Pendragon - Der Anfang
suchte nach einer Lösung … und fand sie. Es war das ferngesteuerte Motorrad. Wenn auch diese Batterie den Geist aufgab, waren wir geliefert. Mit dem Motorrad kann ich nicht so gut umgehen wie mit meinem Geländewagen, aber ich weiß ja, dass ihr ihn nicht aus meinem Zimmer holen konntet. Entweder schaffte ich es mit dem Rad oder gar nicht. Ich erinnere mich an den Tag, als du es zum Geburtstag bekamst, Mark. Wir fanden ziemlich schnell heraus, wie man mit der Fernsteuerung umgehen musste, und kurz darauf konnten wir das Rad schon über Rampen springen lassen. Auf dem Plastikhelm des Fahrers sah ich die vielen Kratzer, weil er so oft auf den Kopf gefallen war. Heute jedoch sollte er keine Tricks vollbringen. Ich wollte, dass er einfach nur geradeaus fuhr. Wenn es klappte, hatten wir eine Chance.
Ich zog das kleine Motorrad aus dem Rucksack, beugte mich vor und setzte es auf den Boden. Ich wollte es langsam an dem Ritter vorbeifahren lassen, aber er sollte mich nicht mit der Fernsteuerung in der Hand sehen. Deshalb musste ich blind lenken. Ich holte tief Luft und schob den Steuerknopf auf »Vorwärts«. Mit dem vertrauten Surren erwachte das Rad zum Leben. Ich war nicht sicher, wie schnell es fuhr, aber ich durfte nicht zu früh nachsehen. Wenn es zu langsam war, würde sich der Ritter vielleicht bücken und es aufheben. Also zwang ich mich, bis zehn zu zählen, ehe ich vorsichtig um die Ecke lugte.
Ich sah genau das, was ich mir erhofft hatte. Der Wächter stand völlig entgeistert vor der Tür und starrte den kleinen Mann auf dem Motorrad an. Ich weiß nicht, was ihm durch den Kopf ging. Keine Ahnung, ob er neugierig oder ängstlich war. Wahrscheinlich beides. Das Rad fuhr schnurgerade dahin und steuerte genau auf den Balkon zu. So weit, so gut. Doch genau in dem Augenblick, als es an ihm vorbeifuhr, bückte er sich danach.
Hastig beschleunigte ich, und das Motorrad schoss ihm förmlich durch die Finger. Ich konnte besser damit umgehen, als ich gedacht hatte. Jetzt wurde der Ritter neugierig, und er ging dem Rad hinterher. Perfekt! Es war, als hätte ich einen Fisch an der Angel. Ich spielte mit ihm und fuhr langsamer. Sobald er sich bückte, beschleunigte ich. Die ganze Zeit über näherte er sich immer weiter dem Balkon, auf dem Loor ihn erwartete.
Ich jagte das Motorrad auf den Balkon hinaus, und der Mann folgte ihm. Er schaute nach unten und erwartete, dass es weiterfuhr. Nichts geschah. Plötzlich bückte er sich und hob es blitzschnell auf. Sein Triumph währte nicht lange. Loor sprang vor und schlug zu. Sie versetzte ihm zwei Hiebe und einen Stoß, und er segelte über das Geländer in den Ozean. Gefahr beseitigt, ohne dass wir uns verraten hatten.
Ich griff in die Tasche und zog mein Walkie-Talkie heraus. »Hol Alder!«, befahl ich. Loor hatte mich gehört, denn sie rannte über den Balkon und verschwand. Ich steckte das Gerät wieder ein und sah zur Zellentür hinüber. Außer dieser Tür stand nichts mehr zwischen mir und Onkel Press. Schnell nahm ich den Rucksack und rannte los.
Es war zu viel erwartet, dass die Tür unverschlossen sein würde. Ich entdeckte ein altmodisches Schlüsselloch, hatte aber keinen Schlüssel.
Wieder suchte ich nach einem Ding, mit dem ich das verdammte Schloss öffnen konnte. Ich fand nur das Schweizer Armeemesser,
das ich Figgis wieder abgenommen hatte. Ich klappte die Ahle aus und steckte sie ins Schlüsselloch, weil ich glaubte, damit das Schloss öffnen zu können. Es funktionierte nicht. Verzweifelt rammte ich die Ahle hin und her. Wenn ich das Ding schon nicht aufmachen konnte, musste ich es aufbrechen. Wahrscheinlich tat ich genau das, denn plötzlich hörte ich ein Krachen, und die Tür gab nach.
»Onkel Press!«, rief ich und lief in die Zelle. »Ich bin’s! Wir haben …«
Die winzige Zelle war leer. Onkel Press war nicht da! Ich verstand nicht, warum hier Ritter Wache hielten, wenn es gar keinen Gefangenen gab. Die Antwort erhielt ich umgehend.
»Ahhhhh!« Irgendwer sprang mich von hinten an. Er umklammerte meinen Hals, schlang die Beine um meine Hüften und versuchte, mich auf den Boden zu ziehen.
»Lass mich hier raus, du dreckiges Bedoowan-Schwein!«, brüllte er. Der Typ war weder besonders schwer noch besonders stark. Ich vollführte eine schnelle Drehung und schüttelte ihn ab. Mit einem lauten Klatschen landete er auf dem Boden; ihm blieb die Luft weg. Ich musterte ihn eingehend und sah, dass er keine Ähnlichkeit mit Onkel Press hatte. Es war
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