Pendragon - Der Anfang
sah aus, als würde er jeden Augenblick losheulen.
»Es … tut mir leid, Pendragon!«, rief er. »Sie wollten sie umbringen.«
Zwei andere Ritter hielten Loor fest. Einer umklammerte ihre Arme, der andere hielt ihr ein Messer an die Kehle.
»Du hättest sie gewähren lassen sollen!«, fauchte sie wütend. Außerdem befanden sich noch mehr Leute in dem Raum. Als ich sie sah, wusste ich, dass wir keine Chance mehr hatten. Einer von ihnen war Saint Dane. Oder Mallos, wie er sich hier nannte. Er stand mit verschränkten Armen und zufriedenem Lächeln da. Doch die letzte Person überraschte mich am meisten. Sie saß auf einem großen prunkvollen Thron, der mit prächtigen Glaze-Stücken verziert war. Niemand musste mir erklären, um wen es sich handelte. Das war der Bedoowan-Thron. Hier saß der Herrscher, dessen Vater umgebracht wurde, damit die Tyrannei der Milago fortgesetzt werden konnte. Hier saß die Person, die den Tod der Milago mit solcher Gelassenheit befahl. Es war der Thron Kagans, und niemand anderer als Kagan saß vor mir.
Was mich dabei völlig überraschte, war die Tatsache, dass Kagan … eine Frau war.
»Hallo, Pendragon«, sagte Saint Dane. »Ein schöner Tag für eine Hinrichtung, nicht wahr?«
Die einzige Person, die ich vermisste, war Onkel Press.
DRITTES JOURNAL (FORTSETZUNG)
DENDURON
»Ist das der junge Milago, über den ich schon so viel gehört habe?«, fragte Kagan mit verächtlicher Miene. »Sein Geruch beleidigt meine Nase.«
Vielen Dank! Ich freue mich auch, Ihre Bekanntschaft zu machen. Ich muss euch beschreiben, wie Kagan aussah, denn es war unglaublich. Zuerst einmal war sie fett. Nicht bloß pummelig oder rundlich, ich rede von massenweise Fett. Jede Wette, dass sie die Küche da unten ziemlich auf Trab hielt. Kagan trug ein gelbes, wie eine Toga geschnittenes Kleid, das ihre Speckrollen nicht gut kaschierte. Zum Glück reichte es bis zum Boden und hatte lange Ärmel, denn ich nehme an, dass ihre Arme und Beine auch keinen schönen Anblick boten. Leider sah man die Füße. Aus den Sandalen quollen die Zehen wie kleine Würste hervor. Kein schönes Bild. Außerdem hatte sie ein Doppelkinn, das bis über den Ausschnitt des Kleides reichte.
Ich habe keine Ahnung, wie alt sie war. Sie hätte achtzehn oder dreißig oder irgendetwas dazwischen sein können. Die Fettschicht unter der Haut verlieh ihr ein Babygesicht. Natürlich war sie kein Baby, sondern eine monströse, widerliche Königin mit Zehen wie Würste. Alles an ihr war gewaltig. Die Hände, die Füße, der Kopf und sogar die Augen. Eigenartigerweise hatte sie einen winzigen
Mund. Eine so kleine Öffnung passte überhaupt nicht in das breite, teigige Gesicht. Sie trug langes Haar, das aber nicht frisiert war. Es hing ihr über die Schultern und erweckte den Anschein, als wäre es wochenlang nicht gewaschen worden. Sie sah aus wie ein total bizarrer weiblicher Sumo-Ringer.
Außerdem war sie mit unzähligen silbernen Halsketten, Armbändern und protzigen Ringen geschmückt. Auf den fettigen Haaren thronte eine Tiara, die für diesen monströsen Schädel viel zu klein war; es sah aus, als trüge ein Riese die Krone einer Puppenkönigin. Selbstverständlich war sämtlicher Schmuck mit Glaze-Stücken verziert. Ich sah die kostbaren blauen Steine in allen Größen und Formen. Sicher hatten die Milago eine Woche gebraucht, um so viel Glaze aus dem Bergwerk zu holen. Auch der Thron schimmerte blau. Stücke so groß wie Tennisbälle zierten den Sessel.
Während ich das alles in mich aufnahm, dachte ich an die Transferzeremonie, während der der Bergmann sterben musste, weil nicht genug Glaze vorhanden war. Ich habe noch nie im Leben jemanden gehasst. Diese Frau war drauf und dran, die Erste zu werden.
»Her mit dem Spielzeug!«, befahl sie. Ihre Stimme klang hoch und quietschig, als kratzte jemand mit dem Fingernagel über eine Schiefertafel.
Der Ritter, der neben Alder stand, nahm ihm das Funksprechgerät aus der Hand und reichte es Kagan mit einer tiefen Verneigung. Sie musterte es von allen Seiten.
»Was für eine Magie ist das?«, wollte sie wissen.
Ich konnte der Versuchung nicht widerstehen, zog mein Walkie-Talkie aus der Tasche, drückte den Sendeknopf und sagte: »Leg es hin!«
Keine gute Idee. Kagan stieß einen Schrei aus und ließ das Ding fallen, als wäre es lebendig. Krachend fiel es auf den Boden und
wurde sofort von einem Ritter mit dem Stiefel zertreten, als wäre es ein Mistkäfer. Ich stand mit dem zweiten
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