren Posten verlassen?«
Alder überlegte und sagte dann: »Es müsste irgendein Notfall eintreten. Etwas, auf das sie schnell reagieren müssen.«
»Weiter«, ermunterte ich ihn. »Denk nach.«
Alder sah sich um. Ihm fiel nichts ein. Doch plötzlich blieb sein Blick an der Decke haften. Sekundenlang starrte er hinauf und lächelte. Loor und ich folgten seinem Blick. Wir entdeckten eine Art Rohr. Es hatte einen Durchmesser von ungefähr fünfzehn Zentimetern und lief den ganzen Gang entlang.
»Was ist das?«, fragte ich.
»Du hast einen Gegenstand in deiner Tasche«, sagte Alder. »Er hat einen Griff und eine gezackte Metallklinge.«
Ich wusste genau, was er meinte. Ich wühlte im Rucksack herum und zog die Campingsäge heraus. Alder klappte die Säge auf und prüfte die Schärfe der Zähne.
»Das ist zum Schneiden gedacht?«, erkundigte er sich.
»Klar«, antwortete ich. »Was dachtest du denn?«
Alder sah zu dem Rohr an der Decke empor und sagte: »Das ist die Wasserleitung der Festung.« Er sah uns mit teuflischem Grinsen an. Ich brauchte eine Sekunde, bis ich seinen Plan begriff, und grinste zurück.
»Du kannst das Rohr
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